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Afrikanische Zwergziege
© Illustration: Andree Volkmann

Berliner Schnauzen (16): Afrikanische Zwergziege

Es muss hart sein, eine Afrikanische Zwergziege zu sein. Jedenfalls im Streichelgehege des Berliner Zoos.

Einerseits wegen der Menschenkinder, die scharenweise vorbeikommen, betatschen wollen, lärmen. Andererseits wegen der unerträglichen Kamerunschafe. Die mä-en ständig und ohne ersichtlichen Grund. Einfach, weil sie es können. Seinen Höhepunkt erreicht der tägliche Terror gegen 15.30 Uhr, dann ist Hauptfütterungszeit, und die Kamerunschafe nerven noch ärger als sonst. Damit sie schnellstmöglich Ruhe geben, sind sie als Erste an der Reihe, sagt Pflegerin Anke. Anschließend die Esel und Gänse, die Vierhornschafe und Ponys. Erst ganz zum Schluss sind die Zwergziegen dran. Geduldig stehen sie vor ihrem Stall und warten. Wer Contenance bei Tieren zu schätzen weiß, wird die Afrikanische Zwergziege lieben.

Auch Zoo-Tierarzt André Schüle mag sie gern, weil sie ihm kaum Arbeit bereitet. Mit ihren kurzen Beinen und dem gedrungenen Rumpf wirkt die Ziege ein wenig hilfsbedürftig – tatsächlich ist sie aber extrem robust, widerstandsfähig und genügsam, weshalb sie auch in den kargen Regionen Afrikas in riesigen Herden gehalten wird. Problematisch wird’s nur, wenn Besucher mitgebrachtes Junkfood verfüttern oder ihre Taschen unbeobachtet lassen, so dass die Zwergziegen plündern können. „Sie fressen alles, was irgendwie ins Maul passt“, warnt André Schüle. Gern auch Plastiktüten, die verstopfen dann den Magen und führen mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Zwergziegentod.

Das Einzige, was Besucher füttern dürfen, sind die Pflanzenfaser-Pellets aus den rot lackierten Automaten, die in allen Ecken des Streichelzoos stehen. Je nach Menge kostet eine Ration 10 oder 20 Cent, und weil sehr viele Kinder jeden Tag sehr viele Münzen in den Schlitz werfen, haben die Zoomitarbeiter das Futter extrem energiearm gehalten. So verfettet wenigstens kein Tier.

Ebenfalls streng verboten beim Zwergziegenbesuch: festhalten, Hörner streicheln oder gar hochheben. Frage an die Pflegerin: 

„Wo lässt sich die Afrikanische Zwergziege am liebsten streicheln?“

„Überall da, wo sie selbst nicht drankommt.“

Zehn erwachsene Exemplare leben derzeit auf der Anlage, dazu ebenso viele Jungtiere. Im Laufe der nächsten Wochen werden diese für je 50 Euro an Privathalter abgegeben, ein paar sind noch zu haben. Andere werden an Kitas, Altenheime oder Behindertenwerkstätten verschenkt. Nein, sagt Schüle, Feinkostläden bekommen keine.

Sämtliche erwachsenen Zwergziegen im Streichelzoo sind Weibchen. Das Männchen wird in einem Extragehege gehalten, zur Herde darf es nur im Oktober. Alles andere wäre zu gefährlich für die Besucher, sagt Schüle. Weil der Bock sonst, ganz contenancefrei, die Weibchen vor sich herscheuchen würde, völlig egal, ob die zur Paarung bereit sind oder nicht. Und die wiederum würden im Trubel vermutlich Menschenkinder umrennen. Also findet die Paarung unter Aufsicht und in einem abgetrennten Bereich statt. Den Monat der Familienzusammenführung nennen Schüle und seine Kollegen „Bocktober“.

Afrikanische Zwergziege im Zoo

Lebenserwartung:  15 Jahre

Fütterungszeiten:  jederzeit, kostet 10 bis 20 Cent

Interessante Nachbarn: Kamerunschaf, Esel, Meerschweinchen

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