Postzustellung über die Feiertage: Weihnachtsgrüße mit der Schneckenpost
Langsame Post. Warum brauchen Weihnachtsgrüße von Mariendorf nach Kleinmachnow eine gute Woche? Eine Glosse
Alles wird teurer. Selbst für Dinge oder Dienstleistungen, die früher gratis waren, heißt es heute ordentlich blechen. Man nehme zum Beleg nur ein paar Verse aus einem harmlosen Kinderlied, um 1900 soll es entstanden sein: „Ri-ra-rutsch, wir fahren mit der Kutsch. / Wir fahren mit der Schneckenpost, wo es keinen Pfennig kost’. / Ri-ra-rutsch, wir fahren mit der Kutsch.“
Keinen Pfennig – das muss man sich mal vorstellen! Heute verlangt die Post für den Transport eines Briefes 70 Cent, freilich ohne Garantie, dass es schneller als im Schneckentempo geht. Ja, allzu oft hat man sogar den Eindruck, dass es immer langsamer geht. Die Schnecke dagegen? Geradezu ein Renntier.
Auch der "Spiegel" liegt zwei Tage zu spät im Briefkasten
Vergessen wir die Liebesbriefe, die sich in eine versteckte Ritze des Briefkastens verirrten und erst Jahrzehnte später entdeckt und zugestellt wurden – man hört ja immer mal wieder von solchen Fällen. Sie kommen vor, sind eher kurios als ärgerlich. Der „Spiegel“, an sich samstags auf dem Markt und doch wiederholt erst montags im Kasten – geschenkt. Was sind schon zwei Tage Verspätung.
Nein, hier geht es nachträglich um die Enttäuschung zu Weihnachten, als statt der gewohnten Fülle an goldglitzernden Grüßen diesmal kaum etwas im Briefkasten steckte, nicht kurz vor dem Fest und auch nicht am Tag danach. War man so schnell in Vergessenheit geraten?
Nein, war man nicht. Nur hatten die Absender der Weihnachtskarten und -briefe, die im vorliegenden Fall doch noch verspätet eintrudelten, leider nicht mehr das muntere Liedchen der Christel von der Post im Ohr: „Nur nicht gleich, nicht auf der Stell’, / Denn bei der Post geht’s nicht so schnell!“ Klar, das kennen Sie. Aus dem „Vogelhändler“, 1891 in Wien uraufgeführt, zu Ur-Opas Amüsement und doch noch immer aktuell. Oder wieder?
Der Brief war am 21. Dezember abgestempelt
Zwei postalische Sendungen stachen aus dem Packen vorweihnachtlicher Grüße heraus, die gemeinsam am 28. Dezember plötzlich doch noch im Kasten steckten. Der eine hatte nur einen Weg von Mariendorf nach Kleinmachnow hinter sich, eine Strecke von gut 15 Kilometern, zu Fuß in, sagen wir mal, drei Stunden zu schaffen. Allerdings war der Brief am 21. Dezember abgestempelt, hatte für diese Entfernung genau eine Woche benötigt, was doch selbst in der Weihnachtszeit, höflich gesagt, überrascht.
Die zweite Überraschung kam dagegen direkt aus der Wüste, hatte mehr als 9000 Flugkilometer hinter sich, stammte aus Tucson, Arizona, einer mittelgroßen Universitätsstadt, Fans von John Wayne & Co. durch die Westernstadt „Old Tucson“ bekannt. Bei der U.S. Mail war die Karte aus dem Wilden Westen ebenfalls am 21. Dezember eingesteckt worden, am selben Tag wie der Brief in Mariendorf. Das legt einen Rat an die Deutsche Post nahe: Vielleicht versucht sie es mal mit dem Pony Express.