Berlin: Zeigen, was ’ne Harke ist
Die „Bürger für den Lietzensee e.V.“ machen vor, was die CDU will: Sich für ein sauberes Berlin engagieren.
Nur einen fünfminütigen Fußmarsch von der Stadtautobahn entfernt haben die Charlottenburger eine kleine Oase inmitten der Stadt: den Lietzenseepark. Am Dienstag um halb elf Uhr versteckt sich hier nach einer Woche vorbildlichen Frühlingswetters die Sonne hinter grauem Dunst. Es ist kühl. Doch wenn man die Gruppe von acht Leuten in grünen Schürzen beobachtet, die am Ufer mit Spaten, Harken und Rechen hantieren, könnte einem schon vom Zuschauen warm werden.
Auf den Schürzen steht „Bürger für den Lietzensee e. V.“. Die Vereinsmitglieder machen seit Jahren einmal wöchentlich, was sich jetzt auch die CDU mit ihrer Kampagne für die Stadt ausgedacht hat: Sie räumen auf. Laub wird zusammengekehrt, Efeu geschnitten, Unkraut ausgerissen. Irene Fritsch hat die Gruppe ins Leben gerufen. Ihr hatte es jedes Mal „in den Fingern gejuckt“, wenn sie das ganze Laub im Park herumliegen sah.
Seither treffen sich die Freiwilligen jeden Dienstagvormittag im Park. Sie wohnen alle im Umkreis. Für sie ist der Park wie ein eigener Garten. Fritsch sagt: „Es gibt nichts Schöneres, als in freier Natur im Heimatbezirk etwas zu schaffen, das nützlich ist und auch noch Spaß macht.“ Die Grünfläche rund um den Lietzensee ist zehn Hektar, also gut ein Dutzend Fußballfelder groß. Da gibt es einiges zu tun. Es gibt viel Lob von Spaziergängern – aber wenn die dann zum Helfen eingeladen werden, haben sie es meistens „mit dem Rücken“, sagt Fritsch. Die Mitglieder der Gruppe sind zum größten Teil im Ruhestand. Der Altersdurchschnitt liegt etwa bei 65 Jahren. „Die Arbeit hält fit“, sagt Fritsch, während sie sich unter einem Forsythienstrauch hindurch duckt, um an einem kleinen Baum den Efeu wegzuschneiden. Gemeinsam mit zwei, drei anderen Freiwilligen ist sie sogar im Winter aktiv. Fritsch ist 70 Jahre alt, sie lebt in einer Wohnung am Park, seit 1950. Sie kennt den Kiez, darüber hat sie das Sachbuch „Leben am Lietzensee“ verfasst. Als Krimiautorin hat sie Titel wie „Die Tote vom Lietzensee“ veröffentlicht. Aus dieser Zeit kannte sie auch Klaus Döring, der 2004 den Verein „Bürger für den Lietzensee“ gründete und sie dazuholte.
Die Berge in den Laubsäcken wachsen. Einmal bleibt ein Jogger stehen, er ruft ihnen zu: „Schön, dass Sie in Herrn Dörings Club arbeiten!“ Man kennt den Verein hier. Neben der Gartenarbeit werden Kulturtreffen veranstaltet, samstags wird Müll und auch Graffiti beseitigt. Der große Frühjahrsputz ist kommendes Wochenende. „Ich habe auch schon erlebt, dass 30 Leute an der Putzaktion teilgenommen haben“, sagt Norbert Voß, der seit zwei Jahren am Lietzensee wohnt.
Was die Mitglieder der Dienstagsgruppe fuchsig macht, das ist der Dreck. Verpackungen, Flaschen, Taschentücher, besonders am Wochenende sind sie über den ganzen Park verteilt. Als am 1. Januar die Schillerwiese mit Knallkörpern übersät war, sammelte Voß jeden einzeln auf. „Das war ein Muskelkater am nächsten Tag“, sagt er. Doch er ist überzeugt: Wenn weniger Müll herumliegt, ist die Hemmschwelle größer, den eigenen Dreck liegen zu lassen. „Wenn ich mal etwas wegräume, kann eine kleine Sache eine große Wirkung haben.“ Ganz in diesem Sinne hebt auch Helga Sell bei jedem Gang durch den Park immer drei Sachen auf. Wenn sie das tut, beobachtet sie oft Menschen, die sie sehen und es ihr nachtun.
Nach zwei Stunden bricht die Sonne hervor. Jetzt erholen sich alle auf der Parkbank – unter der jetzt kein Laub mehr liegt.
Franziska Felber
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