Schweinepest nahe deutscher Grenze: Zahl der infizierten Tiere steigt von zwei auf 20
Auf einen Zufallsfund in Polen folgten weitere Fälle von Afrikanischer Schweinepest. Nun wird das Gebiet nach weiteren verendeten Wildschweinen abgesucht.
In Polen nahe der deutschen Grenze sind weitere 18 Fälle von Afrikanischer Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen nachgewiesen worden. Der Erreger wurde bei toten Tieren in der Woiwodschaft Lebus gefunden, wie der polnische Veterinärdienst am Dienstagabend mitteilte. Die Kadaver waren am Wochenende entdeckt worden. Bei einem dieser Tiere war ASP bereits nachgewiesen, zudem bei einem zuvor überfahrenen Wildschwein.
Die EU-Kommission will sich nun einen Überblick über die Situation verschaffen. Ein Wissenschaftler des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) reise dafür nach Westpolen, teilte das Bundesforschungsinstitut auf der Insel Riems bei Greifswald am Dienstag mit.
Über den ersten Fall hatte die polnische Behörde am Freitag informiert: Das überfahrene Tier war am 4. November zwischen den Ortschaften Nowa Sol und Slawa im Kreis Wschowski gefunden worden - etwa 80 Kilometer von der Grenze zu Brandenburg entfernt. Freiwillige hatten daraufhin beim Durchkämmen des Geländes rund um den Fundort 19 verendete Wildschweine gefunden. Bei allen wurde das gefürchtete Virus nachgewiesen.
An der Suche nach weiteren toten Wildschweinen seien mittlerweile auch Soldaten der polnischen Armee beteiligt, teilte der Veterinärdienst mit. „Wir haben heute noch ein weiteres totes Tier gefunden“, sagte Stanislaw Mysliwiec, Vorsitzender der Landwirtschaftskammer, der Deutschen Presse-Agentur in Warschau.
Die Suche nach toten Wildschweinen ist am Mittwoch in der von Afrikanischer Schweinepest (ASP) betroffenen polnischen Region nahe der Grenze zu Brandenburg fortgesetzt worden. Neben den 150 Soldaten durchkämmten auch rund 100 Freiwillige das Gelände, sagte Stanislaw Mysliwiec, Vorsitzender der Landwirtschaftskammer, der Deutschen Presse-Agentur in Warschau. Das Areal umfasse 340 Quadratkilometer und liege in den Kreisen Wschowski und Nowasolski.
Wie ist das Virus so weit in den Westen gelangt?
Polens Agrarminister Jan Krzysztof Ardanowski sagte der Nachrichtenagentur PAP, derzeit werde zu ermitteln versucht, wie das Virus in den Westen Polens gelangen konnte. Eine Möglichkeit ist demnach, dass einer der 1,5 Millionen in Polen arbeitenden Ukrainer den Erreger in die Region brachte.
Die Arbeiter des stark von ASP betroffenen Landes brächten häufig Fleischprodukte aus der Heimat mit, auch wenn dies zum Schutz vor der Afrikanischen Schweinepest verboten sei, so Ardanowski. An Parkplätzen weggeworfene Reste von belegten Broten würden von Wildschweinen gefressen.
Nach Ansicht des Agrarministers ist es Polen gelungen, die Verbreitung der Tierseuche zumindest einzudämmen. Im laufenden Jahr habe es bisher 48 Ausbrüche gegeben, im Vorjahr seien es mehr als 100 gewesen.
Bereits am Wochenende hätten Forstbetriebe damit begonnen, im Umkreis von fünf Kilometern um die erste Fundstelle einen Zaun zu ziehen. „Das ist so ein Zaun, wie er verwendet wird, um Wildtiere vom Überqueren von Landstraßen abzuhalten.“ Laut Veterinärdienst wurde der Bau des ersten Zauns am Montag abgeschlossen. Ein weiterer solle nun um eine größere Sperrzone gezogen werden. Polen gehört in Europa neben Rumänien, Ungarn und dem Baltikum zu den besonders von ASP betroffenen Regionen, bisher lagen die Ausbruchsherde aber deutlich weiter von der Grenze zu Deutschland entfernt.
Der Deutsche Jagdverband (DJV) rief zu höchster Wachsamkeit auf. „Es ist extrem wichtig, dass Landwirte, Forstwirte, Jäger und Spaziergänger verdächtige Kadaver sowie Tiere mit Blut an Haut oder Schnauze sofort melden“, betonte DJV-Experte Torsten Reinwald. Aufmerksamkeit sei nicht nur in Brandenburg und den anderen wildschweinreichen Ost-Bundesländern geboten. „Wir wissen nicht, wo das Virus in Deutschland zuschlagen wird“, sagte er. „Es ist aber keine Frage des Ob, sondern nur noch eine des Wann.“
Für Menschen ungefährlich
Für den Menschen sind die Viren ungefährlich, für Wild- und Hausschweine aber meist tödlich. Es müsse alles dafür getan werden, das Einschleppen der Afrikanischen Schweinepest zu verhindern, betonte Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV). „Wir sind in großer Sorge.“ Ab dem ersten Nachweis der ASP bei einem Wild- oder Hausschwein in Deutschland sei der Export in Länder außerhalb der EU nicht mehr möglich, heißt es vom Bauernverband.
Anfassen oder gar transportieren solle man tote oder erkrankte Schweine auf keinen Fall, warnte DJV-Experte Reinwald. „Die Körperflüssigkeiten sind hochinfektiös“, betonte er. Es sei wahnsinnig schwer, den Erreger wieder loszuwerden, wenn er erst einmal eingeschleppt sei.
„Wir haben nur eine Chance, wenn wir einen Seuchenherd frühzeitig erkennen.“ Als einzigem der in Europa betroffenen Länder sei es bisher Tschechien gelungen, Ausbruchsherde hermetisch abzuriegeln und die Seuche wieder loszuwerden.
Von Polen aus über die Oder nach Deutschland zu kommen, stelle für Wildschweine keine Schwierigkeit dar, so Reinwald. „Das sind sehr gute Schwimmer.“
Allerdings seien infizierte Tiere rasch geschwächt und einige schon nach 48 Stunden tot - weite Strecken legten sie selten noch zurück. „Die Schuld an neuen Seuchenherden hat meist nicht das Wildschwein, sondern der Mensch.“ Über weggeworfene Brote mit Wurst, die aus infizierten Haus- oder Wildschweinen hergestellt wurde, reise der Erreger vor allem entlang der Transitstrecken. „Auch Räuchern macht dem Virus nichts aus.“ (dpa)