Bundestag beschließt Mietpreisbremse: Was wird aus den Mieten in Berlin?
Der Bundestag hat am Donnerstag die Mietpreisbremse beschlossen. Makler sind empört, Wohnungssuchende freuen sich. Aber wie wirkt sich das neue Gesetz auf den Wohnungsmarkt aus?
Jetzt hat der Bundestag sie beschlossen, die lange umkämpfte Mietpreisbremse. Die Zustimmung des Bundesrats gilt als sicher. Bereits Mitte des Jahres wird der Spielraum für Mieterhöhungen somit begrenzt, zudem verändert sich die Bezahlung der Makler. Berlin und andere Ballungsgebiete, die unter Wohnungsnot und steigenden Mieten leiden, wollen das Gesetz dann unverzüglich anwenden.
Wie funktioniert die Mietpreisbremse?
Ganz einfach: Wer eine Wohnung neu vermietet, darf maximal zehn Prozent mehr Miete verlangen, als am Markt sonst üblich. Wie viel das genau ist, kann in Berlin und vielen anderen Regionen im Mietspiegel nachgelesen werden, der alle zwei Jahre neu erscheint. Beispiel gefällig? Beträgt die ortsübliche Miete 6 Euro je Quadratmeter und Monat, dann darf die neu vermietete Wohnung maximal für 6,60 Euro angeboten werden. Eine Verdoppelung der Miete beim Wechsel des Wohnungsnutzers, wie sie in Berlin dieser Tage üblich ist, wäre dann nicht mehr möglich.
Welche Ausnahmen gibt es?
Für Neubauten gelten die Regelungen nicht. Wer also Wohnungen auf Baugrundstücken schafft, kann auch weiterhin so viel Miete verlangen, wie der Markt hergibt. Und auch für Altbauten, die bereits heute teuer vermietet werden, spielt die Kappungsgrenze (fast) keine Rolle: Zieht der Mieter aus, kann der Vermieter die Wohnung erneut zum selben Preis vermieten – auch wenn die Miete weit oberhalb des sonst am Ort Üblichen liegt. Und noch eine Ausnahme: Saniert der Eigentümer die Wohnung so gründlich und investiert dabei ein Drittel der Kosten, die für einen Neubau anfallen würden, muss er sich bei der ersten Neuvermietung auch nicht an die Mietpreisbremse halten.
Was bringt das neue Gesetz den Mietern?
Schwer abzuschätzen. Wer weiß schon beim Einzug in die neue Wohnung, wie viel sein Vormieter bezahlt hat? Der Hauseigentümer ist jedenfalls keineswegs dazu verpflichtet, Altverträge offenzulegen. Natürlich kann ein Mieter, der viel mehr bezahlt als ortsüblich, einfach mal auf Verdacht den Vertrag angreifen. Er sollte dann aber die Nerven und das Geld haben, den Hauseigentümer notfalls zu verklagen. Die meisten Mieter werden das wohl nicht riskieren, zumal der Ausgang eines Rechtsstreits kaum vorauszusagen ist. Der Berliner Mieterverein will deshalb Klagen begleiten.
Wenn ein Neumieter den Eindruck hat, viel mehr als sein Vormieter zu zahlen, kann er den Vermieter um Auskunft über die vormalige Miethöhe bitten. Außerdem muss er den Vermieter schriftlich „rügen“, nur dann sichert er seinen Anspruch auf die Kappung der Miete. Er kann auch Nachbarn nach Namen und Telefonnummer des Vormieters fragen und diesen um Zusendung einer Kopie des früheren Mietvertrages bitten.
Was ändert sich bei Maklergebühren?
Künftig bezahlt derjenige den Makler, der ihn beauftragt hat. In vielen Städten wie Berlin war das bisher anders: Fast immer sind es zwar die Eigentümer, die einen Makler mit der Vermietung beauftragen, die Provision kassierte der Makler aber vom Mieter bei Unterzeichnung des Mietvertrages. Zudem sollen dem neuen Gesetz zufolge Maklerverträge, die den Mieter binden, nur noch wirksam werden, wenn sie in schriftlicher Form gefasst und als ausdrücklicher Suchauftrag formuliert sind. Und: Der Vermittler darf für Wohnungen, die bei Vertragsabschluss bereits in seinem Bestand sind, keine Provision kassieren.
Der Berliner Mieterverein befürchtet, dass die Makler das Gesetz umgehen könnten. Geschäftsführer Reiner Wild rechnet damit, dass deutlich weniger Wohnungsanzeigen in den großen Internetportalen geschaltet werden. Mieter werden sich dann an Makler wenden müssen, die exklusiv Zugang zu einem Pool leer stehender Wohnungen haben. Der Makler wird den Mieter dann auffordern, ihn mit der Wohnungssuche zu beauftragen – und schon hat er auch einen Anspruch auf Zahlung einer Gebühr.
Die Reaktion von Maklern und Verbänden
Was sagen die Makler dazu?
„Keiner hat vor, das Gesetz zu umgehen“, sagt der Berliner Chef vom Immobilienverband Deutschland (IVD), Dirk Wohltorf. In Hamburg mag das in „absoluten Einzelfällen“ vorgekommen sein, die rund 1500 Berliner Makler dagegen führten zurzeit Gespräche mit den Vermietern, wie die Zusammenarbeit künftig aussehen könne. „Da gibt es dann alle möglichen Antworten“, sagt Wohltorf – von der Bereitschaft, den Makler zu bezahlen, bis zur Ansage, künftig ohne professionelle Hilfe nach Mietern zu suchen. Dass die Branche nun ruiniert wird, damit rechnet aber weder der IVD noch der Ring Deutscher Makler (RDM). Ihre Prognose: Die Vermieter werden sich nach einer Phase scheiternder Selbstversuche wieder an die Profis wenden, weil die Auswahl des richtigen Mieters viel Zeit und Nerven kostet.
Wie reagieren die Verbände?
Höchst unterschiedlich. „Die Entscheidung des Bundestags wird die Gerichte belasten und das Vermieter-Mieter-Verhältnis verschlechtern“, sagt der Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses, Andreas Mattner. Der Streit werde sich an der Definition entzünden. Dann ginge es darum, wie hoch eine „ortsübliche Miete“ wirklich sei . Dagegen nannte der Chef des Mieterbundes Lukas Siebenkotten den Bundestagsbeschluss einen „guten Tag für die Mieterinnen und Mieter in Deutschland“. Nur „die vielen Ausnahmen und Einschränkungen bei der Mietpreisbremse“ bedauert er.
Wie wird Berlin die Mietpreisbremse umsetzen?
Der Senat muss dazu eine Verordnung erlassen, sobald das Gesetz in Kraft ist. Voraussetzung dafür ist, dass die Stadt ein „Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt“ ist. Daran besteht in Berlin kein Zweifel, denn weniger als vier Prozent der Wohnungen stehen leer. Außerdem wächst die Stadt um mehr als 40 000 Einwohner jährlich, die Zahl der neu gebauten Wohnungen liegt aber bei weniger als 10 000. Wegen der großen Nachfrage von Suchenden liegen die Mieten vieler sofort vermietbarer Wohnungen doppelt so hoch wie laut Mietspiegel ortsüblich.
Was unternimmt der Senat sonst noch gegen die Wohnungsnot in der Stadt?
Er hat den Schutz von Mietern vor Kündigung verbessert und das Geschäft mit der Sanierung und Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen begrenzt. Auch ist eine Verordnung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum etwa durch die Umwandlung in Hostels oder Büros in Kraft getreten. Der Spielraum für Mieterhöhungen wurde verringert. In „sozialen Erhaltungsgebieten“ darf es per Verordnung außerdem keine Luxussanierungen geben. Landeseigenes Bauland soll künftig zur Errichtung preiswerter Mietwohnungen eingesetzt werden. Ein „Wohnungsbaufonds“ wurde eingerichtet, der Subventionen für den Bau von Sozialwohnungen gewährt.
Auch hat der Senat den Bezirken Prämien und Personal zugesagt, damit Baugenehmigungen schneller erteilt werden. Mit landeseigenen und privaten Wohnungsunternehmen hat der Senat Bündnisse für mehr Wohnungsbau geschmiedet. Eine Wohnungsbauleitstelle soll stockende Baugenehmigungsverfahren darüber hinaus auf den Weg bringen. Und noch mehr: Der Senat entzieht den Bezirken das Planungsrecht bei Projekten mit mehr als 200 Wohnungen, wenn Bürger diese blockieren.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität