Geheimvertrag mit "Bread & Butter": Vor der Modemesse in Tempelhof investierte Berlin Millionen
Wie viel hat die Modemesse "Bread & Butter" eigentlich für die Nutzung des Flughafens Tempelhof bezahlt? 825.000 Euro Miete verlangte das Land pro Schau – vorher bezahlte es allerdings millionenteure Umbauten selbst.
Zu den am besten gehüteten Geheimnissen der Ära Klaus Wowereit hatten sie gezählt – die Details des Deals zwischen dem Land Berlin und der „Bread and Butter“ zur Veranstaltung von Modemessen im stillgelegten Airport-Gebäude am Tempelhofer Feld. Gerüchten zufolge hatte der damalige Regierungschef selbst auf das Geschäft mit dem gewieften Veranstalter gedrängt, verteidigt hatte Klaus Wowereit den Deal stets. Nun liegen dem Tagesspiegel die Details des Vertrages vor. Und die Vereinbarungen zeigen: Ein richtig gutes Geschäft war es wohl nicht, weil das Land mit Millionen in Vorleistung gehen musste – und sogar die Betriebskosten selbst zahlte.
„Die Miete für die Überlassung des Mietgegenstandes beträgt pauschal 825 000,00 Euro für jede Mietzeit beziehungsweise jede Optionsmietzeit von jeweils rund vier Wochen“, heißt es in dem Vertrag. Das teilte die Bundesanstalt für Immobiliendienstleistungen, kurz: Bundesimmobilien, auf Anfrage des Tagesspiegel mit. Dafür durften die Veranstalter für die Dauer der einmonatigen Modenschau auf einen großen Teil der nutzbaren Flächen zurückgreifen: auf Haupthalle und Restaurant mit Nebenflächen, auf die Flugsteige und Hangars 1 bis 7 sowie die dahinter am Rollfeld gelegenen Nebenflächen, und auch das betonierte Flugfeld vor den Hangars – 61 000 Quadratmeter „Gesamtmietfläche“. Zwei Mal jährlich, im Januar und im Juni, durfte die Modemesse den Airport in Beschlag nehmen. Zehn Jahre lang galt die Vereinbarung, die dem Vertrag nach noch bis April 2019 läuft, wobei jüngst die Pleite der „Bread and Butter“ dazwischengekommen ist. Angeblich soll es im Sommer jedoch weitergehen.
Die Messe hätte den Vertrag bis 2029 verlängern können
Der langjährige Vertrag hatte den Messemachern Sicherheit geboten – und sie hätten sogar nach Ablauf der Mietzeit noch einmal eine „Option“ ziehen können, wonach die Vereinbarungen sogar bis zum Februar des Jahres 2029 verlängert worden wären. Gut 13,50 Euro beträgt also die Miete je Quadratmeter. Theoretisch. In Wahrheit verpflichtete sich das Land mit dem Vertrag zu weit reichenden Eingriffen und Umbauten in das Baudenkmal, sodass die Vermietung in den ersten Jahren ein Zuschussgeschäft gewesen sein dürfte: Bis zu fünf Millionen Euro erklärte sich der Senat bereit, für die Umbauten ausgeben zu wollen, die zu großen Teilen vor der ersten Messe erfolgen mussten. Rückbauten in den Hangars 5 und 7 sowie des Glaskastens in der Eingangshalle waren vereinbart. Eine Verbindung der Hangars untereinander wurde geschaffen, die Fluchtwege wurden den bauaufsichtlichen Auflagen angepasst, die elektrische Versorgung des Areals instand gesetzt und die Restaurantküche wieder in betriebsfähigen Zustand versetzt. Vor den Hangars mussten die Rolltore abgedichtet werden, die Anlagen zur Lüftung und Beheizung der Hangars sollten instand gesetzt und der Zugang zum Rollfeld sichergestellt werden.
Auch die „Bread and Butter“-Macher um Karl-Heinz Müller, die vorab eine Mietzahlung von 1,65 Millionen überweisen sollten, durften selbst Hand anlegen an dem Baudenkmal und auf eigene Kosten Durchbrüche von den Hangars zu den dahintergelegenen Büros und Lagerflächen schaffen. Aber selbst hier zeigte sich der Senat großzügig: „Hinsichtlich dieser Maßnahmen besteht für den Mieter keine Rückbaupflicht bei Beendigung der Mietzeit.“
Müllers Firma kam außerdem in den Genuss der folgenden Vereinbarung aus dem Vertrag: „Mit dem vereinbarten Mietzins sind die Nebenkosten, die innerhalb der Mietzeit anteilig auf den Mietgegenstand entfallen, abgegolten.“ Wegen des gewaltigen Sanierungsstaus beim Airportgebäude gelten diese unter Fachleuten als gewaltig. Immerhin: Die unmittelbaren Kosten bei der Durchführung der Messe zahlten deren Veranstalter selbst und kamen für ihren Wasserverbrauch, für Stromkosten und Heizung auf.
Die Grünen sprechen von einem "Knebelvertrag"
„Mit einem Zuschuss von 500 000 Euro pro Veranstaltung wird Tempelhof zum Symbol der verfehlten Senatspolitik“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Antje Kapek dem Tagesspiegel. Sie hat für diese Rechnung die angegebene Millioneninvestition des Senats zugunsten der „Bread and Butter“ auf die elf Veranstaltungen verteilt, die Müllers Firma am Airport bisher durchführte. Berücksichtige man außerdem noch die nicht berechneten Betriebskosten, dann sei „für Berlin vom Image abgesehen wenig herausgesprungen“. Unter dem Strich habe die „Bread and Butter“ dem Airport mehr geschadet als genutzt: Sie habe einer ordentlichen Entwicklung des Areals im Wege gestanden und andere, möglicherweise rentablere Nutzungen blockiert. Es gelte nun, möglichst rasch aus „dem Knebelvertrag herauszukommen“, so Kapek, um das Areal zu einem Kultur- und Kreativ-Hub zu entwickeln.
Milder bewertet der stellvertretende Fraktionschef der in der Senatsverantwortung stehenden CDU, Stefan Evers, den Fall: „Die Modemesse war wichtig, um den Standort einzuführen und um die notwendigen baulichen Maßnahmen für die Nutzung und Vermarktung als Eventlocation zu finanzieren.“ Diese Investitionen seien eine wichtige Voraussetzung auch für andere Großveranstaltungen gewesen, die sich inzwischen in Tempelhof etabliert und „mehr als rentiert“ hätten. Allerdings offensichtlich nicht, um die gewaltigen Sanierungsarbeiten am Airport auch nur ansatzweise zu decken. Denn sogar Evers räumt ein, dass es nun „vor allem darauf ankommt, die Investitionsmittel für die Sanierung der übrigen Flächen des Tempelhofer Flughafengebäudes deutlich zu erhöhen“. Darin sieht auch der CDU-Politiker „eine gewaltige Aufgabe“.