Coronavirus wirkt sich auf Berliner Wirtschaft aus: Wer zahlt Schadenersatz für Umsatzeinbußen der Firmen?
Berliner Unternehmer sind verunsichert: Wer zahlt den Schaden? Wo gibt es Hilfe? Erste Infos gab es am Donnerstag in der Wirtschaftsbehörde.
Was mache ich, wenn meine Umsätze wegen des Coronavirus einbrechen? Wird Schadenersatz fällig? Und was kann die Regierung für Hilfen bieten?
All diese Fragen trieben am Donnerstagmorgen den Inhaber eines Berliner Start-ups um, der – wie viele andere mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer – zur Informationsveranstaltung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe nach Schöneberg gekommen war.
Seine Firma lässt nachhaltige Trinkflaschen und Becher in China produzieren, importiert sie und vertreibt sie europaweit, sagt er. Wie die anderen Beteiligten auch wollte er den Namen seiner Firma lieber nicht nennen: Zu unsicher ist die Gesamtlage gerade.
Offen dagegen spricht er über seine Einbußen, die er seit Ausbruch von Covid-19 hat. Seit Ende des chinesischen Neujahrsfestes stehe die Produktion still, da die Fabrikarbeiter nicht mehr arbeiten können, die Händler in Europa warten nun auf die Ware. Den Ausfall bislang beziffert der Unternehmer für seine Firma auf 100.000 Euro – pro Monat.
Veranstaltungen werden abgesagt, die Logistik bricht ein
Wie er sind alle Akteure der Berliner Wirtschaft seit Ausbreitung des Coronavirus betroffen. Daher hatte Sabine Yang-Schmidt, Leiterin des „Berlin Business Liaison Desk“ – das ist die Vertretung der Senatswirtschaftsverwaltung in Peking – bereits vor zwei Wochen diese Informationsveranstaltung konzipiert: Die Fragen der Unternehmer hatten sich nach den ersten Folgeerscheinungen der Virus-Ausbreitung gehäuft.
Nun ist die ganze lokale Wirtschaft mehr oder weniger betroffen, denn selbst wer nicht direkt mit China Handel treibt, bekommt die Gesamtauswirkungen zu spüren: Veranstaltungen werden abgesagt, Flüge gestrichen, die Logistik bricht ein.
Ein erster Überblick über rechtliche Fragen
Eigentlich sollten sowohl die Leiterin der Außenhandelskammer (AHK) Schanghai, eine Vertreterin der Chinesischen Botschaft in Berlin sowie eine Expertin von der Bank of China sprechen – doch die drei mussten die Teilnahme absagen, teilweise auch krankheitsbedingt.
Christian Hipp, Rechtsanwalt der Kanzlei „Beiten Burkhard“, die in Deutschland und China sitzt, gab einen ersten Überblick über die rechtlichen Fragen. Er stellte klar, dass jeder Unternehmer sich zunächst einmal fragen muss, ob er genau seine Lieferkette kennt. „Sie sind wahrscheinlich irgendwo Teil einer längeren Lieferkette“, sagt er.
Wer zahlt den Schaden?
Eine zentrale Frage sei vor allem die nach dem Schadensersatz. Und hier spiele in allen Rechtsordnungen die „Force Majeure“ – so bezeichnen Juristen die höhere Gewalt – die entscheidende Rolle. Doch ob es sich im konkreten Fall eines Unternehmens wirklich um Force Majeure handele, sei nicht immer eindeutig.
So könne man nicht davon ausgehen, dass – je nachdem, ob man sich beim Vertrag auf deutsches oder chinesisches Recht beruft – die entstandenen Schäden wegen des Coronavirus immer auf höhere Gewalt zurückzuführen sein können.
Ein Blick in den Vertrag mit dem Handelspartner sollte der erste Schritt sein. „Wenn bei Ihnen in Sachen Schadenersatz das Wort Epidemie auftaucht, haben Sie schon mal ganz gute Karten“, sagte Hipp. Doch nicht immer seien die Verträge so eindeutig geregelt.
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So sei rechtlich festgelegt, dass wenn ein Schuldner seine Ware nicht liefern kann, er zunächst verpflichtet ist, zu versuchen, diese woanders zu besorgen – auch wenn diese teurer ist, etwa weil die Lieferwege geändert werden müssen.
Die Kanzlei gibt den betroffenen Unternehmen ein paar Handlungsempfehlungen mit auf den Weg: „Dokumentieren Sie die Kommunikation mit Ihren Vertragspartnern gründlich, schreiben Sie Mails“, rät Hipp.
Auch ob es alternative Transportmittel, Lieferquellen oder Fertigung gebe, müsse geprüft werden. Ob es sich um „Force Majeure“ handelt oder eben gerade nicht, solle man sich je nach der Rolle, die man in der Lieferkette spielt, überlegen – also ob einem die höhere Gewalt hilft oder nicht bei den Schadensersatzfragen.
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Sabine Yang-Schmidt wies darauf hin, dass China „umfassende Maßnahmen“ für die Wirtschaft ergriffen habe, von Subventionspaketen über Lohneinsparungen. Diese seien auf den Internetseiten der AHK nachzulesen – allerdings auf Chinesisch. „Holen Sie sich jemanden, der die Sprache kann“, rät Yang-Schmidt.
Wichtig sei für geschädigte Unternehmen zudem, sich ein Zertifikat, das die CCPIT – der chinesische Rat zur Förderung des internationalen Handels – ausstellt, zu besorgen. Das helfe bei der Nachweispflicht für Schäden durch höhere Gewalt.
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In Berlin versuche die Industrie- und Handelskammer Fragen zu beantworten, so gut es derzeit geht. Zudem gebe es bei der Investitionsbank Berlin (IBB) unter Umständen eine Liquiditätshilfe von bis zu einer Million Euro.
Derzeit bekämen nach einer Blitzumfrage der Kammer vor allem das Hotel- und Gaststättengewerbe und der Handel die Corona-Auswirkungen zu spüren.
Eine der großen Sorgen: Dass der Halbmarathon am 5. April abgesagt wird. Doch bei all den negativen Folgen, mit denen sich die Wirtschaft derzeit konfrontiert sieht, gebe es auch Branchen, die profitieren, sagt Yang-Schmidt: E-Learning-Anbieter oder Games-Hersteller. Hier boome der Absatz gerade in China, weil dort so viele Menschen unter Quarantäne stehen.
Tanja A. Buntrock
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