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Selbstgebastelte Wahlurnen für die U-18-Wahl.
© dpa

U-18-Wahl in Berlin: Wählen wie die Großen

In Berlin können Jugendliche heute bis 18 Uhr in mehr als 250 Wahllokalen ihre Stimme abgeben. Ziel ist es, bei jungen Menschen ein Interesse für Politik zu wecken.

Ganz Berlin wird in neun Tagen in die Wahllokale gebeten? Nicht ganz. Etwa eine halbe Million Berliner darf nicht abstimmen, weil sie noch nicht volljährig sind. So bleibt das Wahlwochenende der Generation U 18 wohl in erster Linie als Tag der Langeweile in Erinnerung.

Damit das Interesse an der Politik nicht vorzeitig erlahmt, können Minderjährige an der „U-18-Wahl“ teilnehmen, zu der der Bundesjugendring, das deutsche Kinderhilfswerk und das „U-18-Netzwerk“ aufrufen. Sie findet am Freitag an mehr als 250 Orten in Berlin statt. Deutschlandweit können Heranwachsende bis 18 Uhr in mehr als 1600 Wahllokalen abstimmen. Die befinden sich zum Beispiel in Schulen oder Jugendzentren. Dass Berlin, gemessen an der Zahl der Lokale hinter dem einwohnerstarken Nordrhein-Westfalen auf Platz zwei liegt, ist keineswegs Zufall: Die Idee der Jugendwahl kommt aus der Hauptstadt.

U-18-Wahl seit 1996 in Berlin

Hier hob das U-18-Netzwerk die freiwillige Wahl für Minderjährige 1996 mit einem einzigen Wahllokal im Weddinger Haus der Jugend am Nauener Platz aus der Taufe. „Der beständige Erfolg liegt unter anderem auch an der guten Förderung, die die U-18-Wahl in Berlin genießt“, sagt Anne Bergfeld. Sie koordiniert die Wahl bundesweit, versendet Informationsbroschüren und Stimmzettel an die jeweiligen Landeskoordinatoren.

Denn die kleine Wahl soll der großen in Nichts nachstehen. Kabinen und Urnen werden von Ehrenamtlichen gebastelt, damit die Wahl tatsächlich geheim stattfinden kann. Auch eine Vorabmeldung von Ergebnissen ist untersagt. Nur die Erststimme dürfen die Wahlbüros weglassen, wenn sie den Mechanismus für die Wählerschaft für zu kompliziert halten. „Es ist schließlich sinnlos, Siebenjährigen die Notwendigkeiten von Überhangmandaten zu erklären“, sagt Bergfeld. Die Abgabe der Zweitstimme hingegen ist für alle verpflichtend. „Es geht darum, schon bei sehr jungen Menschen ein Gespür und Interesse für Politik und Demokratie zu wecken“, sagt Bergfeld. Auch eine Altersbegrenzung nach unten gibt es daher nicht. Trotzdem will sie die U-18-Wahl nicht als „Spaßwahl“ verstanden wissen.

Anschließende Party im Lichtenberger Jugendtreff

Die Beteiligung an der Jugendwahl 2013 zeigt, dass die Teilnehmer die Sache durchaus ernst nehmen. Damals war ein Großteil der etwa 200 000 Wähler zwischen zwölf und 15 Jahre alt. Es gab mancherorts überraschende Ergebnisse. So wurden etwa in Teilen Brandenburgs, aber auch in Marzahn und Köpenick Zustimmungswerte für die NPD gemessen, die teils deutlich über der Schwelle von fünf Prozent lagen.

Große Beliebtheit genossen bundesweit auch die Grünen, die fast 17 Prozent erreichten und damit hinter SPD (20 Prozent) und CDU (27 Prozent) drittstärkste Kraft wurden. Die Ergebnisse der diesjährigen Wahl werden nach Urnenschließung um 18 Uhr traditionell auf einer Party bekannt gegeben. Die findet im Lichtenberger Jugendtreffpunkt „Café Maggie“ statt, ein Online-Livestream wird eingerichtet. Alles wie bei den Großen also. Wobei, eins fehlt doch: Eine Abstimmung über die Offenhaltung des Flughafens Tegel gibt es nicht. Das ständige Hin und Her wäre den Wählern vermutlich ohnehin nicht erwachsen genug.

Felix Kessler

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