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Krach im Rathaus. Finanzsenator Ulrich Nußbaum, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Innensenator Frank Henkel.
© dpa

Ärger um städtische Grundstücke: Warum sich Rot-Schwarz in Berlin zofft

In der rot-schwarzen Koalition in Berlin kracht's wegen des Verkaufs landeseigener Grundstücke. Aber worum dreht sich der Streit eigentlich?

Eigentlich haben Christ- und Sozialdemokraten in Berlin vereinbart, im Parlament und in Ausschüssen einheitlich abzustimmen. Doch jetzt kam alles anders: Im vertraulich tagenden Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses stimmten die CDU-Abgeordneten am Mittwoch gemeinsam mit Grünen und Linken, um einige Wohnungsbaugrundstücke vor dem freien Verkauf zu bewahren. Danach gab es Krisengespräche zwischen den Regierungsfraktionen mit dem Ziel, die Reihen wieder zu ordnen.

Bei dem Streit ging es um sechs Immobilien, unter anderem in der Wasserstadt Oberhavel. Städtische Wohnungsbaugesellschaften, denen ein Teil der Grundstücke angeboten wurden, wollten sie offenbar nicht. Unter anderem wegen schadstoffbelasteter Böden, deren Sanierung teuer wäre. In anderen Fällen, so hieß es, hätten die zuständigen Bezirke eine Bebauung mit Eigentumswohnungen geplant. Wie auch immer, die Nutzung der landeseigenen Liegenschaften für einen preisgünstigen Wohnungsneubau schien versperrt, also kamen sie auf eine Liste der Finanzverwaltung mit 142 Grundstücken, die zum Verkauf durch den Liegenschaftsfonds freigegeben werden sollten.

Der Finanzsenator ignorierte Bedenken der CDU

Dagegen hatte die CDU-Fraktion massive Bedenken. Zuletzt stellte die Union in einer Mail an Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) 55 der 142 Liegenschaften als streitig dar. Der Finanzsenator war aber nicht bereit, seine Liste zu korrigieren. Das führte dazu, dass sich SPD und CDU im Vermögensausschuss in sechs Fällen nicht einig wurden. Mit dem Ergebnis, dass eine bunte Mehrheit aus Union, Grünen und Linken diese Grundstücke von Nußbaums Liste strich. Weitere sieben Krankenhausimmobilien, vor allem in Berlin-Buch, wurden einvernehmlich zurückgestellt. Darüber wird ein anderes Mal beraten. Die übrigen 129 Grundstücke wurden zum Verkauf freigegeben.

„In der rot-schwarzen Koalition hängt der Haussegen schief“, kommentierte der Grünen-Finanzexperte Jochen Esser das Geschehen. Der strategische Umgang mit landeseigenen Wohnungsbauflächen bleibe ungeklärt, obwohl die Koalition angeblich eine neue Liegenschaftspolitik betreibe. Bei den strittigen Arealen beispielsweise sei nicht einsehbar, warum städtische Wohnungsunternehmen oder Bezirke sich weigerten, für einen bezahlbaren Wohnungsbau tätig zu werden. Möglicherweise sei das Verhalten der CDU auch eine Retourkutsche für die überraschende Entscheidung Nußbaums bei der Gasnetzvergabe an ein landeseigenes Unternehmen. Ein Votum, das von der SPD unterstützt wird, aber nicht von der CDU.

Sind die Bezirke zu langsam?

Der Finanzsenator hat einen ganz anderen Blick auf die Dinge. Er beklagte am Mittwoch in einer Rede vor Unternehmern die „schleppenden Prozesse“ bei der Vergabe landeseigener Liegenschaften. Das liege an den neuen Mitsprachrechten des Abgeordnetenhauses, das selbst 400 Quadratmeter große Grundstücke auf ihre stadtpolitische Bedeutung überprüfen wolle. „Das funktioniert zu meinem Leidwesen so nicht, das müssen wir ändern“. Auch die Bezirke machte Nußbaum für die zögerliche Vergabe von Baugrundstücken verantwortlich. „Das fängt bei der Beplanung der Areale an und gilt auch für die Genehmigungen.“

Der Konflikt um die sechs Grundstücke wurde am Mittwoch nach einer Intervention der Fraktionschefs Raed Saleh (SPD) und Florian Graf (CDU) mit einem klassischen Kompromiss beigelegt: Im Hauptausschuss, der nach dem Vermögensausschuss tagte, blieben drei Liegenschaften auf der Verkaufsliste, drei wurden wiederum abgesetzt. Nußbaum sprach den Streit in seiner Rede nur indirekt an. Den städtischen Wohnungsunternehmen seien Immobilien angeboten worden. „Aber die müssen dann auch abgeholt werden.“ Die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften hätten gut bezahlte Geschäftsführer, von denen der Finanzsenator tätiges Handeln verlangte. „Bevor ich in Rage gerate und über die Auswechslung von Personal nachdenken muss.“ Er habe keine Scheu, „mit denen“ zu sprechen „und dann werden wir uns notfalls tief in die Augen schauen müssen“.

Ulrich Zawatka-Gerlach

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