Neuer Verkehrssenator: Weiterbau der A100: Schwerstarbeit für Andreas Geisel
Andreas Geisel will als neuer Verkehrssenator die A 100 weiterbauen und den Stadtring nach und nach schließen. Seine Partei, die SPD, muss er davon aber noch überzeugen.
Der designierte neue Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) setzte seinen Schwerpunkt bisher aufs Bauen, doch auch im Verkehrsbereich für den er nun ebenfalls zuständig sein wird, schlägt er noch vor Amtsantritt Pflöcke ein. Öffentlich hat er sich bereits dafür ausgesprochen, die Stadtautobahn A 100 mindestens bis zur Frankfurter Allee weiterbauen zu wollen. Über Stadtstraßen solle es dann Anschlüsse zur A 100 in Wedding und zur A 114 in Pankow geben. So soll der Ring um die Innenstadt geschlossen und ein Anschluss nach Norden geschaffen werden.
Von der Fortsetzung des Autobahn-Baus muss Geisel seine Genossen aber erst noch überzeugen. Dem 16. Bauabschnitt der A 100, an der seit 1956 gebaut wird, stimmte ein Landesparteitag der SPD 2010 erst nach langen Querelen zu. Für das Bauen hatten sich der Noch-Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und sein nominierter Nachfolger Michael Müller vehement eingesetzt. Auf einem vorangegangen Parteitag hatten die Delegierten den Weiterbau noch abgelehnt. Auch bei der Zustimmung gab es nur eine knappe Mehrheit.
Seit 2013 wird nun am Abschnitt zwischen dem Dreieck Neukölln und dem Treptower Park gebaut. Klagen vor Gericht waren erfolglos. An der Beermannstraße müssen jetzt die letzten Mieter aus den Häusern ausziehen, die der Autobahn weichen müssen.
Vor Geisel liegt eine Heidenarbeit, wenn er auch für den Weiterbau bis zur Frankfurter Allee eine Mehrheit in der Partei hinter sich bringen will. Noch gibt es keinen Beschluss dazu - aber viele kritische Stimmen. Der Bau würde sehr teuer, weil nach derzeitigen Plänen die Autobahn auf diesem 17. Bauabschnitt in einem doppelstöckigen Tunnel liegen würde. Bereits der 3,2 Kilometer lange 16. Abschnitt gehört mit veranschlagten Kosten in Höhe von 473 Millionen Euro zu den teuersten in Deutschland. Die Planer begründen dies auch mit einem hohen Aufwand für den Lärmschutz. Der 17. Abschnitt würde noch teurer.
Der volle verkehrliche – und stadtstraßenentlastende – Effekt stellt sich allerdings erst ein, wenn die A 100 bis zur Frankfurter Allee führt. Das Bundesverkehrsministerium, das den Bau finanziert, hat bei der Bewilligung des 16. Abschnitts auch die 17. Etappe vorausgesetzt. Für den aktuellen Bundesverkehrswegeplan ist sie vom Land auch angemeldet worden.
Und am Bahnhof Ostkreuz, der derzeit umgebaut wird, gibt es eine Vorleistung für den 17. Abschnitt. Für rund 16 Millionen Euro wurde unter den Gleisen eine Betondecke und seitliche Stützwände in den Boden gebracht, damit bei einem späteren Autobahn-Bahn der Bahnverkehr nicht mehr beeinträchtigt wird.
Um den Autobahn-Weiterbau zur Frankfurter Allee auch in der Partei durchsetzen zu können, muss Geisel als Senator auch an anderen Flanken aktiv werden. Die Delegierten hatten dem Weiterbau 2010 nur unter der Bedingung zugestimmt, dass es „Komplementärmaßnahmen“ gibt. Dazu gehört unter anderem das Verengen von Straßen, mit dem Ziel, dort den Verkehr zu reduzieren. Dies ist bisher nur in einem bescheidenen Umfang erfolgt.
Häufig wurden zwar zu Lasten einer Fahrspur für den Autoverkehr Radstreifen auch an Hauptstraßen angelegt; der Verkehr hat dadurch aber kaum oder gar nicht abgenommen. Vorher wurden die Autos häufig durch parkende Fahrzeuge in der zweiten Reihe blockiert, was zu stetigen Spurwechseln führte, die das Tempo drosselten. Heute wird oft der Radstreifen zum Kurzparken missbraucht, während auf der Autospur der Verkehr ungehindert rollt.
Vorgesehen war bei den „Komplementärmaßnahmen“ auch, die Parkraumbewirtschaftung zu zentralisieren und weitere Tempo-30-Abschnitte auf Hauptstraßen zu schaffen. Fürs gebührenpflichtige Parken sind aber bis heute weiter die Bezirke zuständig. und auf den Hauptstraßen ist – bis auf wenige Ausnahmen – auch heute Tempo 50 zulässig. Anders übrigens als in New York, wo die Vorschriften seit kurzem als Höchstgeschwindigkeit 40km/h vorsehen. Die Delegierten hatten auch verlangt, dass der Senat angekündigte Lärmschutzmaßnahme umsetzt und Schallschutz für die Stadtautobahnen verwirklicht. Hier hat Geisel noch viel zu tun. Der Senat hat bisher nicht einmal den Lärmaktionsplan 2013–2018 verabschiedet, was zuletzt für Sommer 2014 vorgesehen war.
Leichteres Spiel hat Geisel bei einem weiteren Straßenneubauprojekt, für das er sich einsetzen will: die Tangentiale Verbindung Ost (TVO) zwischen der Märkischen Allee in Marzahn und der Straße An der Wuhlheide in Oberschöneweide. Sie ist in der Partei weit weniger umstritten als die A 100. Allerdings hatte Geisel als Bezirksbürgermeister von Lichtenberg die vom Senat vorgesehene Trassenführung abgelehnt und sich für eine andere Variante eingesetzt, die aber teurer gewesen wäre.