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Brandenburg ist gespalten: Im Berliner "Speckgürtel" wird gebaut, anderswo grassiert der Leerstand.
© Ralf Hirschberger/dpa

Brandenburg im Wahljahr: Zwischen Leerstand und Wohnungsnot

Brandenburg ist auch im Jahr der Landtagswahl gespalten: Im Berliner Umland wird Raum knapp und teuer – weit weg von Berlin ist das Gegenteil der Fall.

In Berlin ist es seit einigen Jahren das bestimmende Thema. Doch auch im Land Brandenburg werden steigende Mieten und Wohnungsknappheit ein immer größeres Problem. Und zwar vor allem in der Landeshauptstadt Potsdam, in die jedes Jahr mehr Leute ziehen als neue Wohnungen gebaut werden können, und im engeren Berliner Umland.

Denn auch viele Hauptstädter, die sich hier ihren Traum vom eigenen Häuschen erfüllen wollen, zieht es raus nach Brandenburg. Die Berliner Wohnungsnot erhöht damit auch den Druck auf die Politik im Nachbarland. Auf der anderen Seite gibt es, fernab des Speckgürtels, immer noch erheblichen Leerstand. Auch auf dem Wohnungsmarkt ist Brandenburg weiterhin ein zweigeteiltes Land.

Dieses Gefälle illustrieren auch die aktuellen Zahlen, die der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) gerade vorgestellt hat, dessen kommunale und genossenschaftliche Mitgliedsunternehmen immerhin 400.000 Wohnungen verwalten, und damit landesweit jede zweite: Danach betrug die Leerstandsquote im Umland – drei Prozent gelten als fluktuationsbedingt normal – voriges Jahr nur 2,4 Prozent.

Doch außerhalb, in den berlinfernen Regionen, steht etwa jede zehnte Wohnung leer. In der Prignitz oder in Spree-Neiße ist es sogar jede fünfte, in Städten wie Forst oder Lauchhammer sogar fast jede dritte Wohnung. Und das, obwohl seit 2002 in Brandenburg schon 60.000 Wohnungen abgerissen worden sind. Im krassen Gegensatz dazu steht die Lage im Speckgürtel, wo es nicht nur in Potsdam, sondern auch in sich ebenfalls dynamisch entwickelnden Städten wie Wildau oder Bernau faktisch keinen Leerstand mehr gibt.

Hier wird zwar gebaut und gebaut, aber zugleich fehlt es zunehmend an bezahlbaren neuen Wohnungen für Normal- und Geringverdiener. Das Wohnungsproblem im Berliner Umland verschärft sich zudem, weil inzwischen die 20- bis 30-jährigen Bindungsfristen für tausende Sozialwohnungen auslaufen, die vor allem im ersten Jahrzehnt nach Wende und Wiedervereinigung errichtet worden waren. Danach hatte Brandenburgs Regierung die Förderprogramme für den sozialen Wohnungsbau eingestellt, weil genug vorhanden waren, damals. Und neue Programme wurden erst spät, und in geringem Umfang aufgelegt.

Das hat zur Folge, dass in Brandenburg immer weniger Sozialwohnungen zur Verfügung stehen, die im Berliner Umland den Druck mildern könnten. Zum Vergleich: Im Jahr 2004, das war der Zenit, hatte es im Land nach Angaben des Finanzministeriums noch 113.013 preis- und belegungsgebundene Wohnungen gegeben, 2017 waren es noch 40.897 Wohnungen. Für das Jahr 2021 sind 20.000 Wohnungen prognostiziert.

Sozialer Wohnungsbau im Umland fehlt

Zwar hat Brandenburgs Regierung seit 2014 versucht, den sozialen Wohnungsbau wieder anzukurbeln, vor allem auf Druck der Landeshauptstadt Potsdam. Grundsätzlich setzte Infrastrukturministerin Kathrin Schneider dabei auf ein gemeinsames „Bündnis für Wohnen“ aller Akteure, um Mieten und Angebot im Griff zu behalten. Politischer Druck, oder gar eine Enteignungsdebatte, sind in Brandenburg kein Thema. So verweist der BBU darauf, dass die Mieten in Brandenburg auch im Vergleich zu Berlin – selbst im Umland – noch günstig sind.

Der Durchschnittsmiete in Berlin von 6,72 Euro je Quadratmeter laut Mietspiegel stehen nach BBU-Angaben selbst im teuren Potsdam 5,84 Euro pro Quadratmeter gegenüber. Die Durchschnittszahlen trügen. Wer neu mietet, der zahlt drauf. Wer in Potsdam umziehen muss, aber nicht mehr Miete zahlen will oder kann, muss sich verkleinern. Es fehlen Sozialwohnungen im Umland. Und es werden bisher nur wenige neue Sozialwohnungen gebaut, 357 waren es im Jahr 2018, alle in Potsdam. Die im Landeshaushalt für sozialen Wohnungsbau vorgesehenen Mittel wurden nicht abgeschöpft. Unter anderem auch, weil es für Investoren nicht attraktiv ist: Mit herkömmlichen Eigentums- oder Mietwohnungen ist mehr Rendite drin.

Und die Politik? Die Ansätze in den Programmen sind sehr unterschiedlich. Die Grünen und die Linken wollen den sozialen Wohnungsbau drastisch hochfahren, die Linken dafür sogar eine Landeswohnungsbau- und Strukturgesellschaft gründen, möglichst gemeinsam mit Berlin. Die CDU unter ihrem Vorsitzenden Ingo Senftleben hingegen setzt darauf, für junge Familien das Bauen in Brandenburg zu erleichtern, indem Restriktionen für Gemeinden abgebaut werden, neue Wohngebiete ausgewiesen werden können. Wenn er Regierungschef wird, will er den Landesentwicklungsplan mit Berlin kündigen, was SPD, Grüne und Linke ablehnen.

Man kann im Land Brandenburg aber immer noch gut und preiswert wohnen, zur Miete oder in den eigenen vier Wänden – wenn man Entfernungen in Kauf nimmt, nehmen kann. Nach dem aktuellen Grundstücksmarktbericht des Landes hat 2018 ein Einfamilienhaus im Umland im Schnitt 339.000 Euro gekostet, in Mühlberg nahe Sachsen dagegen nur 36.500 Euro und in Letschin im Oderbruch 45.200 Euro.

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