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Saara von Alten mit ihrem wiedergefundenen Fahrrad. Auf dem Tempehofer Feld in Berlin Tempelhof.
© Doris Spiekermann-Klaas

Diebstahl in Berlin: Wie ich mein geklautes Fahrrad im Internet wiederfand

Als unserer Autorin ihr Fahrrad gestohlen wird, ist ihr Ärger groß. Doch dann entdeckt sie ihr Eigentum bei Ebay. Ein Erfahrungsbericht.

Letztes Jahr wurden fast 100 Räder pro Tag gestohlen. Wie sich das anfühlt, konnte ich vor drei Wochen selbst erleben. An einem Freitagnachmittag lief ich aus dem Büro, um meine Tochter von der Kita abzuholen. Doch in dem Fahrradständer, in dem ich vor wenigen Stunden mein Rad abgestellt und angeschlossen hatte, klaffte eine Lücke. Suchend lief ich über den Hinterhof: nichts. Ich war bestohlen worden.

Der Ärger ist groß, jedes Mal. Mehr als 34.000 Räder wurden in der Stadt offiziell als gestohlen gemeldet, nun gehörte auch meins dazu. Doch meine Geschichte war an diesem Freitag nicht vorbei.

Mein Fahrrad war kein teures Sportrad und nicht sehr originell. Aber es war in gutem Zustand. Am Gepäckträger war der Kindersitz meiner Tochter befestigt. Vorne hatte ich einen Korb angebracht. Sogar mein Regencape und eine Schutzfolie für den Kindersitz hatte ich im Korb liegen lassen. Gesamtwert: 500 Euro.

Fahrraddiebstahl lohnt sich, in den seltensten Fällen werden die Täter erwischt. Die Aufklärungsquote liegt in Berlin bei 3,5 Prozent.

Google führte mich wie von selbst zu meinem Rad

Ich kann nachtragend sein. In meinem ersten Zorn malte ich mir aus, wie ich wochenlang nach gebrauchten Fahrrädern im Netz recherchieren würde, um den Täter zu enttarnen. Im zweiten Schritt tröstete ich mich aber erst mal mit einem neuen Rad – ich bin darauf schließlich angewiesen. Kurios wurde dann die dritte Etappe: Der Algorithmus von Google führte mich quasi wie von selbst zu meinem Fahrrad.

Ich hatte zwei Wochen später im Internet eine Strafanzeige bei der Polizei gestellt. Den Kaufvertrag mit der Rahmennummer hatte mein Mann zum Glück aufgehoben. Um das Fahrrad genauer beschreiben zu können, tippte ich den Namen des Modells in die Internet-Suchmaske ein – und stieß dabei auf ein Foto bei Ebay-Kleinanzeigen.

Und da sah ich es: Mein Fahrrad.

Mit der silbernen Klingel, den dicken unplattbaren Reifen und der LED-Leuchte, all diese Elemente hatte ich nachträglich montieren lassen. Der Internethändler hatte sogar eine vor Jahren entstandene Beule am hinteren Schutzblech einzeln abfotografiert. 250 Euro forderte er für mein Rad. Mein letzter Zweifel verflog, als ich auf einem anderen Fahrrad des gleichen Anbieters meinen Korb und den Kindersitz entdeckte. Sogar die blaue Schutzhülle lag sauber zusammengefaltet dabei. Das alles konnte kein Zufall sein.

Aufgeregt wie das neueste Mitglied von TKKG rief ich die Polizei an. Antwort: Ich sollte mich bei der Wache in meinem Kiez melden. Und dort schmiedeten die Beamten einen Plan.

Die Wohnung des privaten Händlers liegt in Kreuzberg

Einen Durchsuchungsbeschluss hätte man so kurzfristig nicht bekommen. Es war Freitagabend, schon am nächsten Tag hätte das Fahrrad verkauft sein können. Also empfahlen mir die Polizisten, mich als Käuferin auszugeben und telefonisch einen Termin mit dem Händler zu vereinbaren. Am anderen Ende des Apparats meldete sich eine junge Frauenstimme. Im Hintergrund waren Kinder zu hören. Klingt so ein Fahrraddieb?

Zu dem Termin am nächsten Morgen begleiteten mich zwei Streifenpolizisten und eine Beamtin in Zivil. Die Wohnung des privaten Händlers lag in Kreuzberg, zwei Kilometer von dem Ort entfernt, an dem mein Fahrrad auch gestohlen worden war. Die Tür öffnete nicht die Frau vom Telefon, sondern ein Mann mittleren Alters. Als er uns in den entlegenen Fahrradkeller führte, war ich heilfroh, die Polizistin in Zivil an meiner Seite zu wissen.

Zum Glück hatte ich nicht alleine Detektiv gespielt. Der Mann war recht freundlich, allerdings schon einmal wegen Hehlerei auffällig geworden. Er zeigte uns das Rad, das ich sofort als meines identifizieren konnte. Daneben stand ein Damenrad mit meinem Kindersitz und dem Korb.

Der tatsächliche Dieb meines Fahrrads ist noch nicht gefasst

Ich bekundete mein Interesse, sagte aber, dass ich später zurückkommen würde. So hatte ich es mit der Polizei vereinbart. Kurz darauf klingelten die Beamten in Uniform, die im Auto gewartet hatten, an der Haustür des Händlers. Die Rahmennummer stimmte mit der aus meinem Vertrag überein, wenige Minuten später bekam ich mein Rad samt Kindersitz zurück.

Draußen auf der Straße entschuldigte sich der Mann tatsächlich bei mir. Er habe das Rad bei einem Kreuzberger Fahrradladen gekauft, sagte er mir. Einen Kaufvertrag konnte er vorweisen. Wer diesen Vertrag gefälscht hat und wer der tatsächliche Dieb meines Fahrrads ist, ist also noch lange nicht geklärt. Unklar bleibt, ob sich der Mann wissentlich zum Komplizen des Diebes gemacht hat oder selbst Opfer eines Betruges geworden ist. Das wird die Polizei ermitteln müssen. Ob am Ende irgendwer eine Strafe bekommt, steht noch einmal auf einem ganz anderen Blatt.

Ich aber würde nach dieser Erfahrung jedenfalls nie wieder einfach so ein gebrauchtes Rad kaufen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses geklaut ist, ist einfach zu groß.

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