Mehrkosten am Flughafen: Wowereit und Platzeck sollen Zahlen nennen
Welche finanziellen Folgen hat das Flughafen-Desaster für Berlin und Brandenburg? Landesparlamente und Bundestag drängen: Wowereit und Platzeck sollen Auskunft geben.
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wird spätestens am 6. Juni den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses über die finanziellen Folgen der verschobenen Flughafeneröffnung informieren. In jedem Fall vor der abschließenden Beratung des Doppelhaushalts 2012/13. Offenbar gehen auch die Regierungsfraktionen SPD und CDU davon aus, dass die drohende Kostenexplosion den Landeshaushalt in den nächsten Jahren spürbar belasten wird.
Eigentlich sollte Wowereit schon am Mittwoch Auskunft geben, doch er sagte wegen der Ministerpräsidentenkonferenz und eines Staatsbesuchs ab. Ohnehin gebe es derzeit noch keine „signifikanten neuen Informationen“, sagte der SPD-Haushälter Thorsten Schneider in der Ausschusssitzung. Der Senatskanzlei lägen auch noch keine Schadensersatzforderungen vor. Der Regierende Bürgermeister sei aber „gern bereit“, dem Hauptausschuss noch vor der Aufsichtsratssitzung der Flughafengesellschaft am 22. Juni Rede und Antwort zu stehen.
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Die Opposition akzeptierte murrend die Vertagung. „Es geht um ein haushaltsrelevantes Problem“, sagte der Grünen-Finanzexperte Jochen Esser. Die finanziellen Auswirkungen des Flughafen-Desasters müssten vor Abschluss der Etatberatungen so weit wie möglich geklärt werden. Am 14. Juni will das Abgeordnetenhaus den Haushalt beschließen. Auch die Linken-Abgeordnete Manuela Schmidt erwartet in der übernächsten Woche „klare Antworten“ des Regierungschefs. Der Pirat Gerwald Brunner mutmaßte, dass der Senat „jetzt schon grob abschätzen könnte, wie hoch der Schaden ist“. Dagegen warnte der CDU-Finanzfachmann Christian Goiny vor Spekulationen. „Wir können nicht im vorauseilenden Gehorsam irgendeinen Betrag in den Etat einstellen.“
Die CDU-Fraktion forderte unterdessen, nach dem Vorbild des Bundesverkehrsministeriums eine Sonderkommission in der Senatskanzlei einzurichten. Außerdem solle die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft alle zwei Wochen über den Baufortschritt, die notwendigen Betriebsgenehmigungen und die Finanzierung berichten. Die Controllingberichte der Flughafengesellschaft müssten dem Landesparlament zur Verfügung gestellt werden. Für geschädigte Gewerbetreibende solle der Senat einen Hilfsfonds einrichten, auch die landeseigene Investitionsbank Berlin könne helfen. Der Beschluss der CDU-Fraktion war mit dem Koalitionspartner SPD nicht abgestimmt.
Die Grünen schlugen vor, für betroffene Unternehmen und deren Mitarbeiter eine Ombudsstelle des Senats einzurichten. Grüne und Piraten fordern, dass alle Aufsichtsratsprotokolle und dazugehörige Unterlagen dem Abgeordnetenhaus zur Verfügung gestellt werden. Eine detaillierte Anfrage des Tagesspiegel zu den gestiegenen Investitionskosten beantwortete die Flughafengesellschaft mit dem dürren Hinweis, dass „die Überprüfung der Kosten derzeit noch andauert“.
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Der Vizechef der CDU-Landtagsfraktion in Brandenburg, Dieter Dombrowski, forderte in einem Brief den Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) auf, die Controllingberichte der Flughafengesellschaft als Verschlusssache den Abgeordneten des Infrastrukturausschusses zur Verfügung zu stellen. Das Verfahren, das auf Bundesebene gewählt wurde, sei auch auf Brandenburg und den Landtag zu übertragen. Es könne nicht sein, dass den Kollegen im Bundestag mehr Rechte eingeräumt würden als denen in den Länderparlamenten, sagte Dombrowski.
Brandenburgs Oppositionsparteien wollen Regierungschef Platzeck in der nächsten Woche vor den Hauptausschuss des Landtags laden. Die Opposition erwartet laut CDU-Fraktionsvize Dombrowski von Platzeck auch Informationen über die Zusatzkosten durch des Flughafendebakel. Die Mitglieder des Bundestags-Verkehrsausschusses werden einen dritten Versuch starten, den Aufsichtsratchef Wowereit doch noch befragen zu können. „Wir erwarten, dass ein Termin gefunden wird, an dem Herr Wowereit Zeit hat“, sagt der CDU-Obmann im Verkehrsausschuss, Dirk Fischer. Die nächste Sitzung ist am 27. Juni.