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Neubauten von Mietwohnungen wird sich mit dem Mietendeckel für Private nicht mehr rechnen.
© Kitty Kleist-Heinrich

Mietwohnungen in Berlin: Wird der Mietendeckel zur Abrissbirne für den Neubau?

Der Mietendeckel wird den Neubau abwürgen, fürchten viele Unternehmen. Mietwohnungen könnten sich nur noch die Landesunternehmen leisten – mit Zuschüssen.

Ob Susanne Klabe zufrieden ist mit dem Vorschlag des Berliner Mietervereins zur Ausgestaltung des Mietendeckels? Die Chefin des LfW Wohnungsverbandes zuckt kurz, lacht los und sagt dann: „Ich bin glücklich über die Ehrlichkeit des Mietervereins.“ Immerhin sei nun klar, was unter dem Mietendeckel zu verstehen sei. Der Mieterverein hatte am Dienstag einen Entwurf für den vom Senat geplanten Mietendeckel vorgelegt. Nun erschließe sich, sagt Klabe, warum Wohnungsbaufirmen und Senatsvertreter sowie Mietervertreter in Beratungsgremien des Mietspiegels aneinander vorbei redeten: „Teile der Landesregierung diskutieren einen Systemwechsel mit staatlichen Preislisten fürs Wohnen, wir dagegen machen Vorschläge zur Lösung der Wohnungsnot und wollen bauen.“

Klabe vertritt Firmen, die laut Senat in den vergangenen vier Jahren mehr als 46.000 aller in Berlin gebauten 63.000 Wohnungen errichtet haben – zwei Drittel. Ohne diese Firmen könnten die sechs kommunalen Unternehmen niemals ihre Wohnungsbauziele erreichen, weil die Privaten auch für sie bauen. Doch zuletzt verließen viele Private Berlin und mit Einführung des Mietendeckels würden es noch mehr, sagt Klabe. „Denn dann investiert keiner mehr in Neubau.“

Neubauten vom Mietendeckel auszunehmen hat nur einen geringen Effekt

Zwar sehen erste Entwürfe vor, dass neu gebaute Wohnungen bei der ersten Vermietung nicht unter den Deckel kommen. Doch bereits bei der ersten Weitervermietung – und sei es drei Monate nach dem Erstbezug – erlischt diese Ausnahmeregelung. Mit der „staatlichen Miete“ seien Neubauten unrentabel, sagt Klabe. Der Chef der Firma „Bauwert“ Jürgen Leibfried, die seit mehr als drei Jahrzehnten Gewerbeimmobilien, Eigentumsobjekte und Mietwohnungen etwa für Versorgungswerke errichtet, bestätigt das: „Die Politik kann es sich sparen, Neubauwohnungen von dem Mietendeckel auszunehmen, wenn die Anschlussvermietung nur noch zu einem geringeren Wert erfolgen darf.“

Alle großen Investoren dächten langfristig und bräuchten mindestens drei Prozent Verzinsung. Sinke die Miete um nur 2,25 Euro je Quadratmeter, dann sinke der Wert um 900 Euro je Quadratmeter. Bei solchen Risiken „wird kein einziger Euro mehr in den Mietwohnungsneubau fließen, der für die Allgemeinheit so wichtig ist“.

Leibfried baut, vermietet Wohnhäuser und verkauft diese etwa an Versicherungen. Diese spekulierten nicht, sondern behielten die Häuser Jahrzehnte. Durch die Einführung des Mietendeckels sei dieses Geschäftsmodell unmöglich. Kein Investor riskiere ein Loch in der Bilanz, weil die Miete nach Ende des ersten Mietverhältnisses gesenkt werden müsse.

Neubau in Berlin wird mit Mietendeckel einbrechen

Dass der Neubau von Mietwohnungen zusammenbricht, davon geht auch der Sprecher der „Jungen Genossenschaften“ Ulf Heitmann aus. „Wie man es auch rechnet, für weniger als zwölf Euro pro Quadratmeter kann man in Berlin nicht bauen.“ Mit der „Bremer Höhe“ und vier weiteren jungen Genossenschaften wollte Heitmann in Weißensee Wohnungen für Studenten und Haushalte mit niedrigen Einkünften errichten. Vor gut vier Jahren begann die Planung. Damals kostete das Grundstück 250 Euro je Quadratmeter. „Aber in Berlin braucht es Jahre bis eine Baugenehmigung vorliegt.“ Und in dieser Zeit steigen die Preise erheblich. Das Grundstück kostet jetzt 2000 Euro. „Zu dem Preis kaufen wir nicht, wegen des Mietendeckels schon gar nicht.“

Dabei kann Heitmann mit dem Vorschlag des Mietervereins gut leben: „Mit unseren Mieten liegen wir unter den Höchstwerten und weil Erhöhungen möglich bleiben, sind wir nicht unzufrieden.“ Darin sieht er auch die Stärke des Mieterverein-Konzeptes, zumal dieser kein schlagartiges Einfrieren der Mieten vorschlägt, sondern deren jährliche Anpassung an die Entwicklung der steigenden Lebenshaltungskosten. „Das liegt auf unserer Linie“, sagt Heitmann. Die Genossenschaften erhöhten traditionell moderat die Mieten. „Denn wir müssen wenigstens die steigenden Preise für Handwerker, Rechtsanwälte und andere Büro- und Verwaltungskosten hereinbekommen.“

Mehr Büroflächen und Eigentumswohnungen

Weil das Einfrieren der Mieten, wie der Senat es will, das nicht vorsieht, warnt Heitmann vor einer Implosion des wohnungswirtschaftlichen Systems „kommunizierender Röhren“: Wenn eine Röhre zugedrückt wird, nämlich die Mietflüsse, breche sich der Überdruck anderswo Bahn. Ähnlich wie Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg Florian Schmidt von den Grünen warnt Heitmann vor einem Druckausgleich durch die Branche, die Berlins Wohnungsnot zusätzlich verschärfen würde: „Private Entwickler werden die Mieten im Gewerbe stärker erhöhen und mehr Büroflächen entwickeln und ansonsten vorrangig Eigentumswohnungen.“

Zumal sich der Soziale Wohnungsbau nicht rechne. Heitmann weiß von Neubauten auf der Schöneberger Linse, dass „die Genossenschaft Blaue Insel trotz Fördermittel Sozialwohnungen mit zwei Euro je Quadratmeter subventionieren muss aus dem Rest des Bestandes“.

Darin liegt die Schwäche beider Modelle: Dass die gedeckelten Mieten nicht ausreichen werden, um neu errichtete Wohnungen zu bezahlen. Mietwohnungsbau wird zum Zuschussgeschäft. Die sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften könnten bald die letzten Firmen sein, die sich diese Liebhaberei noch leisten werden, weil der Senat als Anteilseigner sie dazu zwingt.

Bereits vor dem Beschluss zum Mietendeckel hatte Staatssekretär Sebastian Scheel (Linke) nur durch eine Brandrede auf dem Jour Fixe die Firmenchefs zum einlenken gezwungen, als diese ihm eine erneute Korrektur der Neubauzahlen nach unten angekündigt hatten. Aus Gesprächen in kleinen Kreisen ist nun zu hören, dass der Mietendeckel die Wirtschaftlichkeit der Firmen noch stärker belasten werde, was Spuren in deren Bilanzen hinterlassen und den Spielraum im Neubau zusätzlich einschränken werde.

BBU hält Vorschlag des Mietervereins für "erfrischend differenziert"

Trotzdem nahm Berlins größter Wohnungsverband BBU – er vertritt landeseigenen Firmen sowie Genossenschaften und auch Private wie die Deutsche Wohnen – den Mietendeckel des Mietervereins fast schon mit Erleichterung auf: „Auf den ersten Blick schienen die Vorschläge erfrischend differenziert und diskussionsfähig.“ Damit spielt BBU-Chefin Maren Kern auf den vorgesehenen Spielraum für geringfügige Anhebungen der Mieten anhand der Lebenshaltungskosten an.

Für diese ist beim senatseigenen Deckel ja kein Platz, weshalb der Verband kritisiert: „Es sollte zu denken geben, wenn auch der Mieterverein einen Mietendeckel auf Grundlage der vom Senat beschlossenen Eckpunkte ablehnt.“ Und der BBU warnt weiter, „dass die Kompetenz des Landesgesetzgebers zum Erlass eines öffentlich-rechtlichen Landesmietendeckels umstritten ist“. Ohnehin helfe nur Neubau von Wohnungen aus der Krise heraus. Katrin Lompscher, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, ist derzeit im Urlaub. Die ganze Diskussion ficht die Linken-Politikerin nicht an. In einem kurz vor Abreise verfassten Schreiben zeigte sie Kante: „Nur eine Kombination aus Mietendeckelung und Mietenmoratorium kann eine zielführende Lösung für die Berliner Mieterinnen und Mieter sein.“

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