Eigene Herstellung in der Humboldt-Uni: Woher die Charité jetzt Desinfektionsmittel bekommt
An der Humboldt-Universität wird derzeit literweise Desinfektionsmittel hergestellt und an die Charité geliefert - was auch erhebliche Mehrarbeit für das Kernpersonal der Uni bedeutet.
EIGENE HERSTELLUNG
Bis zu 500 Liter Desinfektionsmittel verbraucht die Charité jeden Tag, und damit der Nachschub nicht ausbleibt, braut man es an der Humboldt-Universität jetzt selbst. „Wir sind hier in der Lage, nach einem Rezept der Weltgesundheitsorganisation WHO Desinfektionsmittel für die Anwendung auf Oberflächen und für die Anwendung zur Personalhygiene herzustellen“, berichtet Chemiker Michael Bojdys, Junior Professor an der HU, dem Tagesspiegel.
Am Montag wurden die ersten 200 Liter des selbst hergestellten Mittels an die Charité geliefert. „Morgen gibt es die nächste Ladung, und das machen wir in Absprache mit der Charité, um dort einen Teil des Tagesbedarfs mit zu decken“, so Bojdys. Die Apotheke der Charité nehme es in Empfang und prüfe die Wirksamkeit, dann könne es in der Klinik benutzt werden. Der Inhalt der vollen Kanister werde in eigene Behälter der Charité umgefüllt, die leeren Kanister fahren gleich wieder nach Adlershof zurück. Im dortigen Labor findet die Produktion nämlich statt. Das Ganze sei der hervorragenden Zusammenarbeit aller Beteiligten in der Berlin University Alliance zu verdanken. Diesen Zusammenschluss der Berliner Universitäten gibt es so erst seit 2019.
ENGPÄSSE VERMEIDEN
„Solange die Lieferkette steht, können wir liefern, was die Charité braucht“, sagt Bojdys. Der Regelbetrieb an der Uni sei zwar eingestellt, aber das Kernpersonal habe sich bereit erklärt, diesen Extradienst zu machen, auch wenn das zum Teil erhebliche Überstunden bedeute. Bereits am vergangenen Wochenende hätten die Kollegen gearbeitet, um den Plan zu verwirklichen. Das Ziel sei, Engpässe gar nicht erst entstehen zu lassen.
DAS REZEPT
Um Desinfektionsmittel herzustellen, braucht es eine geringe Menge Wasserstoffperoxid und eine große Menge Ethanol, also Ethylalkohol; zur Händedesinfektion muss auch noch Glyzerin hinein. Problematisch ist derzeit vor allem das Ethanol, es wird weltweit auf dem Markt knapp. Das Ethanol selbst stellen chemische Großhersteller wie Bayer oder BASF her.
GUTES ZUSAMMENSPIEL
Der Chemiekonzern Dow Chemicals habe eine Tonne fertiges Desinfektionsmittel an die Charité gespendet und gebe außerdem die Zutaten für die Herstellung an die HU. Im Laufe dieser Woche soll die zugesicherte Ladung Desinfektionsmittel an die Charité geliefert werden; das Labor in Adlershof soll am darauffolgenden Montag eine Charge mit den Zutaten bekommen. Das Ganze wurde durch den Verband der chemischen Industrie und den Bundesverband der Krankenhausapotheker mit ermöglicht; es waren Sondererlaubnisse des Bundes nötig. „Diese Krise können wir nur gemeinsam bestehen, und es zeigt sich, dass alle ganz fantastisch zusammenarbeiten“, sagt Chemiker Bojdys.