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In Berlin schätzt der Senat die Zahl der Pflegebedürftigen auf 200.000.
© Oliver Berg/dpa

Berliner Senat: Wer Angehörige pflegt, soll nicht draufzahlen

Der Senat will die Gesetze reformieren und finanzielle Hilfen erhöhen. Allerdings ist dafür der Bund zuständig.

Für fast jeden zehnten Beschäftigten in Deutschland beginnt nach der Arbeit die nächste Aufgabe: Die Pflege von mindestens einem Angehörigen, Nachbarn oder Freund. Allein in Berlin geht der Senat von rund 200.000 Pflegebedürftigen aus – Tendenz steigend. Laut Bevölkerungsprognose wird sich bis 2030 die Zahl der über 80-Jährigen in der Stadt fast verdoppeln. Bislang werden in professionellen Pflegeeinrichtungen nur etwa 24 Prozent aller Pflegebedürftigen betreut. Gut die Hälfte aller Menschen, die in Berlin auf Hilfe angewiesen sind, werden zuhause allein von Angehörigen gepflegt.

„Im Alltag bedeutet das große Herausforderungen, manchmal auch Überforderung“, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kolat am Dienstag bei der Präsentation eines Strategiepapiers, das die Situation der Pflegenden verbessern soll. Der Berliner Senat hatte es zuvor in seiner Sitzung verabschiedet. „Der Beschluss gibt einen Rahmen für die Arbeit der kommenden Jahre vor“, sagte Kolat. Die SPD-Politikerin setzt dabei auch in Zukunft auf die private Pflege, will die Bedingungen dafür aber verbessern. „Wer Angehörige pflegt, darf dafür keine finanziellen Einbuße hinnehmen müssen“, sagte Kolat.

„Viele trauen sich nicht, das beim Arbeitgeber anzusprechen“

Genau das passiert aber wohl noch in vielen Fällen. „Viele trauen sich nicht, das beim Arbeitgeber anzusprechen“, sagt Kolat. Die Problematik hat die Politik eigentlich schon vor Jahren erkannt und reagierte mit dem Pflegezeitgesetz und dem Familienpflegezeitgesetz. Sie sollten es Arbeitnehmern erleichtern, parallel zu ihrer Arbeit auch Angehörige zu pflegen. „Die Gesetze wirken aber nicht“, sagte Kolat. Sie fordert eine Reform und will Lohnersatzzahlungen für private Pflegende.

Darüberhinaus soll die Pflegeversicherung in Deutschland zu einer Vollversicherung werden, damit für Pflegebedürftige mit geringen Einkommen keine Zusatzkosten entstehen. Außerdem will der Senat einen Rechtsanspruch auf einen Tagespflegeplatz in Anlehnung an das Recht auf einen Kita-Platz. Ein Vorschlag, den Kolat bereits am Wochenende in einem „Pflege-Manifest“ der SPD auf einer parteiinternen Klausurtagung vorgestellt hatte. „Beim Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind wir schon sehr weit, bei Beruf und Pflege fehlt es dagegen an staatlichen Mitteln“, sagte Kolat.

Umgesetzt werden die Vorschläge des Senats indes aber erst einmal nicht. Alle Vorhaben betreffen Bundesgesetze. Auch eine Bundesratsinitiative sei vorerst nicht geplant, sagte Kolat: „Dafür ist das Thema zu neu.“ Sie hofft nun, auch andere Länder für die Pflege-Pläne gewinnen zu können. Konkrete Maßnahmen zur Verbesserung für Pflegende in Berlin kann Kolat am Dienstag aber nur bedingt verkünden. Man wolle die „Woche der pflegenden Angehörigen“ stärken und die 36 Pflegestützpunkte bekannter machen.

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