Wie funktioniert die Stadt? (9): Das Smart Home: Zuhause alles im Griff - am Touchscreen
Aus der Ferne kann sie die Jalousien runter lassen, die Heizung hochdrehen, die Temperatur des Backofens regeln. Juristin Anna Jasper-Martens lebt in einem intelligenten, weil vernetzten Haus in Zehlendorf. Es gibt noch nicht viele solcher "Smart Homes". Jasper-Martens gehört zu den Pionieren. Sie hat die Technik bei Vattenfall mit entwickelt.
Anna Jasper-Martens kann sich noch gut an manche Schrecksekunden erinnern, die sie in der S-Bahn auf dem Weg zur Arbeit erlebt hat. Ist das Bügeleisen wirklich ausgeschaltet? Die Haustür abgeschlossen? Steht das Fenster im Bad noch offen? Keiner zuhause, der hätte nachschauen können. Kinder in der Schule, Ehemann unterwegs.
Heute holt die 42-jährige Juristin einfach ihr Tablet aus der Tasche, steuert im Zug per Touchscreen einzelne Räume ihres Hauses in Zehlendorf an, kann Fenster und Türen kontrollieren, sogar einige verschließen oder Elektrogeräte abschalten. Würde ein Einbrecher durch den Flur schleichen, bekäme sie vom Bewegungsmelder sofort eine Info aufs i-Phone.
Anna Jasper-Martens wohnt in einem „schlauen“ Haus, dessen technische Einrichtungen weitgehend vernetzt und programmiert sind – von der Stehlampe bis zu Heizkörpern und Jalousien. Man kann sie aus der Ferne regeln und überprüfen, in bestimmten Situationen reagieren sie sogar selbstständig. Kälteeinbruch? Die Heizung fährt automatisch hoch. Zu viel Luftfeuchtigkeit in der Küche? Sensoren öffnen die Lüftung, damit sich kein Schimmel bildet. Es geschieht wie von Geisterhand. Das Ganze nennt sich neudeutsch „Smart Home“.
Es geht um Bequemlichkeit, Sicherheit, Energieeffizienz und Umweltschutz
Anna Jasper-Martens bringt die Dinge eher nüchtern auf den Punkt. „Bequemlichkeit, Sicherheit, Energieeffizienz und Umweltschutz – das sind die Ziele des intelligenten Wohnens im Smart Home.“ Bei Vattenfall hat sie die neue Technik mit entwickelt und auf den Markt gebracht. Das System ist für Eigenheime und Mietwohnungen geeignet. Aber nur wenige Berliner leben heute schon wie morgen. Jasper Martens zählt zu den Pionieren. Sie hat zwischen Keller und Dachboden ein stattliches Netzwerk installiert.
Eine ruhige Wohnstraße mit Einfamilienhäusern. Buddelkästen in den Vorgärten. Die Familie Jasper-Martens hat ihr neu gebautes Heim 2011 bezogen. Im Parterre große Fenster und Türen, bis zum Boden verglast. Eine freundliche Hausherrin, die roten Haare zum Zopf gebunden, öffnet die Tür. Kaffeeduft, der Tisch ist gedeckt, eine Kerze brennt. Das Tablet liegt neben dem Christstollen. Ihre Kinder Heinrich (4), Charlotte (7) und Friedrich (9) bauen gerade die Puppenküche auf. „Funktioniert alles noch analog“, schmunzelt die Mutter.
Mit einer App richtet man das intelligente Heim ein
Sie schaltet das Tablet ein. „Willkommen Zuhause!“ grüßt die Smarthome-App. „Mit dieser App kann man das das intelligente Heim einrichten“, sagt Jasper-Martens und schildert, wie’s funktioniert: Erst herunterladen, danach alle Geräte, die online erreicht werden sollen, jeweils mit einem speziellen Stecker – oder „Baustein“, wie es im Fachjargon heißt – verbinden. Denn der kann Funksignale empfangen und senden. Ganz wichtig: Zum System gehört auch noch die Homebase. Die ist an den Router und somit ans WLAN angeschlossen. Sie hält per Funk Kontakt zu den vernetzten Geräten.
Fast alle Räume des Hauses sind auf dem Touchscreen schematisch dargestellt. Ein Tippen aufs Wohnzimmer, es erscheint ein virtueller Raum mit vielen Buttons. Druck auf die Schaltfläche mit der Aufschrift „Lieblingsbeleuchtung“: Zwei Stehlampen und die Deckenstrahler gehen zugleich an, geben warmes, gedimmtes Licht ab. Jede Lampe lässt sich auch einzeln am Bildschirm regeln. Auch die Heizkörper der Räume sind als Symbole dargestellt. 22 Grad Wohlfühltemperatur sieht deren Grundeinstellung nachmittags ab 16 Uhr im Wohnzimmer vor, ehe die Familie heimkommt. Davor sind es einige Grad weniger. Das spare gut 30 Prozent Heizkosten, sagt Anna Jasper-Martens. Hat sie mal früher Feierabend, heizt sie die Räume von unterwegs hoch, dreht schon in der Bahn am dafür vorgesehenen virtuellen Schalter. Oder sie tippt die Backröhre an , damit der vorbereitete Braten bereits brutzelt, wenn sie Tür aufschließt.
Selbst von der Südsee aus könnte sie alles kontrollieren
Es klingt wie Science-Fiction, ist aber Realität. Selbst von einer Insel in der Südsee aus könnte sie ihr intelligentes Haus im Blick behalten. Oder ihren Sohn Friedrich am Abend ärgern. Der hat eine Lichterkette im Kinderzimmer; liest er länger als abgemacht, genügt ein Touch – und Friedrich sitzt im Dunkeln.
„Man hat das alles rasch im Griff“, sagt Jasper-Martens. Tatsächlich sind die Abläufe am Schirm übersichtlich dargestellt. Auch die Installation des Baukastensystems wird ausführlich erklärt. Und die Kosten? Bis zu 500 Euro muss man für ein „Starter-Set“rechnen mit Homebase und ersten Bauteilen, die beispielsweise eine Lampe, einen Fensterkontakt und Heizkörper mit dem Basisgerät verbinden. „Später können Sie mehr und mehr hinzukaufen“, sagt Jasper-Martens. „Wie bei einem Spielzeugbaukasten.“
Ein Touch reicht, um Einbrecher zu erschrecken
Im Flur will sie neben dem Bewegungsmelder jetzt noch eine Kamera anbringen lassen. Falls ein Fremder eindringt, erhält sie dann sekundenschnell mit der Meldung auch dessen Foto. „Und dem Einbrecher kann ich einen Schreck einjagen“, sagt sie schmunzelnd. „Ein Touch – und alle Lichter in unserem Haus gehen gleichzeitig an.“
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