Steigende Einnahmen aus Tourismus-Abgabe: Wer von der City Tax in Berlin profitiert
Der Senat hat mit der „City Tax“ 51 Millionen eingenommen – und zum Teil in Projekte reinvestiert, die Gästen und Wirtschaft zugute kommen sollen.
Tourismus zahlt sich für Berlin aus. Das beweist eine neue Statistik aus der Landesverwaltung, die dem Tagesspiegel vorliegt. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) hat die Einnahmen aus der „City Tax“ ausgewertet – und minutiös ihre Verwendungszwecke aufgelistet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Allein im vergangenen Jahr nahm das Land rund 51 Millionen Euro aus der Touri-Abgabe ein. Das waren rund elf Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die „City Tax“ gilt seit dem 1. Januar 2014 für alle privaten Übernachtungen in Berlin und beträgt fünf Prozent des Netto-Übernachtungspreises. Die Einnahmen fließen zunächst in voller Höhe in den Haushalt des Landes; die Steuer wird nicht zweckgebunden vereinnahmt.
Was aber nicht heißt, dass Teile der Summe nicht wieder zurück in die Tourismusförderung fließen. Insgesamt wurden um die 140 Projekte mit den Einnahmen 2018 gefördert. Senatorin Pop hofft, mit der Förderung sowohl die Bedürfnisse der Gäste, als auch die der Wirtschaft zu befriedigen: „Berlin ist attraktiv, der Tourismus bleibt ein zentraler Wirtschaftsfaktor und Jobmotor. Deshalb haben wir ein Tourismuskonzept entwickelt, indem wir den Tourismus neu und stadtverträglich denken und das Wachstum nachhaltig gestalten“, sagt sie.
Stadtverträglicher Tourismus kenne dabei keine Trennung zwischen Bewohnern und Besuchern. „Wir Berliner nutzen selbst gern touristische Angebote. Unsere Gäste wollen ins echte Berliner Leben eintauchen.“ Zentral sei deshalb die Unterstützung der Bezirke bei ihrer Arbeit. „Wir setzen insbesondere auf Projekte, die Stadtverträglichkeit, Akzeptanz und Nachhaltigkeit des Berlin-Tourismus fördern.“
Senatorin Pop legt bei der Projektförderung nicht zuletzt einen Fokus auf nachhaltigen Tourismus: „Hervorzuheben sind beispielsweise Projekte zur Förderung des Radtourismus oder zur Umrüstung von Sightseeing-Bussen auf Elektroantrieb“, sagt sie.
Nachhaltigkeit im Blick
In Reinickendorf wurde mit Geldern aus dem Landestopf das Konzept einer Fahrradroute um den Tegeler See erstellt, während in Spandau der Aufbau eines Stadtführungsangebots angestoßen wurde. Tempelhof-Schöneberg wiederum investierte Fördermittel in den Imagefilm „Hidden Treasures“ und Marzahn-Hellersdorf hat ein Leitsystem installiert, um Besucher zu den Sehenswürdigkeiten des Bezirks zu lotsen.
Die Mehrheit der geförderten Projekte sind dabei überbezirkliche Vorhaben. So wurden Radrouten zu den Zeugnissen der Berliner Industriekultur mit 211.000 Euro bezuschusst, die Werbekampagne der Berliner Art Week mit rund 300.000 Euro und eine Ausstellung des Fotografen Irving Penn im Museum C/O Berlin mit 275.000 Euro. Doch auch einzelne Unternehmen wurden vom Land gefördert. Der Fremdenführer Berlin City Tours bekam eine Förderung von 550.000 für den Kauf von Sightseeing-Bussen mit Elektroantrieb, der Berliner Bootskonstrukteur Solar Water World wiederum knapp eine Million Euro für ein Solarboot.
In der Opposition wird die Förderung des Tourismus-Sektors grundsätzlich unterstützt. „Es ist es toll, wenn die Zahl der Gäste und der Übernachtungen in Berlin steigt“, sagte der CDU-Politiker Maik Penn dem Tagesspiegel. Penn sitzt für die Union im Abgeordnetenhaus und hatte Wirtschaftssenatorin Pop mit einer kleinen parlamentarischen Anfrage um die detaillierte Auflistung der Förderungen gebeten.
Kritik an Mittelverwendung und Transparenz
„Grundsätzlich gibt es auch nichts dagegen einzuwenden, die Touristen über eine entsprechende Steuer an den Kosten zu beteiligen, die dem Land entstehen“, sagte Penn weiter, „Der Senat sollte dann aber auch dafür sorgen, dass die eingenommenen Steuern primär auch dem Fremdenverkehr zu Gute kommen.“
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Der CDU-Politiker plädiert deshalb dafür, die Förderung auch auf Bereiche auszuweiten, die bislang nicht bedacht wurden. „Der Tourismus in der Stadt stellt auch die Verkehrsinfrastruktur vor große Herausforderungen. Ich würde mir daher wünschen, dass mit den Einnahmen aus der City-Tax künftig auch der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs gefördert wird“, sagte Penn.
Doch auch was die Transparenz der Mittelvergabe angeht, sieht Penn noch Möglichkeiten zur Verbesserung. „Im Idealfall sollte die Förderung der Bezirke an ein Tourismuskonzept geknüpft sein. Damit ließe sich sicherstellen, dass die ausgezahlten Mittel auch tatsächlich einen nachvollziehbaren Effekt vor Ort haben“, sagte er. „Leider haben aber gerade einige von Touristen stark frequentierte Bezirke wie Friedrichshain-Kreuzberg oder Mitte bislang keine Konzepte vorgelegt. Da sehe ich dringenden Nachholbedarf.“
In der Berliner Wirtschaft wird die „City Tax“ kritisch gesehen. „Die Steuer ist nicht verfassungskonform“, sagt Thomas Lengfelder, Hauptgeschäftsführer des Berliner Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga. Die Branche werde durch sie stark belastet.
„Vor dem Bundesverfassungsgericht ist deshalb unsere Klage gegen die Steuer anhängig.“ Aktuell würden die Verbände angehört. „Unsere Branche ist zum verlängerten Arm des Finanzamtes geworden“, klagt Lengfelder. Das führe zu mehr Bürokratie für die Unternehmen und höheren Preise für die Kunden.
Seine Branche werde deshalb gegenüber anderen Wirtschaftszweigen benachteiligt: „Im Gegensatz zu vielen Konzernen machen wir Hoteliers in Berlin nicht nur Umsatz, sondern zahlen hier auch Steuern. Jährlich fließen zwei Milliarden Euro aus unseren Kassen zum Fiskus.“