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Stage Entertainment schafft es mit seinen Musicalproduktionen auch ohne staatliche Subventionen.
© DAPD

Volles Haus ist Pflicht: Wie Theater ohne staatliche Hilfen auskommen

Kultur ist auch ohne Subventionen möglich. Einige Berliner Beispiele beweisen das. Wenn Theatermacher alles selber machen bleiben die Kosten niedrig. Allerdings um den Preis riskanter künstlerischer Abenteuer.

Klar sei Theatermachen ohne Subventionen möglich, sagt Oliver Tautorat. „Jetzt werden mich alle Kollegen hassen, aber wir zeigen hier ja, dass es geht.“ Sein Prime Theater in Wedding existiert seit über sieben Jahren und hat in der Zeit die Zahl der Sitzplätze von 30 auf 230 gesteigert. Die meisten Zuschauer kommen zur Sitcom „Gutes Wedding, schlechtes Wedding“, die dem Mini-Privattheater in jeder neuen Folge bei Eintrittspreisen von acht bis zwölf Euro jährlich 50 000 Besucher beschert. Vier Jahre lang bekam die Bühne eine Basisförderung des Landes von zuletzt 35 000 Euro, seit dem 1. Januar ist die aber weg. Weil Tautorat seine 20 Mitarbeiter weiter über Stadttheatertarif bezahlen will, eröffnet am 14. April gleich nebenan in der Müllerstraße die Prime Time Kantine, die zusätzliches Geld reinbringen soll. Allein aus Karteneinnahmen funktioniere die Selbstfinanzierung bei so niedrigen Eintrittspreisen nicht. „Wir denken bei jeder neuen Produktion zuerst an die Wirtschaftlichkeit“, sagt Tautorat, „und fragen uns, was wollen die Leute sehen?“ Und weil die Theatermacher alles selber machen – Regie, Stücke, Technik, Requisite – bleiben die Kosten niedrig. Allerdings um den Preis riskanter künstlerischer Abenteuer.

Mieten, Werbekosten, Produktionsbudgets und monatlich allein 300 000 Euro an Gagen für Schauspieler, Regisseure und die Gehälter der 80 Mitarbeiter müssten Theater und Komödie am Kurfürstendamm einspielen, sagt Direktor Martin Woelffer. Mit 230 000 bis 250 000 Besuchern im Jahr seien die Ku’damm-Bühnen mit ihren 1400 Plätzen das meist besuchte Sprechtheater der Stadt. Und mit durchschnittlich 22 Euro tatsächlich vom Theatergänger gezahltem Eintritt, verfügen die Bühnen über überdurchschnittlich zahlungswillige Besucher, sagt Woelffer, der auch schon ein, zwei Mal Fördergeld aus Land- und Lottomitteln bekommen hat. Trotzdem rechnet sich das nur, weil sie ihre Produktionen weiter verkaufen und als Tourneeproduktionen durch die Republik schicken. Das System der Berliner Kulturförderung empfindet er als genauso undurchsichtig wie Oliver Tautorat. Wenn Häuser die Fördergelder nutzten, um ihre Eintrittspreise künstlich niedrig zu halten, verzerre das den Markt, sagt Woelffer. „Dann ist den Leuten Kultur immer weniger wert und Privattheater können auf Dauer nicht mithalten.“

Beim kostenintensiven Musiktheater gibt es in der Stadt nur einen frei finanzierten Anbieter, den Musicalriesen Stage Entertainment mit knapp 350 Mitarbeitern in den Häusern Theater des Westens, Theater am Potsdamer Platz und Bluemax Theater und einer Gesamtbesucherzahl von knapp einer Million Euro im vergangenen Jahr. Ein Sonderfall, denn die Stage operiert deutschlandweit, ist nicht darauf angewiesen, die Kosten für jede Produktion auch in Berlin zu verdienen. Das sei auch das Erfolgsrezept, sagt Sprecher Stephan Jaekel und erläutert, dass die Häuser 90 Prozent ihrer Einnahmen aus Kartenverkäufen und zehn Prozent aus Gastronomie und Merchandising-Ständen im Theaterfoyer ziehen. Bei 4100 Besucherplätzen läppert sich das.

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