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Fans jubeln Sonnabend in Berlin auf der Fanmeile vor dem Brandenburger Tor.
© Britta Pedersen/dpa

Fußball-EM 2016 in Berlin: Wieder Hitlergruß auf der Fanmeile

Nach schleppendem Anfang war die zentrale EM-Meile am Sonnabend gut besucht. Beim deutschen Viertelfinale zeigten erneut zwei Männer den Hitlergruß.

Wieder ein hässlicher Zwischenfall auf der Fanmeile: Zwei Männer haben dort am Samstagabend den Hitlergruß gezeigt. Während des Abspielens der deutschen Nationalhymne vor dem Viertelfinalspiel Deutschland gegen Italien hatten mehrere Polizeibeamte und andere Zeugen die jungen Männer in der Straße des 17. Juni beobachtet. Die Polizei konnte die beiden Männer sofort festnehmen. In einer ersten Befragung gestanden beide die Taten. Gegen sie wird nun wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Der für politische Delikte zuständige Polizeiliche Staatsschutz ermittelt gegen die 19- und 22-Jährigen.

Die beiden sollen in einer Gruppe von etwa fünf Personen dort gewesen sein. „Sie standen nicht vor der Hauptbühne, sondern vor der zweiten Leinwand“, berichtete eine Zeugin: „Bei der Nationalhymne legte der Mann seine Hand auf die Brust und sang beherzt mit.“ Mindestens zwei seiner Begleiter hoben den rechten Arm.

Es war nicht der erste Zwischenfall dieser Art. Auch am vergangenen Sonntag beim Achtelfinale war ein Mann festgenommen worden, der den Hitlergruß gezeigt hatte. Während des Vorrunden-Spiels zwischen Deutschland und Polen am 16. Juni war ein 42-Jähriger auf der Fanmeile vorläufig festgenommen worden. Auch dieser hatte beim Abspielen der deutschen Nationalhymne den Arm gehoben. Beim Auftaktspiel der deutschen Mannschaft hatte ein Zuschauer ebenfalls wiederholt den Hitlergruß gezeigt. Die Polizei fahndet mit einer genauen Beschreibung seiner auffälligen Tätowierungen im Nacken und am rechten Arm nach dem Mann mit einem im Internet veröffentlichten Aufruf. Eine Reporterin des Tagesspiegels hatte den Hitlergruß des Mannes an diesem Abend fotografiert und ihn auf die Geste angesprochen. „Hitlergruß? Ich doch nicht. Hab nur gejubelt.“ Den Hinweis, dass dies strafbar sei, kommentierte er offensiv: „Biste ’ne Linke oder was. Biste bei der Antifa? Bist bestimmt bei der Antifa!“

Ob die Stimmung nach rechts kippt, kann die Sprecherin der Fanmeile, Anja Marx, nicht klar sagen. „Früher ist es mir nicht aufgefallen, aber ich kann jetzt nicht spekulieren“, sagt sie. Auch zum wiederholten Nazi-Gehabe gibt sie nur spärlich Auskunft. Von den Vorfällen am Sonnabend wisse sie nichts. Da sei auch die Polizei der Ansprechpartner. „Unsere Ordner melden es auf jeden Fall, wenn sie so was sehen.“

Zwischenfall. Diese Männer zeigten Sonnabend den Hitlergruß.
Zwischenfall. Diese Männer zeigten Sonnabend den Hitlergruß.
© Wiebke Fröhlich

Verwirrungen um Informationen gab es auch bei den Öffnungszeiten der Feierzone. Die Fanmeile sei zu „allen Achtel- und Viertelfinalspielen, den Halbfinals und dem Finale von 13 Uhr bis ca. 0 Uhr geöffnet“, hießt es in der Pressemitteilung des Veranstalters zum Start der EM. Um 13 Uhr steht man nun allerdings vor undurchlässigen Absperrgittern. Geöffnet werde um 16 Uhr, informiert ein Ordner in orangefarbener Weste. Sei immer so bei den Endrundenspielen, erklärt Marx. Die erste Info sei eben falsch gewesen.

Trotz der Unklarheiten war die Fanmeile im Gegensatz zur Vorrunde bei den Viertelfinalspielen gut besucht, sagt die Sprecherin. 150 000 Besucher waren nach ihren Angaben am Sonnabend da – über den Tag verteilt. Die Polizei zählte 65 000. Der Haupteingang musste um 20 Uhr wegen Überfüllung geschlossen werden. Während der Gruppenspiele war der Andrang eher mau, das bestätigte auch Marx. Im Vergleich zur WM 2014 nahmen die Besucherzahlen ab. Beim Viertelfinale Deutschland gegen Frankreich bei der WM 2014 besuchten den Zählungen zufolge immerhin 250 000 Menschen die Fanmeile vor dem Brandenburger Tor. Beim Sommermärchen 2006 seien zum Duell um Platz drei zwischen Deutschland und Portugal laut einem Senatssprecher fast eine Million Menschen auf der Fanmeile gewesen. Der Tagesspiegel berechnete zu der Zeit allerdings, dass auf die damals weit größere Fanmeile nur etwa 150 000 Menschen passen.

Rechtsaußen. Der Vorfall auf der Fanmeile beim deutschen Auftaktspiel.
Rechtsaußen. Der Vorfall auf der Fanmeile beim deutschen Auftaktspiel.
© Wiebke Fröhlich

In den vergangenen Tagen wurde fehlende Begeisterung für das Public Viewing ebenso beklagt wie die vielen betrunkenen Touristen, die statt fußballbegeisterten Berlinern vor den Leinwänden stünden. Vielleicht lag es aber auch nur an den vielen Vorrundenspielen, dass die Stimmung bis jetzt nicht so recht aufkommen wollte. Beschwerden über den „schleichenden Niedergang“ der Fanmeile gab es allerdings auch vor zwei Jahren. Einen Hauch von Sommermärchen brachte damals vor allem das 7:1 gegen Brasilien. Echte Begeisterung kam hier auch erst im Halbfinale auf. Vielleicht müssen die Deutschen einfach Europameister werden, um die Massen auf die Straße des 17. Juni zu bekommen.

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