zum Hauptinhalt
Chris Gebert streitet ums Sorgerecht für seine Tochter.
© Rückeis

Familie: Berliner Vater hofft aufs Sorgerecht

Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte von unverheirateten Vätern gestärkt. Chris Gebert wartet darauf, dass er seine Tochter häufig sehen kann.

Als Chris Gebert noch mit seiner Freundin zusammen war, sagt er, spielte das Wort „Sorgerecht“ überhaupt keine Rolle in seinem Leben. Sieben Jahre verbrachten sie gemeinsam, nach sechs Jahren kam Tochter Lena (Name geändert) auf die Welt – ein Wunschkind. „Wir waren total glücklich“, sagt der 38-Jährige. „Ich hätte mir damals nicht vorstellen können, dass die Situation jemals so kompliziert sein könnte, wie sie heute ist.“

Im Auto läuft noch ein bisschen Bibi Blocksberg, bevor Gebert, der als Assistenzarzt in einer herzchirurgischen Klinik arbeitet, die dreijährige Lena in der Kita abgibt. Bei ihrer Geburt, als noch alles in Ordnung war in der Beziehung, hätten Gebert und seine damalige Freundin das gemeinsame Sorgerecht in die Geburtsurkunde eintragen lassen können – aber sie verpassten den Zeitpunkt. Trotzdem sei eines damals völlig klar gewesen, sagt er: „Wir wollten uns gemeinsam um Lena kümmern.“

Die ersten Streits einige Monate nach Lenas Geburt drehten sich nicht um das Baby. „Aber wir mussten uns in der neuen Konstellation zu dritt zurechtfinden“, sagt Gebert. Dabei sei Lena bald als Druckmittel eingesetzt worden: „Das Sorgerecht“, habe seine Freundin ihm an den Kopf geworfen, „kannst du dir abschminken.“

In Berlin, schätzt Wolfdieter Hötzendorfer vom Verein Väteraufbruch, der sich für die Stärkung der Rechte von Vätern einsetzt, wird jährlich rund 5000 unverheirateten Vätern das gemeinsame Sorgerecht für ihr Kind nicht zugesprochen – manche wollen es nicht, andere bekommen es nicht. Bisher konnten Väter dieses Recht nur mit Zustimmung der Mutter beantragen. Nach der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts braucht es diese Zustimmung nicht mehr.

Während Sorgerechtsanträge von Vätern bislang nur in seltenen Ausnahmen Aussicht auf Erfolg hatten – wenn etwa das Wohl des Kindes durch die Mutter gefährdet war –, wird beim Berliner Kammergericht nun mit einer steigenden Anzahl solcher Anträge gerechnet.

„Das Urteil war überfällig“, sagt Hötzendorfer: Väter ohne Sorgerecht haben keine Möglichkeit, sich über ihr Kind zu informieren. Weder in Krankenhäusern noch in Schulen wird ihnen Auskunft gegeben. Die Mutter entscheidet, wo und mit wem das Kind sich aufhalten darf. Und falls sich die Mutter etwa wegen eines Unfalls nicht mehr weiter um das Kind kümmern kann, werde das Kind oft nicht zum leiblichen Vater gegeben, so Hötzendorfer, sondern viel wahrscheinlicher zu Pflegeeltern.

Gebert und seine Partnerin versuchten zunächst, die Streitigkeiten im Guten beizulegen. „Wir haben monatelang probiert, die Beziehung zu retten“, sagt Gebert. Zwei Paartherapien fingen sie an und brachen sie ohne Erfolg wieder ab. Kurz nach Lenas erstem Geburtstag trennten sich die Eltern. Das Kind blieb bei seiner Mutter.

Anfangs konnte Gebert seine Tochter noch täglich sehen. Dann jedoch teilte ihm eine Anwältin mit: Die Zahl der Besuche werde auf zwei pro Woche reduziert. Der Vater schaltete verschiedene Verbände und das Jugendamt ein, auch das half jedoch nicht weiter. „Dem Amt ging es nur darum, einfache Verhältnisse zu schaffen“, sagt er, „damit sie den Fall verwalten können“.

Erst als die Besuche noch weniger werden sollten, zog Gebert vor Gericht. Viel half es nicht: Seine Tochter darf er seitdem zwar häufiger sehen, als es die Mutter erlauben wollte. Trotzdem sind es nur alle zwei Wochenenden und jeder zweite Mittwoch. Auf Dauer könne er damit nicht glücklich sein, sagt er. Zwar sei ihm wichtig, auch wieder außergerichtlich mit seiner ehemaligen Freundin kommunizieren zu können. Aber Lena, von der der Konflikt um sie bislang weitgehend ferngehalten werden konnte, habe nun einmal zwei Lebensmittelpunkte. „Und die soll sie auch behalten.“

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts könnte nun neue Bewegung in die Situation von Chris Gebert bringen. „Es war eine große Erleichterung für mich“, sagt er. Er hoffe, sich das Sorgerecht auf Dauer mit seiner ehemaligen Freundin teilen zu können. „Ich bin Lenas Vater“, sagt er. „Und ich möchte auch als solcher auftreten und mit ihr leben können.“

Ansprechpartner für Väter, die um das Sorgerecht kämpfen: Verein Väteraufbruch, www.vafk.de

Zur Startseite