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Radfahrer, Fußgänger und Skater kommen sich auf dem Feld selten in die Quere.
© dpa

Bürgerbeteiligung zum Tempelhofer Feld: Zwischenbilanz: 800 Ideen und 50 Sitzbänke

Keine Berge oder Seen, aber Sportplätze für Erwachsene – die Vorschläge zum Tempelhofer Park sind bescheiden und pragmatisch, lobt Moderator Tilmann Heuser vom BUND. Eine Zwischenbilanz nach einem Jahr Bürgerbeteiligung.

Der Harald-Juhnke-Weg hat die meisten Stimmen: 241 Tempelhof-Fans sind dafür, 65 dagegen. Auf Platz 2 liegt der Ausbau des Baseball- und Softballsports, eine Kitesurfschule wünschen sich viele, vielleicht ein Open-Air-Kino und eine Parkeisenbahn für Leute, die schlecht zu Fuß sind. Die rund 800 Ideen fürs Tempelhofer Feld sind so vielfältig wie bescheiden, findet der Moderator des Beteiligungsverfahrens zur Aufstellung eines Pflege- und Entwicklungsplans, BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser.

Seit einem Jahr macht er diesen Job. Seine Bilanz: überraschend viel Konsens und eine Neigung zum kostensparenden Pragmatismus. Ganz anders als beim parallel laufenden, sehr kontroversen Bürgerdialog zur Historischen Mitte. Die Ausstrahlung des Feldes, das Freiheitsgefühl mit Weitblick erzeugt offenbar Demut und die Bereitschaft, eigene Interessen unterzuordnen.

„Inszenierungen“ mit künstlichen Seen oder Bergen, wie Landschaftsplaner ursprünglich vorgeschlagen hatten, seien kein Thema mehr, sagt Heuser. Schon gar nicht, Randflächen zu bebauen.

Die Wünsche seien „auf das Feld gerichtet“: Mehr Sitzgelegenheiten, mehr Schatten, mehr Toiletten. Und „Spiel- und Bewegungsräume“ für Erwachsene und Kinder. Bäume wurden bereits gepflanzt. Die Mitarbeiter von Grün Berlin, die sich um den Park kümmern, wollen noch in diesem Jahr 50 Sitzmöbel aufstellen, mit Lehnen, als Sofortmaßnahme.

Auf die Toiletten müsse man noch etwas warten, meint Heuser. Die kosten richtig Geld, was das Parlament erst bewilligen kann, wenn der Pflege- und Entwicklungsplan fertig ist. Ein Entwurf dieses Plans soll als Ergebnis des Beteiligungsverfahrens im November ans Parlament gehen. Einzelne Kapitel sind bereits im Internet nachzulesen.

Also alles Friede, Freude, blauer Himmel?

Sportflächen ja, aber keine "Käfige"

Es gibt auch Unmut. Die Vereinssportler erwarten konkrete Zusagen für dringend benötigte Sportflächen, die Freizeitsportler halten dagegen: Eine Parzellierung widerspreche dem Geist des Feldes. Das findet auch Heuser. Weitere Sportplätze im Bereich der alten Gärtnerei im Südosten und am Columbiadamm seien denkbar, aber „keine Käfige“, also ohne Zäune und für jeden zugänglich. So steht es auch im Gesetz, das im Volksentscheid im Mai 2014 beschlossen wurde.

Tilmann Heuser, Geschäftsführer BUND Berlin, soll im Herbst den Entwurf für einen Pflege- und Entwicklungsplan vorlegen.
Tilmann Heuser, Geschäftsführer BUND Berlin, soll im Herbst den Entwurf für einen Pflege- und Entwicklungsplan vorlegen.
© Bernd von Jutrczenka/dpa

Michael Schneidewind von der Initiative 100 Prozent Tempelhof hat sich aus dem Verfahren zurückgezogen. Der „Veranstaltungsreigen“ sei ihm zu zeitaufwendig, im Wissen, dass am Ende doch Politiker entscheiden. Er empfindet die Diskussionen eher als Spielwiese. In der Initiative gebe es aber auch viele Befürworter des Beteiligungsprozesses.

Tim Retzlaff, Kitesurfer und Feldenthusiast, findet es problematisch, wenn sich Senatsbeamte an den Diskussionen beteiligen. Er fürchtet, dass am Ende doch wieder alte Planungen zum Zuge kommen. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat die Idee einer Randbebauung mit Wohnungen und Gewerbe zwar zu den Akten gelegt, aber nicht gänzlich aufgegeben. Unter dem Druck der wachsenden Stadt könnte das wieder Thema werden, vielleicht in der nächsten Legislaturperiode, sagte er in einem Interview.

Kitesurfer hoffen, dass keine Bäume gepflanzt werden

Für die Surferszene ist das Feld einzigartig, viele reisen deswegen nach Berlin. Das Feld sei „weltweit zu dem besten Land- und Snowkitespot in einer Metropole gekürt worden“, heißt es in einem Kommentar. „Wir hoffen, dass die Wiesen frei bleiben und keine Bäume gepflanzt werden“, sagt Tim Retzlaff.

Dass das Feld Opfer seines eigenen Erfolgs werden könnte, also durch Übernutzung Schaden nehmen wie der Mauerpark, will Heuser nicht ausschließen. Derzeit verteilen sich die rund zwei Millionen Besucher im Jahr noch gut auf das 300 Hektar große Feld. Drei bis vier größere Kollisionen gebe es im Jahr, sagt Parkmanager Michael Krebs, auf die Zahl der Nutzer gerechnet, eher wenig. Konfliktpotenzial zwischen Kitern, Skatern, Fußgängern und Radfahrern gebe es besonders an den Eingängen, dort werde es wahrscheinlich Umbauten geben, kündigt Heuser an.

Rennradfahrer trainieren immer morgens

Generell gilt: Gegenseitige Rücksichtnahme statt restriktive Reglements. Und: Die Stärkeren weichen den Schwächeren aus. Die Kitesurfer wüssten schon, dass sie am Wochenende bei gutem Wetter keine Chance haben, sagt Heuser. Dann sitzen viele auf den Wiesen, um zu picknicken. „Die Radrennfahrer kommen immer morgens, um zu trainieren.“

Das Feld möge im Wesentlichen bleiben wie es ist, wünschen sich die Besucher, wünscht sich auch Heuser. Mit einem Zaun und einem Sicherheitsdienst als Schutz vor Vandalismus, Schließzeiten über die Nacht, einem ausgefeilten Naturschutzmanagement und möglichst wenig Kommerz. Heuser zählt auf: „Kein wilder Alkoholausschank, keine Partymeile.“ 3,4 Millionen Euro lässt sich Berlin das Tempelhofer Feld jedes Jahr kosten.

Im Oktober beginnen die Felddialoge

Die Bürgerbeteiligung läuft als Onlinedebatte und in Werkstätten, die regelmäßig im Flughafengebäude stattfinden. Ab 1. August werden die Ergebnisse der Werkstätten in der „Beteiligungsbox“ am Columbiadamm ausgestellt. Im Oktober starten dann die „Felddialoge“, Vor-Ort-Diskussionen zu verschiedenen Themenbereichen.

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