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...39 Stockwerken sollen insgesamt 300 neue Wohnungen entstehen. Natürlich mit Ausblick auf den Fernsehturm.
© dpa

Deutschlands höchstes Wohnhaus am Alexanderplatz: Windiges Balkonien im 33. Stock

Star-Architekt Frank Gehry hat sich für den geplanten Turm auf dem Alexanderplatz etwas Besonderes ausgedacht: Es soll in allen Etagen Balkone geben. Doch die Freiluft-Aussicht kann in 150 Metern Höhe so ihre Tücken haben.

Und die Geranien, gedeihen die auch auf dem Balkon des Gehry-Towers, 150 Meter über dem Meeresspiegel? Noch ist die Hotline nicht geschaltet für die Reservierung eines Penthouses im geplanten Turm am Alexanderplatz, dicht unter dem Himmel von Berlin. Aber die Bilder des kalifornischen Zauberers der Architekturszene dringen am Tag eins nach ihrer Veröffentlichung ins Bewusstsein des urbanen Mittelstandes. Und angesichts der Aussicht auf ein Appartement mit Balkon wird schon mal nachgerechnet: „Wenn ich meine Wohnung im Bötzowviertel verkaufe, könnte es vielleicht reichen...“.

Berlins Hines-Chef Christoph Reschke muss wohl gewusst haben, was er da tat, indem er dieses Bild erzeugte: Vom Balkon in Deutschlands höchstem Wohnturm aus liegt dem Käufer das Zentrum der hippesten Metropole des Kontinents zu Füßen. Aber geht das wirklich?

„Je höher man kommt, desto mehr Einfluss nimmt der Wind auf die Fassade“, sagt Architekt Wolfgang Schuster. Im „Windschatten“ von großen Flächen, zurückgesetzt und von drei Seiten geschützt – ähnlich wie bei einer Loggia –, seien Freiflächen denkbar. Aber allenfalls „bis zu einer Höhe von 60 Metern macht das Sinn“, sagt der Vorsitzende des Berliner Architekten- und Ingenieurvereins mit Büro in Shanghai. Und bereits in dieser Höhe „würden die meisten einen Balkon niemals betreten“. Wer sei schon schwindelfrei und daran gewöhnt an den freien Blick in den Abgrund, der auf dem Balkon vor den Fußspitzen aufklafft?

Der Entwurf von Stararchitekt Frank Gehry hat das Rennen für das Wohnhochhaus am Alexanderplatz gemacht.
Der Entwurf von Stararchitekt Frank Gehry hat das Rennen für das Wohnhochhaus am Alexanderplatz gemacht.
© Entwurf: Gehry Partners

Verschließbare Loggien sind eine Möglichkeit gegen den Wind

„Nur mit Brüstung und in ausreichender Entfernung zum Abgrund“ seien Austritte in schwindelerregender Höhe attraktiv. Der Blick dürfe nicht in die Tiefe, sondern in die Ferne gelenkt werden – dann macht es Spaß. Verschließbare Loggien seien eine Möglichkeit. Aber auch dann müssten Lösungen gefunden werden, die beispielsweise dem Druck des Regens widerstehen, der vom Wind mit voller Wucht gegen die Fassade geweht wird oder wegen der Thermik auch einmal von unten kommen kann.

Kurzum, die Fassaden müssen so dicht sein wie Autotüren. Technisch seien solche Herausforderungen lösbar, Hochhäuser werden ohnehin wie der neue „Golf“ im Windkanal getestet, bevor sie in Bau gehen. Ob die Bewohner des Hochhauses das aber nutzen? In vielen Fällen eben nicht: Le Corbusiers Wohnmaschine „Habitation“ in Marseille hat einen gemeinschaftlichen Dachgarten für alle Bewohner auf einer Höhe von rund 55 Metern. Heute besichtigen Architekturstudenten die ungenutzte „Terrasse“ – die Bewohner verloren das Interesse daran.

50 Meter hoch, 18. Geschoss – den Balkon im Märkischen Viertel überstehen die Geranien gut, berichtet Mieter Rainer Hoffmann aus Erfahrung. Der Balkon bietet zwar nur „Platz für einen Wäscheständer, Sylvester ist die Bude aber immer voll“, sagt er – wegen der tollen Aussicht aufs Feuerwerk laden sich da alle Freunde selbst ein. Die Maschine des Papstes mitsamt Düsenjägern als Begleitschutz hat Hoffmann in Tegel aufsetzen sehen. Deshalb ist er gegen die Schließung des Airports: das Unterhaltungsprogramm in seiner Wohnung im Hochhaus würde darunter leiden.

Staub und Schmutz stören in luftiger Höhe

Weiten Blick und coolen Sound bietet auch die Aussichtsplattform auf dem Glockenturm des Olympiastadions. Pächter Manfred Uhlitz schwärmt vom Rockprogramm der Waldbühne und den anderen Veranstaltungen, die er mit einem Bierchen in der Hand aus 77 Metern Höhe verfolgt, nach Dienstschluss. Ja pfeift der Wind nicht mächtig dazwischen? „Nicht mehr als unten auch“, sagt er. Allerdings ist die Plattform rundherum mit einer Brüstung versehen, die auch als Windschutz dient.

Eher noch stören Staub und Schmutz in luftiger Höhe, berichtet Brigitte Kulicke. Deshalb ist sie froh, dass ihr Vermieter, die Gesobau, bei der Sanierung ihres Hauses im Märkischen Viertel den Balkon verglast hat. Seit 1969 lebt sie in Hochhäusern, zurzeit in der 13. Etage. „Besucher haben Respekt vor der Höhe“. Aber die Rentnerin ist daran gewöhnt. Durch die Verglasung könne sie den Balkon nutzen wie ein weiteres Zimmer – und müsse im Sommer nicht die Möbel vor dem Regen schützen. „Wenn man sie zur Seite schiebt, hat man Balkongefühl“.

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