zum Hauptinhalt
Waldbrand in Brandenburg
© dpa/Patrick Pleul
Update

Treuenbrietzen in Brandenburg: Waldbrand bei Berlin – Feuerwehr lässt drei Dörfer räumen

Ein Waldbrand südlich von Berlin hat sich schnell ausgeweitet. Fast 600 Menschen müssen ihre Dörfer verlassen. In Berlin sind ganze Straßenzüge verraucht.

Wegen eines riesigen Waldbrandes südwestlich von Berlin haben fast 600 Menschen ihre Dörfer in Brandenburg verlassen müssen. Drei Orte südlich von Potsdam wurden evakuiert: Tiefenbrunnen, Klausdorf und Frohnsdorf. Am Donnerstagabend brannte bereits eine Fläche so groß wie 400 Fußballfelder.

Das Feuer hatte sich auf einer großen Waldfläche rund 50 Kilometer vor der Stadtgrenze von Berlin rasch ausgebreitet. Betroffen seien am Abend rund 300 Hektar Fläche in Brandenburg gewesen, sagte der Waldbrandschutzbeauftragte des Landes, Raimund Engel. Zu Anfang war nur von mehr als fünf Hektar Brandfläche die Rede gewesen. Die Lage, so Engel, sei "dramatisch".

Im Kampf gegen den Waldbrand hat die Feuerwehr mehrere Schneisen in den Wald gezogen. Am frühen Freitagmorgen setzten die Einsatzkräfte einen Radlader und eine große Planierraupe ein, um ein Übergreifen des Feuers auf einen Ortsteil von Treuenbrietzen zu verhindern.

In der von einem riesigen Waldbrand betroffenen Region in Brandenburg ist am Freitag nur vereinzelt mit Regen zu rechnen. Es sei unklar, wo genau es zu Schauern und Gewittern komme, sagte ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD) am frühen Morgen.

Am Freitagmorgen zogen Rauchschwaden über Berlin. Ganze Straßenzüge seien verraucht, sagte ein Feuerwehrsprecher. Betroffen seien alle südlichen Stadtteile bis nach Mitte. Die Bewohner sollten Fenster und Türen geschlossen halten. Es seien bereits viele besorgte Anrufe bei den Leitstellen eingegangen. In Spitzenzeiten seien es bis zu 50 Notrufe gewesen, die hätten abgearbeitet werden müssen. „Sie überfluten damit unsere Notrufleitungen“, sagte der Sprecher. Auch in Potsdam gab die Feuerwehr eine ähnliche Warnung heraus.

Auswirkungen auf den Flugverkehr der Hauptstadt hat der Waldbrand bislang nicht. „Die Flieger starten alle“, sagte eine Flughafensprecherin am frühen Freitagmorgen.

Der Brand auf der Kreisgrenze zwischen Potsdam-Mittelmark bei Treuenbrietzen und Teltow-Fläming bei Niedergörsdorf südwestlich von Berlin erstrecke sich auf munitionsbelastetem Gebiet, hieß es. Das erschwert die Löscharbeiten.

Rund 300 Einsatzkräfte bekämpften den riesigen Waldbrand, sagte der Vize-Landrat von Potsdam-Mittelmark, Christian Stein (CDU), am Donnerstagabend in Treuenbrietzen.

Vier Landkreise seien an den Löscharbeiten beteiligt, berichtete der RBB: Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming, Havelland und Elbe-Elster. Die Einsatzkräfte würden in der Nacht durch frische Kräfte abgelöst, hieß es. Schwerer Verletzte soll es noch nicht gegeben haben. Ein Feuerwehrmann musste jedoch wegen einer Rauchgasvergiftung behandelt werden.

Außerdem seien in der Nacht 30 bis 40 Polizeikräfte im Einsatz, um die Gebäude der evakuierten Ortschaften zu sichern.

Ein Wasserwerfer der Polizei und Fahrzeuge der Feuerwehr bei Klausdorf.
Ein Wasserwerfer der Polizei und Fahrzeuge der Feuerwehr bei Klausdorf.
© Patrick Pleul/dpa

Das Feuer sei nach ersten Erkenntnissen an mehreren Stellen ausgebrochen und habe dann insgesamt rund 300 Hektar Wald erfasst, sagte Stein. „Wir versuchen, das Feuer zum Stehen zu bekommen.“ Die größte Stelle, die brennt, ist nach Angaben der Einsatzkräfte einen Kilometer breit und drei Kilometer lang. Daneben stünden weitere Stellen in Flammen, sagte ein Sprecher der brandenburgischen Polizeidirektion West.

Vorrangiges Ziel sei es, das Übergreifen der Flammen auf Wohnhäuser zu verhindern. Dabei würde die Feuerwehr auch in der Nacht durch zwei Löschhubschrauber von Bundespolizei und Bundeswehr unterstützt, sagte Stein laut RBB. Sie hätten Scheinwerfer an Bord und könnten auch nachts fliegen. Zudem stünden zwei Wasserwerfer der Polizei zur Verfügung, um den Brand vom Boden aus zu bekämpfen.

Während es am frühen Abend noch Windböen gegeben habe, sei es gegen 23 Uhr nahezu windstill gewesen, sagte der stellvertretende Kreischef. Dadurch werde die Lage aber nicht einfacher: "Die Flammen können sich jetzt ungehindert in alle Richtungen ausbreiten, in denen es noch brennbares Material gibt." Zudem entwickle das Feuer aufgrund der großen Hitze eine "Eigendynamik".

Mit einem Hubschrauber unterstützt die Bundespolizei die Arbeiten der Feuerwehr in der Nähe von Treuenbrietzen.
Mit einem Hubschrauber unterstützt die Bundespolizei die Arbeiten der Feuerwehr in der Nähe von Treuenbrietzen.
© Christian Pörschmann/dpa

Insgesamt seien 540 Menschen aus Frohnsdorf, Klausdorf und Tiefenbrunnen in Sicherheit gebracht worden. Die Betroffenen seien per Lautsprecherdurchsagen zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert worden. Ein Großteil komme bei Bekannten unter, zudem stehe die Stadthalle von Treuenbrietzen für die Nacht zur Verfügung.

Eine Rauchfahne zieht über den Wald bei Treuenbrietzen.
Eine Rauchfahne zieht über den Wald bei Treuenbrietzen.
© Christian Pörschmann/dpa

Anwohner in der Gegend wurden außerdem gebeten, Fenster und Türen wegen der Rauchentwicklung geschlossen zu halten. Die Rauchsäule sei zehn Kilometer weit zu sehen, sagte der Polizeisprecher. Die Feuerwehr versuche, den Brand unter Kontrolle zu bekommen. Das Wetter helfe dabei bislang nicht. „Es wäre schön, wenn es regnet.“

Ein Hubschrauber der Bundespolizei fliegt mit einem Löschwasserbehälter über den Wald.
Ein Hubschrauber der Bundespolizei fliegt mit einem Löschwasserbehälter über den Wald.
© Christian Pörschmann/dpa

Woidke will Region besuchen

„Sowas haben wir noch nicht einmal im Krieg erlebt“, sagte die 76 Jahre alte Anita Biedermann, als sie ihr Haus in Frohnsdorf mit einer kleinen Tasche verließ. Medikamente, Ausweise und eine Jacke - das müsse genügen, sagte die Rentnerin. Angst habe sie nicht. „Es sind ja so viele tolle Männer hier“, sagte Biedermann mit Blick auf die Feuerwehrleute und Kräfte vom Technischen Hilfswerk. Die Nacht wolle sie jetzt in der Stadthalle von Treuenbrietzen verbringen.

Dort herrschte am Abend zähes Warten. In der Turnhalle sind Matten ausgelegt, doch schlafen wollte zunächst keiner. Ohnehin hätten sich nur 21 Menschen gemeldet, die das Notquartier nutzen wollten, sagte der Leiter des Bürgeramtes, Ralf Gronemeier. Die meisten Betroffenen seien bei Bekannten untergekommen.

An der Stadthalle hätten sich zahlreiche Bürger gemeldet, um fremde Menschen privat aufzunehmen, sagte Gronemeier. Auch die Rentnerin Biedermann hatte ein solches Angebot - lehnte es aber ab. „Wir schlafen nicht, wir machen einen drauf“, sagt sie an einem Tisch in der Turnhalle - und stößt mit ihren Nachbarn mit Mineralwasser an. Um 6 Uhr, so ihre Hoffnung, könne sie womöglich wieder in ihr Haus zurück.

Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) kündigte an, die betroffene Region am Freitag besuchen zu wollen. Der Ministerpräsident wolle sich am Vormittag ein Bild von der Lage machen, sagte Regierungssprecher Florian Engels der Deutschen Presse-Agentur in der Nacht zum Freitag. Dafür sagte Woidke einen Termin mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der Uckermark ab.

Hell erleuchtet ist ein brennender Wald nahe Klausdorf, Brandenburg
Hell erleuchtet ist ein brennender Wald nahe Klausdorf, Brandenburg
© dpa/Patrick Pleul

Explosionen in munitionsbelastetem Wald

Der Regionalleitstelle Brandenburg zufolge gab es durch den Brand schon Explosionen. Das Feuer kann weitere Handgranaten oder Patronen zur Explosion bringen, fürchten die Einsatzkräfte. Die Feuerwehr betrete deshalb manche Waldstücke gar nicht. Stattdessen wird auf Rettung aus der Luft gesetzt.

Der Brand liegt in der Nähe der Bundesstraße 102. In Brandenburg ist seit Monaten kaum noch Regen gefallen, die Natur ist in weiten Landstrichen ausgedörrt. Der Zugbetrieb im Nahverkehr wurde wegen des Brandes unterbrochen, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Betroffen war demnach die Regionalbahnlinie 33 von Wannsee nach Jüterbog.

Auch im Berliner Stadtgebiet schickte die Feuerwehr am Abend eine Warnung vor den Auswirkungen des Waldbrandes heraus: Im Südosten der Hauptstadt - zunächst vor allem in Treptow, Köpenick und Müggelheim - war demnach Rauch in der Luft. „Ebenso ist auftretender Ascheregen möglich.“

Brandenburg erlebt derzeit eines der schlimmsten Waldbrandjahre. Bisher habe es schon mehr als 400 Waldbrände gegeben, sagte der Waldbrandschutzbeauftragte Engel in dieser Woche. Ähnlich hohe Zahlen gab es zuletzt Anfang des Jahrtausends. Von den Bränden waren dieses Jahr - vor dem jüngsten Großbrand mit allein rund 300 Hektar - schon 691 Hektar betroffen. Besonders die Monokulturen aus Kiefernwäldern geraten leicht in Brand. (mit dpa)

Zur Startseite