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Verkauf statt Verkehr. Die glasüberdachte Promenade des neuen Steglitzer Centers war früher Teil der Treitschkestraße.
© Doris Spiekermann-Klaas

Neues Einkaufszentrum: Ziel ist die erste Shopping-Liga

Am Mittwoch hat der „Boulevard Berlin“ an der Steglitzer Schlossstraße eröffnet. Diese soll und muss nun noch mehr Kunden anlocken.

Der Name scheint Programm zu sein. Immer größer, attraktiver und vielfältiger soll alles an der Steglitzer Schlossstraße werden, wie einst bei den Adelspalästen. Und das schon seit vielen Jahren. Ein Trend „vom Super- zum Megalativ“, wie manche im Kiez drumherum ironisch vermerken. Zu Mauerzeiten war die 1,7 Kilometer lange, zweitgrößte Einkaufsstraße Berlins ein Schaufenster des Westens, nach der Wende entstanden neue Einkaufszentren so dicht nebeneinander wie sonst nirgendwo in Berlin, zumal die Straße als Shopping-Meile immer beliebter geworden ist: Auf das Forum Steglitz folgten „Das Schloss“ und das Schloss-Straßen-Center am Walther- Schreiber-Platz. Und am Mittwoch öffnete sogar das vierte Center, der „Boulevard Berlin“.

Der Blick vieler Anrainer geht aber über den Neubau hinaus. Jetzt habe die Gegend nicht nur die Chance auf einen Aufschwung, sondern brauche ihn auch, sagen Bezirkspolitiker und Geschäftsleute. Die Straße müsse eine Art „Kurfürstendamm des Berliner Südwestens“ werden, sagt Karstadt-Filialchef Volker Pesarese, dessen Haus nun ein Teil des neuen Centers ist. Der Steglitz-Zehlendorfer Bürgermeister Norbert Kopp (CDU) urteilt, die Grenze der Einzelhandelsexpansion sei „spätestens jetzt“ erreicht.

Selbst für die Macher des Boulevard Berlin ist klar, dass die Kaufkraft aus dem Bezirk und dem nahen Umland für vier Center nicht ausreicht. Und auch die vielen Mittelständler wie das traditionsreiche Geschäft „Werken Spielen Schenken“, die der Straße einen individuellen Charme geben, stehen in immer stärkerem Wettbewerb. Also soll mehr Kundschaft her. Im Boulevard Berlin rechnet Centermanager Hans-Jürgen Ebel mit 40 000 Besuchern pro Tag: „50 Prozent werden neue Kunden sein“.

Anders als am Ku’damm kommen jedoch wenige Touristen in den Außenbezirk. Der Verein „Berlin Südwest“ will das Tourismusmarketing deshalb verstärken.

Die Straße selbst ist inzwischen fertig umgebaut, Teile der Gehwege wurden verbreitert. Pro Richtung stehen nur noch eine Fahrspur und ein Fahrradstreifen zur Verfügung. Das Ziel, Durchgangsverkehr über die benachbarte Stadtautobahn zu leiten, wurde aber kaum erreicht. Und außer Shopping ohne Ende bietet die Schlossstraße wenig. Ihr Name ist vom alten Gutshaus Steglitz abgeleitet, das auch als „Wrangelschlösschen“ bekannt ist. Nebenan hat Dieter Hallervorden 2009 das Schlosspark-Theater wiedereröffnet. Kinogänger zieht es in den Titania-Palast oder ins „Adria“. Der 119 Meter hohe Steglitzer Kreisel, den das Bezirksamt 2007 wegen Asbestbelastung geräumt hatte, könnte nach Plänen des Senats ab 2013 saniert werden. Ob das Hochhaus abgerissen oder neu genutzt wird, ist offen. Im Bierpinsel soll es ab 2013 wieder Kultur und Gastronomie geben.

Eine Baustelle ist auch noch das neue Boulevard-Center: Der Elektronikmarkt Saturn öffnet erst im Herbst, H&M und weitere Läden im Sommer. Erst dann sollen Gäste auch auf Gastronomieterrassen und Freizeitsportler ein Fitnesszentrum nutzen können. Bauherr Multi Development hebt die ersten Berliner Filialen von Zara Home und der US-Modemarke Hollister hervor. Die meisten übrigen Läden findet man auch in anderen Centern. Bisher sind 90 Prozent der Fläche vermietet.

Die Konkurrenz verschärft sich: Der Vermieter des Geschäftshauses „Schlossstraße 110“ schräg gegenüber beklagt den „Verdrängungskampf“. Der Boulevard Berlin brauche Saturn als Ankermieter, „koste es, was es wolle“, sagte ein Mitarbeiter der Terra-Contor Verwaltungsgesellschaft. An der Schlossstraße 110 habe Saturn eigentlich einen Mietvertrag bis 2015 und zahle die Miete bis dahin sogar weiter – dafür aber wohl nichts oder nur wenig im neuen Center.

Das Haus Schlossstraße 110 ist der wohl größte Verlierer der derzeitigen Entwicklung, im Juni zieht auch noch Intersport von dort ins Forum Steglitz um. Neue Mieter gibt es bisher nicht.

Anwohner sind unterdessen froh, dass der Boulevard Berlin endlich fertig ist: Insbesondere in der angrenzenden Markelstraße hatten Mieter jahrelang unter dem Lärm und Staub gelitten, nach den Schilderungen eines Tagesspiegel-Lesers wurden die Ruhe- und Schutzvorschriften immer wieder überschritten.

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