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Blick auf das wiederaufgebaute Stadtschloss. In dem Schloss hat der Brandenburger Landtag seinen Sitz.
© Monika Skolimowska/dpa
Update

Verhandlungen sind beendet: Was die Kenia-Koalition in Brandenburg vorhat

Brandenburg wird zukünftig von einer rot-schwarz-grünen Koalition regiert. Knapp sieben Wochen nach der Wahl sind die Koalitionsverhandlungen beendet.

Knapp sieben Wochen nach der Landtagswahl steht in Brandenburg die Kenia-Koalition aus SPD, CDU und Grünen. SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke wird sie führen. Am Freitag wollen die Koalitionäre auf einer Pressekonferenz in Potsdam den Koalitionsvertrag präsentieren. Er sei von „poetischer Schönheit“, sagte Woidke am Donnerstagabend. Der dieser Zeitung vorliegende Entwurf enthält neben den bereits verkündeten Beschlüssen auch Neues, Überraschungen und spannende Details. Auch über die Verteilung der Ministerien ist man sich nun einig. Ein Überblick, was die Kenia-Koalition vorhat, um „ein neues Kapitel“ aufzuschlagen.

MINISTERIEN UND POSTEN
Wie berichtet, wird die neue Woidke-Regierung zehn statt bisher neun Ressorts haben – und zwar, weil erstmals auch die Staatskanzlei von einem Minister geführt werden wird. Nach Tagesspiegel-Informationen verantwortet die SPD außerdem die Ressorts Wirtschaft/Arbeit, Bildung, Finanzen und Wissenschaft. An die CDU gehen Inneres, Justiz und Infrastruktur. Die Grünen übernehmen das Sozial- und Gesundheitsressort sowie Agrar und Umwelt.

VERKEHR
Kenia plant Verbesserungen für Pendler. „Die Koalition wird das Angebot im Schienenpersonennahverkehr durch mehr Züge, mehr Sitzplätze und eine bessere Taktung erheblich aufstocken“, heißt es im Entwurf, über den die MAZ zuerst berichtet hatte. „Ziel ist es, an allen Bahnhöfen in Brandenburg tagsüber sowie an Werktagen mindestens einen Stundentakt im Regionalverkehr einzurichten.“ Auf stärker frequentierten Strecken sollen zwei, drei oder sogar vier Zugpaare pro Stunde angeboten werden. „Für die S-Bahn in Brandenburg ist der Zehnminutentakt unser langfristiges Ziel.“ Eingleisige Abschnitte werden schrittweise ausgebaut. Von Berlin und benachbarten Metropolen aus sollen die Oberzentren, also Brandenburg, Cottbus und Frankfurt/Oder, in 60 Minuten und Mittelzentren in 90 Minuten erreichbar sein. Die Einführung eines 365-Euro-Tickets wird geprüft.

LANDESENTWICKLUNG / WOHNEN
Kenia will Brandenburg, wo es ein Gefälle zwischen dem Speckgürtel und den Landregionen gibt, zusammenführen. Der gemeinsame Landesentwicklungsplan mit Berlin soll kritisch überprüft, die Zusammenarbeit in der Wohnungspolitik ausgeweitet werden. „Das schließt auch ein Dialogangebot an Berlin zur Nutzung von Flächen der Berliner Stadtgüter für den Wohnungsbau in Brandenburg ein“. Im Land plant die Koalition eine „Wohnungsbauoffensive“. Und Brandenburgs Bauordnung soll so novelliert werden, dass das Bauen „mit dem klimafreundlichen Material Holz erleichtert wird.“

INTERNET UND MOBILFUNK
Ziel der Koalition ist eine flächendeckende Versorgung mit Glasfaserinfrastruktur bis 2025. Kenia will die Funklöcher stopfen. „Die Koalition wird sicherstellen, dass ein leistungsfähiges Mobilfunknetz auf 4G/LTE-Niveau zügig und flächendeckend in allen Teilen Brandenburgs bereitgestellt wird“, heißt es.

SCHULE / KITA / HOCHSCHULEN
Alle Schulstandorte bleiben. Die Schulstruktur wird nicht angetastet. In Brandenburg sollen mehr Lehrer ausgebildet werden. Während in Berlin Kitas und Horte beitragsfrei sind, peilt Kenia an, dass in Brandenburg ab 2024 für die Drei-bis Sechsjährigen in den Kitas nicht mehr gezahlt werden muss. Bisher ist nur das letzte Kita-Jahr beitragsfrei. Zudem sollen die Gruppen kleiner werden, indem der Betreuungsschlüssel verbessert wird. 2020 soll der Schlüssel für die Kita auf 1 : 10 abgesenkt, ab 2021 dann in der Krippe schrittweise auf 1 : 4. Die Hochschulen bekommen mehr Geld. „Studiengebühren lehnt die Koalition ab“.

KLIMASCHUTZ UND ENERGIE
Für die Koalition ist der Ausstieg aus der Braunkohle bis spätestens 2038 besiegelt. „Mit dieser Koalition wird es keine neuen Tagebaue, keine Tagebauerweiterungen und keine Umsiedlung von Dörfern mehr geben.“ Zugleich bekennt sich Kenia – unter Beachtung der Umweltstandards – zur geordneten Fortführung des Tagebaus Jänschwalde. Kenia hält am Ausbau der Windkraft von 7000 Megawatt auf eine Kapazität von 10 500 Megawatt bis 2030 fest, wobei der Ausbau nur außerhalb eines Radius von 1000 Metern zur Wohnbebauung zulässig sein soll. Für besonders belastete Gebiete werden 1500 Meter geprüft. „Wir wollen, dass Brandenburg spätestens im Jahr 2050 klimaneutral wirtschaftet und lebt.“

POLIZEI UND JUSTIZ
Die Polizei wird von derzeit 8100 auf 8500 Stellen aufgestockt. Polizei- und Verfassungsschutzgesetz, beide unter Rot-Rot verschärft, werden nicht novelliert. In der Justiz sollen jährlich zusätzlich 30 Stellen für Richter und Staatsanwälte sowie 40 für Folgepersonal geschaffen werden. „Die Koalition strebt die weitere Verkürzung der Verfahrenslaufzeiten an den Gerichten und Staatsanwaltschaften an.“

BER UND ILA
Kenia setzt auf einen BER–Start im nächsten Jahr. Man gehe davon aus, dass die Flughafengesellschaft „ für eine Inbetriebnahme des BER in 2020 sorgen wird“, heißt es. „Der BER, bestehend aus dem Hauptterminal und dem Terminal 2, muss zügig und funktionssicher fertiggestellt werden und in einen für Tüv und Baubehörde genehmigungsfähigen Zustand versetzt werden.“ Eine dritte Startbahn wird ausgeschlossen. Kenia will den BER-Masterplan „prüfen“ und ein Nachtflugverbot von 22 bis sechs Uhr. Und: „Die Koalition ist sich einig, dass die Flughafengesellschaft profitabel wirtschaften muss.“ Eine Aussage, dass kein neues Geld für den BER bewilligt wird, findet sich nicht. Kenia will die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung ILA „bis in die 30er Jahre am Standort“ sichern. Eine Aussage zum militärischen Teil findet sich nicht.

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