Auf der Suche nach einem offenen Späti: Was ist im Lockdown aus den Kreuzberger Nächten geworden?
Unser Autor verspürte nachts Feierabenddurst, also begab er sich auf die Suche nach etwas Trinkbarem. Da war er nicht der einzige.
Mitternacht ist schon vergangen, des Tages Arbeit erledigt, als der Durst kommt. Nichts im Kühlschrank, verdammt. Doch dafür lebt man ja in Berlin. Also noch mal hoch von der Couch, die Tür des Homeoffices hinter sich zugezogen und raus in die Kälte. Der Späti des Vertrauens liegt gleich an der Ecke. Ein banger Blick auf heruntergelassene Rollläden: schon zu.
Kreuzberger Nächte sind lang? Wer dieser Tage durch die leeren Straßen schleicht, kann nicht übersehen, dass davon nicht mehr viel übrig geblieben ist. Nach dem Lockdown für die Kneipen kam die Kälte und mit ihr entfiel für viele der letzte Grund, nach Sonnenuntergang noch mal vor die Tür zu gehen. Jedenfalls im beschaulichen Kreuzberg 61.
Wenn da nicht dieser Feierabenddurst wäre. Wo gibt’s denn bloß noch ein Bier? Also weiter die Straße lang, der zweite, der dritte, der vierte Späti: geschlossen. Im fünften, endlich!, noch Licht, wenn auch gedimmt – und die Tür ist nur angelehnt. Schnell rein, ein Griff ins Kühlfach.
„Kein Alkohol!“, ruft der Mann hinterm Tresen. „Alkoholverkaufsverbot nach 23 Uhr.“ Man entschuldigt sich servil und zieht eine Flasche „Mezzo Mix“ aus dem Regal, so ein Zwischending für die Zwischenzeit in dieser Zwischenwelt, die sich „Corona“ nennt – Krone.
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„Tut mir leid, Gesetz ist Gesetz“, sagt der Mann beim Kassieren. Ob die anderen Läden deshalb schon geschlossen haben? Ein Schulterzucken. „Wir wollten auch gerade Schluss machen.“ Er schaut zu einem anderen Mann hinterm Tresen herüber – und einer grünen Flasche, die er bereits geöffnet hat. „Wollten nur noch kurz was trinken.“ Na, dann Prost.
Auf dem Rückweg kommen ein paar junge Leute an wartenden Taxis vorbei. „What do you want?“, ruft einer der Fahrer ihnen hinterher – und verkauft dann Wodka aus dem Kofferraum. Kreuzberger Nächte im Tank.