Corona-Pandemie treibt in die Armut: Zoff um Kurzarbeit legt Probleme der Gebäudereiniger offen
Ein Berliner Dienstleister streitet mit dem Betriebsrat über die Aufstockung von Kurzarbeitergeld. Schlimmer noch: Mini-Jobber fallen ganz durchs Raster.
Schlechte Bezahlung, Mini-Jobs und unsichere Arbeitsverhältnisse – in welchem Ausmaß die Dienstleistungsbranche auf Mitarbeiter mit Einkünften am Rande der Armut auskommen muss, macht die Corona-Pandemie deutlich.
Die Firma Piepenbrock, die rund 620 Menschen in der Gebäude- und Glasreinigung beschäftigt, will Kurzarbeit anmelden – was deren Angestellte in finanzielle Nöte stürzen würde. Hinzu kommt eine Reihe von Mini-Jobbern, die ganz durch das Raster staatlicher Hilfsprogramme fallen könnten. Darüber entfacht sich ein Streit mit Arbeitnehmervertretern und Politik.
„Geringfügig Beschäftigte erhalten kein Kurzarbeitergeld“, sagt Arnulf Piepenbrock, Geschäftsführender Gesellschafter des gleichnamigen Firma. Das treffe ausgerechnet Beschäftigte, die auf ihr Einkommen besonders angewiesen sind. „Diese Regelung kann so nicht bestehen bleiben“, sagt er.
Die Politik stehe in der Pflicht. Für den März übernehme er „freiwillig eine Sonderzahlung in Höhe von 60 Prozent des entfallenen Lohns“ bei Minijobbern. Über einen längeren Zeitraum sei dies nicht finanzierbar. Viele Kunden hätten ihren Geschäftsbetrieb eingestellt. Piepenbrock könne seine Leistungen nur noch begrenzt erbringen. Kurzarbeit sichere Arbeitsplätze und die Existenz der Firma.
Aus Sicht von Beschäftigten stellt sich die Lage so da: „Alle Mitarbeiter haben weiterhin Anspruch auf ihren vollen Lohn, so lange es keine Betriebsvereinbarung gibt – aber die Verhandlungen des Betriebsrats mit der Geschäftsführung darüber scheiterten“, sagt Jana Müllner von der IG Bau.
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In Berlin habe Piepenbrock mit Entlassung von 160 Mitarbeitern gedroht, falls die Arbeitnehmervertreter nicht Kurzarbeit zustimmen. Die Beschäftigten verlangten eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes von 60 auf 80 Prozent durch die Firma, da den Angestellten sonst 800 Euro übrig blieben. Das reiche zum Lebensunterhalt nicht aus.
Sie sind systemrelevant, bekommen aber Niedriglohn
Als „arm“ gilt eine alleinstehende Person nach dem Bericht des Paritätischen Gesamtverbandes bei einem verfügbaren Einkommen von bis zu 1035 Euro netto. Für die aus Berlin in den Bundestag gewählte SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe zeigt die Auseinandersetzung, wie wenig krisenfest die Niedriglöhner beschäftigt sind: „Entweder werden sie arbeitslos oder sie bekommen Kurzarbeitergeld, das sie mit staatlichen Hilfen aufstocken müssen“. Das müsse sich ändern. „Denn wir erfahren in der Coronakrise wie systemrelevant diese Berufe sind“, sagt Kiziltepe. Die Gebäudereiniger, die ihren Beitrag zu hygienischen Verhältnissen leisten, zählten dazu.
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Die SPD-Politikerin fordert, dass die Arbeitgeber einen Teil der ihnen vom Staat erstatteten Sozialversicherungsbeiträge einsetzen und damit das Kurzarbeitergeld aufstocken. Dass der Bund hier nicht einspringt, liege an der CDU: „Unser Partner in der Großen Koalition hat unseren Vorschlag abgelehnt.“ Nicht mal zu einem Kompromiss seien die Christdemokraten bereit.
Der gesetzliche Mindestlohn beträgt seit Januar 9,35 Euro je Stunde. Für das Gebäudereiniger-Handwerk vereinbarten die Tarifpartner im Jahr 2017 einen „Mindestlohntarifvertrag“ mit Erhöhungen von 13 Prozent bis Ende dieses Jahres. Der Stundensatz beträgt dann je nach Lohngruppe 10,80 Euro bis 14,10 Euro. Die meisten Reinigungskräfte erhalten 10,80 Euro.
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