Pannenserie nach Breitscheidplatz-Anschlag: Warum die Papiere von Anis Amri erst so spät gefunden wurden
19 Stunden dauerte es, bis nach dem Breitscheidplatz-Anschlag die Geldbörse des Täters im Lkw gefunden wurde. Um die Gründe ging es im Untersuchungsausschuss.
Fast 19 Stunden dauerte es, bis nach dem Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 in dem Lkw-Führerhaus ein Portemonnaie mitsamt Duldungspapieren gefunden wurde. Diese waren auf den Alias-Namen „Al Masri“ des Attentäters Anis Amri ausgestellt.
Erst danach fahndeten die Ermittler nach dem da bereits aus Berlin geflüchteten Tunesier. Warum das alles so lange dauerte, war am Freitag ein Fragenkomplex im Amri-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses.
Technische Probleme beim Abtransport des Lkw plus die Prioritätensetzung, in der Fahrerkabine Spuren zu sichern, führten zu diesem späten Fund. „Hätte man die Kabine durchsucht, hätte man das Portemonnaie mit Sicherheit gefunden. Aber die Spurensicherung wäre in der Tiefe schlicht nicht möglich gewesen“, sagte Matthias O. aus.
Der Lkw musste auf Sprengstofffallen kontrolliert werden
Der Kriminaloberkommissar war ab 23.30 Uhr, also dreieinhalb Stunden nach dem Anschlag, als einer von mehreren Tatort-Sachbearbeitern auf dem Breitscheidplatz. Der Tatort wurde von Thomas B., Beamter der 7. Mordkommission, in fünf sogenannte Spurenbereiche eingeteilt. Matthias O. war für die Spurensicherung rund um den von Amri erschossenen polnischen Lkw-Fahrer Lukacz U. zuständig, nicht für die Fahrerkabine. Denn Ersthelfer hatten den Lkw-Fahrer zuvor aus der Kabine rausgezogen und ihn vergeblich zu reanimieren versucht.
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Zu diesem Zeitpunkt vor Mitternacht waren alle Verletzten geborgen worden, Sprengstofftechniker hatten den Lkw auf Sprengstofffallen untersucht und freigegeben. Bis zum nächsten Morgen seien laut dem Lka-Beamten Thomas B., der ebenfalls als Zeuge gehört wurde, alle neun Leichen geborgen worden. Zwei davon lagen unter dem Sattelschlepper. Dabei sicherten die Beamten Spuren. Drei Anschlagsopfer verstarben im Krankenhaus.
Im Schritttempo ging es nach Wedding
Erst gegen 5.30 Uhr erschien das Abschleppunternehmen, das den Lkw in eine Halle in die Julius-Leber-Kaserne bringen sollte. Doch es gab eine Verkettung technischer Probleme. Die Zugmaschine ließ sich zunächst nicht vom Sattelschlepper trennen. Außerdem waren die Luftdruckbremsen des Fahrzeugs bei dem Anschlag so stark beschädigt worden, dass die Reifen auf kleine Rollen gehoben werden mussten. „Im Schritttempo“ sei es vom Breitscheidplatz bis zur Julius-Leber-Kaserne in Wedding gegangen.
Dort angekommen stellten die Beamten fest, dass die Zugmaschine zu hoch für die Halle war. Aus den Reifen musste Luft herausgelassen werden. Erst um 15.30 Uhr konnten die Ermittler mit der Spurensicherung beginnen. Um 16.45 Uhr wurden die Dokumente von Amri gefunden.
Das Handy des Attentäters klemmte an der Stoßstange
„Mir war damals nicht bekannt, dass ein Attentäter etwas hinterlässt, um einen Anschlag für sich zu reklamieren“, sagte Thomas B. Heutzutage würde man zunächst nach Dokumenten suchen, um Rückschlüsse auf den Täter zu ziehen und eventuell einen zweiten Anschlag zu verhindern.
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Nach dem Anschlag erhielt Thomas B. zudem den Hinweis, ein Mantrailing-Einsatz mit Hunden sei geplant. Und deshalb sei die Sicherung von sensiblen Geruchsspuren prioritär gewesen.
Warum später ein dem Attentäter zugeschriebene HTC-Handy in der Stoßstange gefunden wurde, konnten die Zeugen nicht eindeutig erklären. Zunächst habe man gedacht, dass das Handy von einem Opfer stammen könnte.
Wahrscheinlich sei aber das Handy bei der Bergung des LKW-Fahrers aus der Kabine gefallen und von einem Ersthelfer in die Fassung der Stoßstange gelegt worden. Mit diesem Handy telefonierte Amri auf der Fahrt zum Breitscheidplatz mit seinem Mentor des Islamischen Staates (IS).
Der Ausschuss will sich bis zur Sommerpause mit den Stunden nach dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt befassen und danach die Beweisaufnahme abschließen.
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