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Bleibt Berlin hoffentlich erhalten: Das Restaurant von "Clärchens Ballhaus" mit seinem begrünten Hof mitten in Mitte.
© Imago Stock and People

Von TISCH zu TISCH - die Restaurantkritik: Clärchens Ballhaus

Futtern wie bei Muttern kann man an diesem Traditionsort hoffentlich noch lange. Das Lokal mit Biergarten überrascht mit feiner Berliner Küche.

Die gute Nachricht für alle Fans von „Clärchens Ballhaus“: Auch der neue Eigentümer, Yoram Roth, will die Institution in Mitte erhalten. Dem bisherigen Betreiber ist allerdings zum Jahresende gekündigt worden. Nächstes Jahr soll das 106 Jahre alte Kult-Lokal saniert werden. Hoffentlich verliert es nicht seinen Charakter. Obwohl ein volkstümlicher Ort mit einer Küche, die noch nichts von großem Ehrgeiz hat verlauten lassen, ist es doch ein Trendziel, sogar für reiche und berühmte Gäste der Stadt. Futtern wie bei Muttern ist offenbar wieder hip.

Pizza und Klassiker

Glühlampengirlanden beleuchten den vorderen Biergarten mit alten Bäumen, lauschigen Ecken und quirligen Mitteltischen. Im Saal des alten Hauses flittert fettes Lametta von der Wand, tanzen Paare in Jeans und Shorts auf dem Parkett Wange an Wange. Tradition trifft Trend. Es gibt Kurse, aber man kann auch einfach nur so tanzen. Den superprofessionellen, schnellen Service hätte es gar nicht gebraucht, um zu erkennen, dass es sich bei diesem Ballhaus um ein auch kulinarisch angesagtes Ziel handelt, wo freilich am liebsten neapolitanische Steinofenpizza gegessen wird. Die Pizzen auf den Nachbartischen sahen verführerisch aus und dufteten gut.

Mächtig gut: Kartoffelsuppe mit Speck

Wir fühlten uns freilich den Klassikern verpflichtet. Selters, na klar, muss hier sein, eine große blaue Flasche voll. Dazu probierten wir einen süditalienischen Wein, einen sizilianischen Grillo, der sehr ordentlich war und ebenfalls deutlich signalisierte, dass sie einen hier bei aller Folklore nicht sitzen lassen auf Altberliner Standards (20,50 Euro). Wohin die gut gefüllten Körbe mit dem Brot gingen, das an der Hauswand frisch aufgeschnitten wurde, haben wir nicht herausgefunden, wahrscheinlich aber in den Spiegelsaal, der für Veranstaltungen genutzt wird. Zu Salat und Suppe gab es sie jedenfalls nicht. Beide Vorspeisen kamen in stilvollen weißen Porzellanschalen. Der Salat von Wassermelone mit weichen grünen Spargelstangen punktete mit einem knackigen Sesamdressing, eine reichliche Portion war das und trotzdem leicht (9,90 Euro). Mächtiger war die Kartoffelsuppe mit einer kräftigen Portion von qualitativ hochwertigen geräucherten Speckwürfeln, knackigen Lauchkringeln und gebratenen Pfifferlingen. So kann man sich eine verfeinerte Berliner Küche vorstellen (8,90 Euro).

Empfehlenswert: krosse Spanferkel-Haxe

Aus Rind- und Schweinefleisch hausgemachte Berliner Bulette würde man normalerweise nicht im Restaurant verzehren, aber es ist doch eine Kunst, die Fleischkugeln in der Form und im Biss locker zu halten. Das gelang hier bestens. Gut gewürzt waren die fluffigen Bällchen außerdem. Dazu gab es leider nur wenig Bautzener Senf. Der mit Essig und Öl angemachte Kartoffelsalat passte bestens dazu. So macht Berlin einen guten Eindruck (9,90 Euro).

Spanferkelhaxe klingt nach altmodischer Völlerei. Die hier war übersichtlich vom Umfang, die dicke Haut ließ sich aber leicht lösen, darunter zart gegartes, saftiges Fleisch mit einem nicht erschlagenden Haxengeschmack. Das mächtige Kartoffelpüree dazu bedeckten Streifen von angegarter roter Paprika, an den Seiten daneben Tupfer einer kräftigen dunklen Senfsauce. Auch hier gaben Lauchkringel den letzten Pfiff.

Die Tür zur Küche steht offen, und man kann eine werkelnde Crew beobachten, die offensichtlich ein Grundgebot ambitionierter Restaurants beherzigt: lieber eine kleine Karte und dafür jedes einzelne Gericht mit Kompetenz und Liebe bereiten.

Die marinierten Erdbeeren mit Crème Chantilly und frischer Minze waren mit Blüten optisch etwas aufgemotzt und sehr aromatisch (6,90 Euro). Durch den flotten Service werden immer mal Tische frei, sodass die Schlange für den Biergarten nicht zu lang wird. Denn draußen kann man leider nicht reservieren.

- Clärchens Ballhaus. Auguststr. 24, Mitte, Tel. 28 29 295, Restaurant täglich 12–22.30 Uhr

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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