Eine Rarität: Die Rotscheitelmangabe: Affen-Idyll
Als hätten sie sich für eine Faschingsparty geschminkt: In der freien Wildnis eine gefährdete Rasse, gedeihen die Affen in der Berliner Luft außerordentlich gut
Über den schwarzen Knopfaugen haben sie weiße Lider, was beim Zwinkern – plingpling! – sofort auffällt. Die drei Rotscheitelmangaben, die im Tierpark-Affenhaus hinter der Glaswand auf kahlen Ästen sitzen und so tun, als seien die Besucher gar nicht da, sehen aus, als hätten sie sich für eine Faschingsparty geschminkt, die dann leider ausfiel. Denn der breite helle Streifen malt etwas Melancholisch-Verwundertes in ihre dunklen Gesichter unter dem namensgebenden rötlichen Schopf.
Von dem vierten Tier lässt sich das alles noch nicht behaupten. Es ist ein Baby, geboren Ende 2015. Diese vier sind eine Familie: Vater Valerius, Mutter Sina, große Schwester Maja, kleines Brüderchen Apo. Der lässt sich die meiste Zeit von der Mutter herumtragen, und wenn er doch mal mutig wird, sich allein an einem Gitter hochhangelt, kommt er keinen Meter weit, weil er sich vorher umschaut und feststellt, dass die Mutter nicht mehr hinter ihm ist. Dann hopst er schnell zu ihr zurück. Und sie streckt ihm jedes Mal wieder einen langen dünnen Arm entgegen, in den Apo sich flüchtet, während sie sich mit der anderen Hand kratzt oder etwas in den Mund stopft – was gerade überwiegt, denn es ist Nachmittag. Snacktime, und es wurden Obst und Gemüse ins Gehege gebracht.
Zappelig späht die Tochter herum
Am besten gehen die Weintrauben. Dick und grün sind sie, und Vater Valerius hat das unbestrittene Erstzugriffsrecht, was ihm auch klar zu sein scheint. Gemächlich pult er die Trauben von den Strunken, die Ruhe selbst. Tochter Maja, deutlich zappeliger, späht im verstreuten Angebot herum, plingpling!, wo könnte noch eine Traube sein? Entdeckt sie eine, flitzt sie hin und vernascht sie – im Habitus ganz Genießerin wie der Alte.
Mutter Sina erbarmt sich derweil des Salats, der nicht so beliebt ist. Ihm fehlt die Süße. Was auch fehlt, und zwar auf allen Affenernährungsplänen, sind Bananen. Die sind zu fett – jedenfalls für Zootiere, die sich eher wenig bewegen.
Verglichen mit dem Leben, das den Rotscheitelmangaben in freier Wildbahn blühen würde, geht es den Affen im Tierpark gut. Ihre Artgenossen leben an Westafrikas Regenwaldküsten, in einem Streifen von Nigeria bis Gabun. Wie der Verband der Zoodirektoren es formuliert, dringen sie „mitunter“ in Felder der Bauern ein und werden deshalb gejagt. Inzwischen gilt die Tierart, deren Lebensraum vom sich ausbreitenden Menschen ohnehin dezimiert wird, als „gefährdet“.
Sie könnten im Zirkus auftreten
Die Berliner Luft scheint den Rotscheitelmangaben gutzutun. Das Europäische Zuchtbuch, das in Barcelona geführt wird, umfasst 96 lebende Tiere. Davon waren 20 Nachzuchten des Tierparks Berlin, und mindestens 16 weitere waren die Nachkommen von Vätern, die im Tierpark Berlin geboren worden waren.
Auf Mutter Sina trifft Ersteres zu, sie wurde 2006 im Tierpark geboren. Vater Valerius kam 2011 aus Karlsruhe nach Berlin. Pfleger Nils Frankenfeldt schätzt die Tiere als schlau ein und ist überzeugt, dass man mit ihnen Zirkusnummern einstudieren könnte. Alles, was sie beschäftigt, sei ihnen recht. Darum werfen die Pfleger, wenn sie die Zeit haben, das Obst und Gemüse in den Käfig, damit die Tiere es fangen. Dass dabei von den Weintrauben keine daneben geht, versteht sich von selbst.
ROTSCHEITELMANGABE IM TIERPARK
Lebenserwartung: bis 30 Jahre
Fütterungszeiten: täglich 14.30 Uhr
Interessanter Nachbar: Mohrenmaki, Dschelada