Hohe Nachfrage schon am ersten Tag: Wird auch der Corona-Impfstoff für Kinder in Berlin bald knapp?
Die Corona-Impfungen von Fünf- bis Elfjährigen sind in Berlin gestartet. Geimpft wird in Impfzentren, bei Kinderärzten - und auch an Schulen.
„Erst kurz piksen lassen und danach Knut bestaunen.“ In aller Kürze brachte Stephan Junker, Geschäftsführer des Naturkundemuseums in Mitte, so auf den Punkt, was zuvor Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci, die designierte Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (beide SPD) sowie Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) wortreich als „großartig“, „kreativ“, „kindgerecht“ und vor allem „innovativ“ bezeichnet hatten.
Die drei waren am Mittwochnachmittag in das Museum gekommen, um den wenige Tage zuvor angekündigten Start der Impfungen für Kinder zwischen fünf und elf Jahren zu beobachten – und sich dafür auch ein klein wenig selbst zu loben. „Immerhin war es ihre Idee“, sagte die am kommenden Dienstag aus dem Amt scheidende Kalayci in Richtung Giffey. Die revanchierte sich mit dem Dank dafür, dass Berlin bei den Impfungen von Erwachsenen, aber auch der Schaffung von Angeboten für Kinder „Vorreiter“ sei.
Giffey betonte, dass die Fortsetzung der im Bundesvergleich durchaus erfolgreichen Berliner Impfkampagne oberste Priorität der neuen und aller Voraussicht nach von ihr angeführten Landesregierung haben werde. „Das wird ein ganz großer Schwerpunkt sein“, sagte Giffey und lobte die Bereitschaft zahlreicher Akteure in der Hauptstadt, daran mitzuwirken.
Tatsächlich konnte den noch, bald und frisch Verantwortung tragenden Frauen gefallen, was sie in der binnen Tagen aufgebauten Impfstation des Naturkundemuseums zu sehen bekamen. Frei von Hektik und bestens betreut durch Helfer:innen des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) wurden Impfungen vorgenommen, wo sonst Selfies mit dem Skelett eines weit aufgerissenen Haifischkiefers entstehen.
Den anwesenden Kindern schien der Rummel um die prominenten Gäste mehr Respekt einzuflößen als die Impfung. Alles lief sehr geordnet – und im Anschluss an den Piks wartete tatsächlich der Besuch des Museums.
Drittes Berliner Impfzentrum im ICC
Ein ebenso professionelles, wenn auch deutlich umfangreicheres Szenario hatten die ASB-Mitarbeiter im ehemaligen Internationalen Congress Centrum (ICC) in Westend auf die Beine gestellt. In zehn separaten Kabinen können dort Kinder geimpft werden. Eine Grafikagentur hat diese mit gelben Stühlen und Kindermalereien bunt gestaltet. Zusätzlich können Jungen und Mädchen auch selbst Stellwände bemalen. „Schön, dass du da bist“, steht auf Begrüßungsplakaten.
Die allerersten Kinderimpfungen bekamen dort zwei neun- und zehnjährige Geschwister, deren Eltern Nadja und Florian Neumann dafür den Weg aus Karlshorst auf sich genommen hatten. Als Tiermedizinerin „weiß ich, dass Impfungen gut sind“, sagte die Mutter. Bis zur Freigabe der Kinderimpfungen habe es „viel zu lange gedauert“. Sich selbst haben die Eltern bereits drei Mal immunisieren lassen. Sie wollen dazu beitragen, dass „die Gesellschaft durchgeimpft ist“, sagte Neumann und lobte die sehr freundlichen Helfer:innen im ICC.
Das dort neu eingerichtete Impfzentrum öffnet täglich von 9 bis 18 Uhr für Personen mit oder ohne Terminreservierung – und für Kinder. Am 24. und 31. Dezember steht das Zentrum bis 14 Uhr zur Verfügung, am 25. Dezember und am 1. Januar bleibt es geschlossen. Bis zu 4000 Impfungen inklusive etwa 300 Kinderimpfungen sollen dort nun täglich möglich sein, sagte eine Sprecherin. Warteschlangen waren zumindest am Mittwoch nicht zu beobachten.
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Nach den Erfahrungen an anderen Standorten könne sich dies allerdings bald ändern, heißt es vom Arbeiter- und Samariter-Bund. Bundeswehrsoldaten helfen bei organisatorischen Angelegenheiten.
Mit den Berliner Verkehrsbetrieben sei man im Gespräch, um den Weg ins ICC besser auszuschildern, sagte die ASB-Sprecherin. Noch wirken beispielsweise Hinweise im S-Bahnhof Messe Nord (Witzleben) nicht optimal. Schilder lenken Fahrgäste nicht zu einer Treppe und einem Aufzug auf der gleichen Straßenseite wie das ICC, sondern zu einem anderen Aufzug auf der gegenüber liegenden Seite der Neuen Kantstraße. Es gibt an dieser Stelle keine Ampel – und in der nahen Fußgänger-Unterführung sind sowohl die Rolltreppen als auch der dortige Fahrstuhl wie so oft außer Betrieb.
Auch auf dem Messegände und in Tegel gibt es Impfstraßen für Kinder
Auch nebenan, im Impfzentrum auf dem Messegelände, und im Impfzentrum am ehemaligen Flughafen Tegel gibt es Impfstraßen für vorab angemeldete Kinder – Terminbuchungen sind unter service.berlin.de möglich. Viele Termine sind schon weg, aber wegen Absagen lohnt es sich, immer mal wieder reinzuschauen.
Während in den frisch eingerichteten Impfzentren zum Start alles nach Plan lief, zeigte sich Gesundheitssenatorin Kalayci besorgt über die Aussage von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu knappen Impfstoffbeständen und möglichen Folgen für die Fortsetzung der Impfkampagne, insbesondere für die Booster-Impfung. Von einem „großen Problem“ und einem „Schock“ sprach Kalayci und machte dafür den Amtsvorgänger Lauterbachs, Jens Spahn (CDU), verantwortlich.
Er habe den Minister:innen stets versichert, dass ausreichend Impfstoff bestellt worden sei, erklärte die geschäftsführende Senatorin und warnte vor „Engpässen“ im ersten Quartal des kommenden Jahres. „Wir begrüßen es sehr, dass nun massiv nachbestellt werden soll“, sagte Kalayci. Zwar konnte die Gesundheitsverwaltung zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage treffen, wann genau der Impfstoff knapp und die Impfkampagne ausgebremst werden könnte. Für die Kinder stehe aber zumindest vorerst ausreichend Impfstoff zur Verfügung, erklärte Kalayci.
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Von den bundesweit 2,4 Millionen Dosen seien 120 000 in die Hauptstadt geliefert worden. Weil nicht alle sofort verimpft, sondern Rücklagen für die Zweitimpfung gebildet werden sollen, könnten damit zunächst 60 000 Kinder zwischen fünf und elf Jahren geimpft werden. Stadtweit gibt es rund 230 000 Kinder in dieser Altersgruppe. Rund ein Viertel kann also zunächst sicher versorgt werden.
Vor dem Hintergrund dessen, dass am Mittwoch nicht nur im Naturkundemuseum und in drei Impfzentren, sondern auch in Praxen und an berlinweit zwölf Schulen mit der Impfung von Kindern begonnen wurde, wies Franziska Giffey Kritik unter anderem von Gewerkschaften und Kassenärztlicher Vereinigung zurück. Sie sei dankbar dafür, dass es ab sofort ein niedrigschwelliges und freiwilliges Angebot gebe, um Kinder aus der derzeit besonders von Infektionen betroffenen Altersgruppe zu impfen. „Der Tag heute ist ein erster Schritt, es läuft an“, sagte sie. Ziel sei es „natürlich, das dann auch auszuweiten“.