CDU-Konferenz zur Mobilität: Wegner: "Wir dürfen nicht auf Verbote und Umerziehung setzen“
Die CDU Berlin diskutiert zum Thema Verkehr. Sie will weg vom Auto-Image, hin zu grüner Mobilität. Aber ohne Verbote, sagte ihr Landeschef Kai Wegner.
Inhaltlich erneuern will sich die Berliner CDU - vor allem beim Thema Mobilität. Die Partei wird noch häufig als Autofahrerpartei gesehen. Der Landeschef Kai Wegner möchte das ändern. So ganz im virtuellen Raum trifft sich die Berliner CDU heute auch deshalb mit über 400 Mitgliedern. Bei ihrer ersten digitalen Mitgliederkonferenz diskutiert die Partei seit 10 Uhr über das Thema Mobilität. Die Ergebnisse der Diskussionen sollen in die Beratungen zum Wahlprogramm für Abgeordnetenhauswahl 2021 einfließen.
Mit dieser Konferenz setze die CDU Berlin "ihren Weg der inhaltlichen Erneuerung konsequent fort", sagte Kai Wegner. Nicht nur für Autofahrer, auch für Fußgänger und Fahrradfahrer möchte die CDU nun Politik machen. Und Kai Wegner betonte in seiner Eröffnungsrede der Konferenz, dass die CDU - ganz anders als der rot-rot-grüne Senat - hierbei aber nicht "auf Verbote und Umerziehung" setzen dürfe, sondern durch bessere Angebote im ÖPNV und etwa sichere, ausgebaute Radwege sollen die Menschen von ganz allein das Auto zukünftig stehen lassen. Wer mit dem Auto fahren müsse, solle auch in Zukunft die Möglichkeit dazu haben
Im Ersten Panel geht es vor allem um die Zukunft des Autos
Schon in der ersten Diskussionsrunde aber zeigten sich die "eingeladenen" Gäste - über eine Videokonferenz zugeschaltet - diesem Wunsch eher skeptisch gegenüber. Tom Kirschbaum, Geschäftsführer von Door2Door, sagte, er glaube man könne nicht allein mit guten Angeboten die Menschen zum Umsteigen bewegen. Das Start-Up Door2Door entwickelt Car-Sharing Software, es hatte die Fahrdienst "Allygator Shuttle" gegründet. Kirschbaum sagte, man müsse auch über Regulierung und Sanktionierung bestimmte Effekte erzielen. "Ob das nun eine City-Maut sein muss, sei dahingestellt. Aber nur mit Angeboten wird es nicht gehen", sagte Kirschbaum. Die CDU hatte ihre Mitglieder nach einer City-Maut in der Innenstadt befragt: 77 Prozent lehnen die ab. Kirschbaum mahnte noch mit Blick auf den "Berlikönig" an, dass es nicht gehe, dass die Verkehrswirtschaft überwiegend durch Private geleistet werde, wie im Falle vom Berlkönig durch Daimler, aber öffentliche Interessen erfüllen soll.
VDA fordert sich nicht nur auf eine Technoligier festzulegen
Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie VDA, sagte, sie wünsche sich, dass technologieoffen diskutiert werde. „Das Elektrosegment ist ein wichtiges, aber nur zehn Prozent der Kunden möchten diese auch abnehmen“. Man dürfe sich nicht nur auf eine Technologie festlegen. „Ich glaube, wir sind insgesamt in einer großen Bewegung, aber wir befinden uns in einer Konjunkturkrise."Ich wünsche mir, dass wir den Mut haben, jetzt Impulse zu setzen, damit Käufer zurückkommen. Außerdem forderte sie den massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur, auch im privaten Bereich.
"Macht eine progressive Fahrradpolitik", rät der CDU-Verkehrsminister aus NRW
In einer zweiten Diskussionsrunde soll es weniger ums Auto, mehr um Nahverkehr und andere Verkehrswege gehen. Der über Videokonferenz zugeschaltete Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU) fordert das bessere Ineinandergreifen von allen Verkehrsträgern. Dies sei die „Königsdisziplin“, verlässlich und bequem müsse es sein. "Das Auto hat eine wahnsinnige Bequemlichkeit", die anderen Verkehrsträger müssen diese ebenfalls in Zukunft haben.
Einmal bezahlen, alles nutzen. Die Digitalisierung biete hier für das "Durchbuchen von Wegeketten von allen Verkehrsträgern" Möglichkeiten. Die Berliner CDU-Mitglieder finden die Idee gut: In der online Abstimmung parallel zur Diskussion sprachen sich 91 Prozent dafür aus, ein Ticket, eine App, eine Plattform für alle ÖPNV-Angebote nutzen zu wollen. "Das dürfte ein dickes Brett zu bohren sein", sagte der Generalsekretär der Berliner CDU, Stefan Evers, dazu.
Für die Berliner CDU hatte der NRW-Minister einen Tipp: „Ich kann die CDU Berlin nur ermuntern: Macht eine progressive Fahrradpolitik!“, sagte Wüst. Die CDU in NRW mache das bereits seit drei Jahren. Das tue der CDU politisch gut. „Traut euch da ran, es ist eine große Chance.“ Eine Politik fürs Fahrrad sei nicht sofort eine Politik gegen das Auto.
Sigrid Nikutta wünscht sich von der CDU eine "Vision für die Mobilität ohne Ideologie"
Auch die ehemalige Berliner BVG-Chefin Sigrid Nikutta, inzwischen Vorstandsvorsitzende bei der Deutschen Bahn von DB Cargo, sagte, sie wünsche sich von der CDU eine Vision der Mobilität, aber ohne Ideologie. Sie regte den massiven den U-Bahnausbau an. „In Berlin hätten schon einige Ubahnen längst gebaut werden müssen“, sagte Nikutta. Der Landesverband will nun alle Impulse, die auch schriftlich von Mitgliedern eingereicht worden waren, diskutieren, die Finanzierung und Machbarkeit prüfen und dann ins Wahlprogramm für die Berlin-Wahl 2021 einfließen lassen. „Wir müssen wirklich alle Berlinerinnen und Berliner in den Blick nehmen und keinen zurücklassen. Mobilität ist Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“. Wegner sagte, der Bund gebe „eine Menge Geld“ im Rahmen des Konjunkturpakets. „Wir müssen wirklich Druck machen, dass die Verkehrssenatorin stärker auf Bundesmittel zurückgreift.“
U-Bahn-Ausbau, Wassertaxis, mehr Sicherheit im ÖPNV
Wegner sprach sich für den U-Bahnausbau, etwa bei der U7 bis zum BER, aber auch im Norden ans Märkische Viertel aus. Außerdem will die CDU den ÖPNV „sicher, sauber und pünktlich“ machen und die Frequenz so erhöhen, dass die Berliner nur höchstens zehn Minuten auf jedes Verkehrsmittel warten müssen.
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Auch die Einführung von Wassertaxis wolle Wegner „in den Blick nehmen“. Außerdem müsse es Antworten auf das Sicherheitsbedürfnis der Berliner geben. Videokameras sollen flächendeckend an allen Bahnhöfen installiert werden. Die CDU will aber auch die früher einmal eingesetzten Doppelstreifen der Polizei weder einführen.