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Vorübergehend angekommen. Flüchtlingskinder spielen am 03.09.2015 auf dem Gelände der ehemaligen Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne in Berlin-Spandau vor den neu aufgebauten Zelten.
© Bernd von Jutrczenka/dpa

Neue Notunterkünfte in Berlin: Zeltstadt, Bank und Flughafen für Flüchtlinge

Berlin bereitet sich auf mehr Flüchtlinge vor. Sie sollen in einer alten Bank registriert werden, in einer Kaserne und Hangars wohnen. Wir haben uns die Orte angeschaut.

In den nächsten Tagen werden tausende neu ankommende Flüchtlinge in Berlin erwartet, die etwa über Ungarn nach Deutschland reisen. Berlin hat als Ergebnis eines Krisengipfels rasch mehrere Groß-Notunterkünfte geschaffen oder für die Zukunft avisiert. Wie war am Donnerstag der Stand der Dinge? Wir haben uns umgeschaut.

Zeltstadt in der Kaserne

Eigentlich waren Zeltdörfer für den Berliner Senat nur das Mittel der letzten Wahl – doch dann musste angesichts der Not doch gehandelt werden: Als Innensenator Frank Henkel (CDU) am Donnerstagnachmittag auf dem Gelände der Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne in Spandau eintrifft, werden nur noch Feldbetten aufgestellt und erste Filzfußböden auf die Plastikfolien auf dem Asphalt verlegt. Henkel schüttelt Hände, dankt vielen Einsatzkräften persönlich. Er erkundigt sich bei den Betreibern der Unterkunft, der Prisod Wohnheimbetriebs GmbH, sowie Polizei und Feuerwehr nach der Lage. „Ich bin sehr zufrieden, wie rasch hier aufgebaut wird. Ich bin allen Helfern sehr dankbar für ihre Arbeit“, sagt Henkel.

In der Nacht zum Donnerstag vollzogen die Berufsfeuerwehr und die freiwilligen Feuerwehren einen Kraftakt. 71 Zelte aus Lageso-Beständen, jedes fast zehn Meter lang und etwa fünf Meter breit, wurden von den Einsatzkräften für 710 Flüchtlinge errichtet. Seit vergangenem Freitag wurden bereits 780 Flüchtlinge in den Kasernengebäuden untergebracht. Noch ist dort Platz für weitere 120 Personen. Die Entscheidung zum Aufbau der Zeltstadt wurde am Dienstag getroffen. Die Zelte sind wetterfest, mit Sandsäcken beschwert und stehen auf Asphalt. Doch winterfest sind sie nicht, verfügen nur über Decken und Schlafsäcke. „Es ist klar, dass es Notunterkünfte sind“, sagt Prisod-Sprecherin Susan Hermenau. Henkel pflichtet ihr bei: „Angesichts der Zahlen von Flüchtlingen, die zu uns kommen, ist doch klar, dass es unkonventionelle Lösungen geben muss.“ Die Zeltstadt soll bis Ende Oktober genutzt werden.

Neubeginn in alter Sparkasse

Auf den ersten Blick wirkt die Szenerie im Schaltersaal der ehemaligen Sparkassenfiliale an der Wilmersdorfer Bundesallee sehr merkwürdig: Mittendrin steht eine Gruppe und wartet auf irgendetwas – angestrahlt von riesigen Scheinwerfern. Sehen so etwa Aufbauarbeiten für die geplante Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge aus? Nein, eine Filmproduktion dreht hier am Donnerstag und in den kommenden Tagen für eine ZDF-Serie, die mit dem Flüchtlingsthema rein gar nichts zu tun hat.

Wann mit ersten Asylbewerbern in dem Flachbau zu rechnen ist, wissen die Mitarbeiter nicht. Der Drehort ist kein Zufall, denn nebenan im früheren Hochhaus der Landesbank Berlin (LBB) sind einige Büros an Filmunternehmen vermietet. Zu den Nutzern gehört auch die „DB Vertriebs GmbH“ der Deutschen Bahn, wie ein Türschild zeigt.

Aus der Senatssozialverwaltung ist zu erfahren, die Erstaufnahmestelle solle „so schnell wie möglich“ eröffnen, ein Datum könne man aber noch nicht nennen. Asylbewerber sollen mit Bussen vom überlasteten Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Moabit zur Bundesallee gefahren werden. Es gehe nicht um eine Unterbringung, sondern nur um die Registrierung, macht eine Sprecherin deutlich. Deshalb wolle man sich auf das Erdgeschoss mit dem früheren Kassenbereich konzentrieren. Vielleicht brauche das Lageso dann noch zusätzliche Büroräume, aber eine Nutzung des ganzen Hochhauses sei nicht geplant; die Mieter könnten also darin bleiben.

Mit der offiziellen „Beschlagnahme“ wurde der ehemalige LBB-Sitz jedoch aus einem laufenden Insolvenzverfahren herausgelöst, er kann nun nicht mehr zwangsversteigert werden. Wie berichtet, setzt sich Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) für einen schnellen Erwerb der Immobilie durch das Land Berlin ein. Dabei bleibe es auch, hieß es am Donnerstag.

Airport Tempelhof

Der Flughafen Tempelhof ist geschlossen, und doch ist da viel Leben. Man sieht durch die Scheiben am Haupteingang, dass drinnen jemand mit einer Bohnermaschine durch die Schalterhalle geht, die Logistik der Aquamarino-Show wird abgebaut. Und es wird auch wieder aufgebaut, auf dem Vorfeld, für das „Lollapalooza“-Festival nach Vorbild aus den USA. Es treten da am 12. und 13. September Muse, Macklemore & Ryan Lewis und die Beatsteaks auf, und es gibt kindergerechte Performances währen des „Festivals für die ganze Familie“. Vielleicht dann in Nachbarschaft von Flüchtlingen.

Am Donnerstag wusste die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung offiziell noch nichts von der Hangar-Nutzung für Flüchtlinge. In Zeiten wie diesen, wo alles ganz schnell gehen muss, kann es zwischen den Verwaltungen schon mal holpern. Die Sozialverwaltung prüft nun gerade, wie man in den im Winter bitterkalten, 12 bis 15 Meter hohen Hangars Nummer 1 und 2 bewohnbare Domizile schaffen kann. Die Einnahmeausfälle der „Tempelhof Projekt GmbH“, die die Gebäude und Flächen etwa für Events und Messen vermietet, müsse die Stadt angesichts der humanitären Not verkraften, heißt es. Die Liste der Veranstaltungen auf der Website www.thf-berlin.de ist lang. Denn alle sieben einstigen Flughafen-Hangars sind derzeit immer wieder für Konzerte, Messen oder andere Events gebucht.

Auch am GAT-Bereich, wo früher die Privatflieger eincheckten, ist einiges los. Da, wo früher auch Angelina Jolie ihren Privatjet landete und die Papiere für den Abflug einreichte, stehen jetzt Besucher. Sie warten auf die Flughafenführung. Immer wieder ist auch da die nun beschlossene Flüchtlingsunterkunft ein Thema. „Wenn man die Menschen so sieht im Fernsehen, nur mit einem Beutel, irgendwo müssen sie ja hin“, sagt ein Mann. Andere Gäste sind still, senken den Blick, wirken wenig begeistert.

Auf einem Schild stehen weitere Mieter des Gebäudes: Das „Astronaut Magazin“, das Messebau Netzwerk Minga Network, oder Black Sheriff’s Security. Betrieb herrscht links vom Haupteingang auch an der Kita Buddelkiste, weiter vorn ist das Revuetheater „La Vie en Rose“. Vorm Haupteingang hält ein Kleintransporter, in Zeiten wie diesen kommen einem da Assoziationen, die mit Menschenhandel zu tun haben. Doch weit gefehlt: Die Fahrer rollen jede Menge Fundfahrräder hinten aus dem Transporter ins Fundbüro rechts neben dem Haupteingang.

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