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Richard von Weizsäcker ist der bisher einzige Politiker, der es als ehemaliger Regierender Bürgermeister von Berlin zum Bundespräsidenten brachte.
© dpa

Straße oder Platz benennen?: Wie würdigt Berlin denn Richard von Weizsäcker?

Nach Willy Brandt ist eine kleine Straße benannt und der BER, nach Konrad Adenauer immerhin ein Platz. Es wird dem Senat einige Mühe bereiten, Richard von Weizsäcker angemessen zu würdigen.

Niemand hat es vor Richard von Weizsäcker zum Berliner Regierenden Bürgermeister und zum Bundespräsidenten gebracht, und auch nach ihm ist kein Kandidat für diese doppelte Würde zu erkennen, sofern nicht Klaus Wowereit noch irgendwie eine wundersame Spätkarriere hinlegt. Das heißt aber auch, dass der Stadt Berlin mit der Ehrung des verstorbenen Präsidenten eine besondere Bürde auferlegt ist.

Straßennamen werden erst fünf Jahre nach dem Sterbedatum vergeben, das ist eine feststehende Regel. Allerdings wäre es wohl nicht verkehrt, schon einmal Überlegungen anzustellen, wo eine Weizsäcker-Straße oder ein Weizsäcker-Platz in Berlin in Frage kämen, bevor dann im Jahr 2020 nur irgendeine Verlegenheitslösung übrig bleibt. Die einzige mit Weizsäcker vergleichbare Person der Geschichte ist Willy Brandt, Regierender und Bundeskanzler – ihm hat Berlin nur eine Verbindungsstraße gleich am Kanzleramt gewidmet, die im Alltag aber kaum eine Rolle spielt, sondern praktisch nur aus dem Briefkopf der Bundeskanzlerin bekannt ist. Andererseits trägt ein ganzer Flughafen Brandts Namen, nur ist der als berühmtester Pleitebau der Republik für Zwecke der Ehrung im Grunde nicht zu gebrauchen.

Die Frage im Zusammenhang mit Weizsäcker wäre beispielsweise, ob nicht beispielsweise das Humboldt-Forum den Namen der ohnehin viel geehrten Forscher zugunsten Weizsäckers ablegen könnte – aber dafür muss es auch erst einmal fertig werden. Und gewiss wäre das Straßenstück zwischen Bismarckstraße und Theodor-Heuss-Platz, heute Kaiserdamm, eine ebenso angemessene wie sinnfällige Ehre, nur sind Namensänderungen bei so bekannten und viel genutzten Adressen immer ein grundsätzliches Problem. Auch als es um Adenauer ging, wurde an diesem Straßenzug viel und letztlich ergebnislos herumgezerrt.

Berlin hat sich ohnehin bei der Würdigung von verstorbenen Präsidenten, Heuss ausgenommen, immer ein wenig schwer getan. Das lag sicher auch daran, dass diese wegen der Status-Probleme West-Berlins eher als Teil der fernen Bonner Republik wahrgenommen wurden. Gustav Heinemann ist immerhin Namenspate einer großen Berliner Schule, und auch eine Brücke im Regierungsviertel konnte für ihn gefunden werden.

Aber die von der Nachwelt nicht ganz so hoch geschätzten oder sogar in Ungnade gefallenen Präsidenten? Heinrich Lübke und Karl Carstens werden in Berlin nicht offiziell gewürdigt, Straßen oder Plätze mit ihrem Namen gibt es fast nur in kleineren Orten mit biografischem Bezug und natürlich in Bonn – in gewisser Weise liegt darin eine posthume Bewertung. Und auch Johannes Rau hat es zwar zum Berliner Ehrenbürger gebracht – aber die nächstgelegene Johannes-Rau-Straße findet sich ausgerechnet in Oranienburg. Das lässt sich fast schon wie eine subtile Rache am Berlin-Skeptiker Rau verstehen...

Ähnliches gilt für die Nur-Bundeskanzler. Für Konrad Adenauer hat sich natürlich seinerzeit zwar keine Straße mehr, gefunden, aber noch ein halbwegs präsentabler Platz, für Ludwig Erhard gelang zunächst nicht einmal das. Ihm hat die Berliner Wirtschaft 1998 immerhin ein ganzes Haus gewidmet, und im Zuge des Regierungsumzugs fand sich auch noch ein passendes Uferstück am Spreebogen. Kurt Georg Kiesinger dagegen ist in Berlin vergessen, während er in Bonn natürlich schon aus protokollarischer Pflicht dauerhaft geehrt wird.

Und wie sieht es bei den Politikern aus, die „nur“ Regierende Bürgermeister Berlins waren? Ernst Reuter, Otto Suhr und Walther Schreiber werden an prominenten Stellen im Stadtbild in Erinnerung gehalten; ihre Nachfolger erfreuen sich entweder noch bester Gesundheit oder sind, wie Klaus Schütz und Dietrich Stobbe, noch nicht fünf Jahre tot. Nur einer ist von der Nachwelt ein wenig stiefmütterlich behandelt worden, nämlich Heinrich Albertz, an den nur noch ein kleiner Platz in Nikolassee erinnert. Es wird interessant sein, zu beobachten, wie später mit Stobbe und Schütz verfahren wird. Wie auch immer: Richard von Weizsäcker ist protokollarisch ganz sicher im Rang von Willy Brandt oder Ernst Reuter anzusiedeln. Seine Ehrung wird dem Senat einige Mühe abverlangen.

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