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Im Oktober soll der BER eröffnen. Damit er nicht zur Eröffnung pleite ist, braucht er hunderte Millionen Euro.
© Stefan Kruse/dpa

Teilprivatisierung der Flughafengesellschaft?: Wie ein französischer Konzern dem BER eine Allianz anbot

Im Jahr 2018 schlug ein französischer Flughafenkonzern der FBB ein strategisches Bündnis vor. In Berlin und Brandenburg galt das bisher als Tabu.

Jüngst gab Chefmanager Engelbert Lütke Daldrup für die Flughafengesellschaft (FBB) ein Ziel aus, für die Zeit nach BER-Start, das mitten in der Coronakrise sehr kühn erschien: „Wir haben den Ehrgeiz, uns mit dem Status Quo der Marktanteile nicht zufrieden zu geben!“

Die Krise sei auch eine Chance, das „die Karten im Luftverkehr neu gemischt“ werden, sagte er. Berlin habe den Anspruch, „mehr vom Kuchen zu bekommen.“ Das war vor zwei Wochen. Da war noch nicht bekannt, dass die FBB 2021 und damit nach BER–Start erneut Steuergeld braucht, eine halbe Milliarde Euro, nachdem 2020 bereits 300 Millionen Corona-Hilfe und weitere 108 Millionen für nächstes Jahr bewilligt wurden.

Tatsächlich gäbe es ein Szenario, mit dem Lütke Daldrups Ziel Realität werden und zugleich die dramatische FBB-Finanzkrise entschärft werden könnte: Und zwar, in dem die FBB um einen finanzkräftigen vierten Anteilseigner erweitert würde, was – bislang – in Berlin und Brandenburg politisch als Tabu gilt.

Ein solches Angebot hat es gegeben. Wie aus einer dem Tagesspiegel vorliegenden Korrespondenz aus dem Jahr 2018 hervorgeht, hat die Groupe Aeroports de Paris (ADP Group) der FBB ein strategisches Bündnis vorgeschlagen. Bei der ADP handelt es sich um den noch staatlichen französischen Flughafenkonzern, der den Pariser Großflughafen Charles de Gaulle (CdG) betreibt, weltweit an 26 Flughäfen beteiligt ist, Milliardenumsätze macht.

Der CEO von ADP, Augustin de Romanet, wandte sich in einem Schreiben am 14. Mai 2018 persönlich an Lütke Daldrup, nachdem es zuvor bereits Sondierungen beider Seiten gegeben hatte. Man sei überzeugt von dem zukünftigen Erfolg einer strategischen Partnerschaft zwischen FBB und Groupe „ADP“, schrieb Romanet.

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„Als verlässlicher Industrie- und Finanzierungspartner mit über 70 Jahren Erfahrung im Flughafengeschäft sehen wir großes Potenzial, nachhaltig positiv zur zukünftigen Geschäftsentwicklung vom Flughafen Berlin-Brandenburg beitragen zu können und Synergien zwischen FBB und den anderen Flughäfen unseres Verbundes von 26 Flughäfen weltweit zu schaffen. Beispiele sind Paris-CDG/Orly, Amsterdam Schiphol und die TAV Flughäfen in der Türkei.“ Gerne werde man, so der Chefmanager, mit der FBB und den Gesellschaftern „den Rahmen für eine künftige Zusammenarbeit erarbeiten und diskutieren.“

Eine Allianz könnte Berlin zum gefährlichen Konkurrenten machen

Als Stichworte nannte Romanet den gemeinsamen Betrieb, neue Infrastrukturen und auch das: „der weitere Finanzierungsbedarf“. In einer solchen Airport-Allianz könnte Berlin seine Verbindungen ausweiten, ein gefährlicherer Konkurrent für den Fraport und München werden.

Lütke Daldrup reagierte offen. „Mit Interesse habe ich Ihr Angebot aufgenommen, gegebenenfalls eine strategische Kooperation zwischen uns und der Groupe ADP zu entwickeln und gemeinsam zu erörtern, wie das umfassende Know-How und der breite Erfahrungsschatz der Groupe ADP hinsichtlich Flughafenbetrieb, -entwicklung sowie Finanzierung und Investment genutzt werden kann“, heißt es im Antwortbrief vom 23. Juli 2018 an Romanet. Er bat um weitere Informationen, wies aber auch darauf hin, was zu dem Zeitpunkt Priorität war: „Unser vorrangiges Ziel ist die Inbetriebnahme des BER im Oktober 2020.“

Das war 2018. Eine strategische Flughafen-Allianz von Berlin und Paris kam damals nicht zustande, was dem Vernehmen nach nicht an der französischen Seite lag. Hintergrund war zum einen, dass vor allem das Land Berlin absolut gegen eine Teilprivatisierung der FBB war (und ist). Es war eine Zeit, in der nicht sicher schien, dass der BER tatsächlich im Oktober 2020 eröffnen kann.

Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) – 2019 stand eine Landtagswahl an – soll eine Allianz zu riskant gewesen sein. Eine Sorge Berlins und Potsdams war und ist nach jüngsten Aussagen Woidkes, dass die öffentliche Hand „zu billig“ veräußern müsse. Es gibt Signale, dass ADP nach wie vor interessiert sein könnte.

Um die BER-Finanzen ging es am Montag auch im Sonderausschuss des Potsdamer Landtages. Dort wurden die Autoren einer Studie angehört, die das Finanzdefizit der FBB bis 2024 auf 1,4 bis 1,8 Milliarden Euro beziffert. Die FBB wird 2021 laut Lütke Daldrup zu Kurzarbeit greifen müssen. Die Firma sei von der Corona-Krise besonders betroffen, „weil wir besonders knapp finanziert worden sind.“ 2021 benötigt die FBB von den Eignern nach seinen Worten 540 Millionen Euro. Wenn sich der Luftverkehr nicht weiter erholt, weiter bei 30 Prozent des Niveaus von 2019 stagniert, werde man 2021 sogar 640 Millionen brauchen.

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