Versteigerung im Hotel Bogota: Wenn Geschichte unter den Hammer kommt
Vom Eierbecher bis zum Fluchtplan: In dieser Woche wird die gesamte Einrichtung des Hotel Bogota versteigert. Auch ein paar Hinterlassenschaften von Promis bekommen neue Eigentümer.
Seltsam, diese atmosphärische Mischung aus Auflösung und Anfang. Sie schwebt in den Erdgeschossräumen des Hotels Bogota, während am Sonntagnachmittag serienweise Einrichtungsgegenstände und Inventar versteigert werden. Das Bogota, bei Künstlern beliebtes Haus in der Schlüterstraße, ein paar Meter vom Ku’damm entfernt, hat den Hotelbetrieb zum 1. Dezember nach einer Räumungsklage einstellen müssen. Zum langen Abschied gehörte auch ein Abend mit Tangotanz. Der Tanzabend hat einem jungen Mann so gut gefallen, dass er am Sonntagnachmittag gekommen ist, um mitzubieten. Er ersteht ein Röhrenradio von Grundig „3024 Hifi Zauberklang“ mit „Wunschklangregister“ für 50 Euro: neuer Anfang für ein altes Radio.
Hanna Schygulla residierte oft im Hotel Bogota
Hotelbetreiber Joachim Rissmann und die Malerin Caroline Weihrauch machen aus der im Grunde schnöden Auktion eine kleine Hommage an das alte Hotel. Unmöglich, Hanna Schygulla nicht zu erwähnen, die viele Male im Bogota übernachtet hat: Rissmann hält eine DVD mit einem 30-Minuten-Film hoch, gedreht mit Schygulla in einem Hof-Zimmer des Bogota. Mit Schlüsselanhänger im klassischen Hotelschlüsselanhängerdesign geht der Film mit 50 Euro in die Versteigerung. Am Ende ersteigert eine mittelalte Dame in Beige beides für 90 Euro.
So ziemlich alle bewegliche Habe aus vielen Hotelbetriebsjahren wird nun verkauft – Rissmann muss Mietschulden begleichen. Im Auktionsraum stehen auf altem Parkett Stühle, Tischchen, Schränke und Lampen, Ölgemälde der eher dekorativen Art sind zu kaufen für ein paar hundert Euro für Leute, die in den kommenden Tagen noch vorbeischauen wollen. In der Auktion konzentrieren sich Weihrauch und Rissmann auf Gegenstände, die direkt mit dem Hotelbetrieb verbunden sind. Malerin Weihrauch, die vorhat, das Bogota auf Bildern zu erhalten und schon der „Paris Bar“ zu frischer Leuchtkraft verholfen hat, bewirbt Fluchtpläne, wie sie in Hotelzimmern hängen müssen. Ein „Fluchtplan aus Zimmer 330“, schwarz- weiß der Grundriss der Etage samt Hinweis auf Notausgänge, geht für 15 Euro in die Versteigerung, fünf-Euro-weise steigt der Preis, bis ein Mann für 30 Euro den Zuschlag bekommt.
Helmut Newton lernte hier das Fotografieren
Ein Fotograf ersteht für 80 Euro ein Buch über das Bogota, in dem sich ein Foto befindet, das Betreiber Rissmann vor Jahren von dem Fotografen Helmut Newton in der fünften Etage gemacht hat: Newton hatte das Fotografieren in den dreißiger Jahren in diesem Haus in der Schlüterstraße 45 gelernt; seine Lehrmeisterin war die damals berühmte Fotografin Else Ernestine Neuländer. Sie wurde 1942 von den Nazis ermordet.
Geschichte und Geschichten, ein bisschen großes Berlin von gestern, verbinden viele mit dem Hotel Bogota, so dass auch Frühstückssets mit Eierbechern ihre Käufer finden. „Hier haben Kulturleute gelebt“, sagt Caroline Weihrauch, und eine Menge junger und nicht mehr so junger Leute wollen etwas von der Bogota-Atmosphäre mitnehmen, und sei es in Gestalt von unauffälligen Frühstückseierbechern. Der Ausverkauf in der City West geht weiter, speziell im Bogota nur noch in der kommenden Woche.
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