Geprellte Bauarbeiter der Mall of Berlin: Würde am Wühltisch
Bogdan Droma ist einer der rumänischen Arbeiter, die beim Bau der Mall of Berlin geprellt wurden. Seit drei Monaten demonstriert er dagegen. Nun hilft ihm eine Gewerkschaft.
Breitbeinig steht er da, schwenkt eine rot-schwarze Fahne, und brüllt. „Pay your workers! Zahlt eure Arbeiter!“ Immer wieder ruft er den Satz, zusammen mit rund 40 Mitstreitern. Die neongelbe Warnweste, auf der „Im Arbeitskampf“ steht, spannt über seiner schwarzen Winterjacke. Die dunkle Kapuze hat er tief in die Stirn gezogen. Als der Sprechchor verstummt, ruft er auf Englisch: „Wir werden keine Ruhe geben, so lange wir keine Gerechtigkeit bekommen!“ Ein Passant läuft vorbei und senkt den Kopf.
Seit drei Monaten schon demonstriert der 29-jährige Rumäne Bogdan Droma in Berlin, fast jeden Tag, an unterschiedlichen Orten, zuletzt am Donnerstag in der Kreuzberger Prinzessinnenstraße vor dem Sitz des Unternehmens Metatec Fundus GmbH & Co. Droma, Vater zweier Töchter, wurde auf der Baustelle des Einkaufszentrums Mall of Berlin um seinen Lohn geprellt. Zugesagte Arbeitsverträge hat er nie erhalten. Zwei Firmen, die Metatec und die Openmallmaster GmbH, schulden ihm, wie er sagt, knapp 1000 Euro Lohn. Drei Monate hat Droma mit 30 anderen Rumänen im Auftrag der Firmen auf der Baustelle des Einkaufszentrums Material geschleppt und Rigipsplatten verlegt. Insgesamt stehen nach Aussage der Rumänen 33 000 Euro aus.
Als im November die Forderungen der Arbeiter an die Öffentlichkeit gelangten, erklärte ein Sprecher der Metatec, sein Unternehmen sei von der Baufirma Fettchenhauer Controlling & Logistic GmbH selbst nicht bezahlt worden. Später, nach Verhandlungen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund, boten die Anwälte der Metatec den Rumänen eine Abfindung von 500 Euro an. Ein paar der 30 Arbeiter nahmen das Angebot an und kehrten zurück nach Rumänien. Bogdan Droma und seine Mitstreiter weigerten sich, sie wollen den kompletten Lohn. Mittlerweile erklärt der Geschäftsführer der Metatec, Droma und die anderen hätten nie für ihn gearbeitet.
Von Anfang an ging es Bogdan Droma nicht nur um den ausstehenden Lohn. „Ich kämpfe für meine Würde“, wiederholte er. „Und dafür, dass nicht noch mehr Arbeiter ausgebeutet werden.“ Er wolle das Image der Firmen, die ihn geprellt haben, zurechtrücken. „Andere Unternehmer sollen sehen: Wenn ich mit Arbeitern so umgehe wie diese Firmen, dann bekomme ich ein ernsthaftes Image-Problem.“
Anfang der Woche schickte die Kanzlei der Fettchenhauer Controlling & Logistic GmbH eine einstweilige Verfügung an die FAU (Freie Arbeiter Union), die Gewerkschaft, der Bogdan Droma und sieben andere Rumänen mittlerweile beigetreten sind. Der Firmenname soll nicht mehr im Zusammenhang mit den Forderungen fallen dürfen. Als im Oktober klar war, dass Bogdan Droma und seine Kollegen den ausstehenden Lohn nicht bekommen würden, kampierten sechs von ihnen, darunter Droma, sein Bruder und zwei Onkel, vor dem Einkaufszentrum. Tagsüber stellten sie sich mit einem bemalten Leintuch vor die Mall. Sie machten nicht nur die beiden Firmen, für die sie gearbeitet hatten, für die Ausbeutung verantwortlich, sondern auch deren Auftraggeber, die Baufirma Fettchenhauer Controlling & Logistic GmbH und den Investor Harald Huth.
Seit die Rumänen sich im November der FAU angeschlossen haben, kämpfen sie mit richtigen Plakaten, übernachten nicht mehr auf der Straße, sondern bei Freunden der Gewerkschafter.
Die FAU zieht jetzt im Namen der Rumänen vors Arbeitsgericht. Zunächst sollen die Metatec und die Open Mall Master verklagt werden. Ist bei den Subunternehmen wirklich nichts zu holen, will die Gewerkschaft gegen die Fettchenhauer Controlling & Logistic GmbH vorgehen. Zieht die insolvente Firma sich aus der Verantwortung, will die FAU den Investor der Mall of Berlin, Harald Huth, verklagen. „Wenn die Subunternehmen nicht bezahlen, haben laut Arbeitsrecht die Auftraggeber die Pflicht, ausstehende Löhne zu zahlen“, sagt Stefan Kuhnt, Sprecher der Gewerkschaft FAU.
Wie lange Bogdan Droma noch in Berlin kämpfen wird, vermag er nicht zu sagen. Seit Wochen pumpe er Freunde in Bukarest an, damit seine Frau Lebensmittel kaufen kann. In Berlin findet er bisher keinen Job, um Geld nach Hause zu schicken. „Aber wenn ich daran denke, wie schamlos wir und viele, viele andere ausgebeutet wurden, dann weiß ich: Ich muss bleiben, bis wir unser Geld bekommen.“
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