Berlin: Vor dem Einstellungstest kommt die Reifeprüfung
Die Polizei gibt Azubis mit Migrationshintergrund eine Chance: Ein Lehrgang soll sie für die Ausbildung fit machen.
Gleich eskaliert die Situation zwischen dem Türsteher und dem jungen Mann, der unbedingt in den Club will: „Isch ruf mein’ Bruda an, dann siehst du schon, was passiert.“ Der Türsteher brüllt zurück, sie schubsen sich. Doch da tauchen zum Glück zwei junge Männer und eine junge Frau auf, die Baseballkappen mit der Aufschrift „Polizei“ tragen. Mit ruhiger Stimme trennen sie die Streitenden. Erklären dem aufsässigen Gast, dass der Türsteher das Hausrecht hat. Hören sich seine Beschwerde an, er sei diskriminiert worden, weil er „schwarze Haare“ hat.
Polizeihauptkommissar Klaus-Dieter Schelske steht daneben. Als das Rollenspiel vorbei ist, sagt er: „Wir sollen sowohl das Gesetz vertreten, als auch soziale Kompetenz. Ihr müsst euch immer in den anderen hineinversetzen. Streifenführer Pavic hat das mit dem Hausrecht gut erläutert.“ Dabei ist Zvonimir Pavic, 22, kein Polizist. Noch nicht.
Das Rollenspiel ist schon eine Weile her. Inzwischen hat Zvonimir Pavic den Einstellungstest bestanden, um eine Ausbildung bei der Polizei zu beginnen – ab dem 1. September wird er die Polizeischule in Spandau besuchen. Nur die Leumundsprüfung ist noch nicht abgeschlossen. Das sei kein Problem, sagt Pavic.
Er ist einer von 30 jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund, die seit Oktober in einem Lehrgang des Bildungswerks Kreuzberg auf die Einstellungsverfahren von Polizei und Verwaltung vorbereitet worden sind. In zwei getrennten Klassen trainierten sie Deutsch, Mathe, Allgemeinbildung, Leistungs- und Sozialverhalten, Konzentration, Merkfähigkeit und Logik. Wer zur Polizei wollte, hatte auch Unterricht bei Hauptkommissar Schelske und einem Kollegen. Der Hintergrund des Lehrgangs: Das Land Berlin will bis zum Jahr 2013 ein Viertel der Ausbildungsplätze im öffentlichen Dienst mit Jugendlichen nichtdeutscher Herkunft besetzen. Doch zu oft scheitern sie am Einstellungstest.
Nach dem Lehrgang sieht die Sache schon besser aus: 25 der Teilnehmer blieben bis zum Schluss dabei in den beiden Kursen. 13 von ihnen haben an den speziellen Tests teilgenommen, die der Bewerbung zu einer Ausbildung bei der Polizei vorausgehen. Zehn bestanden die Theorieprüfung, aber nur fünf den Sporttest, der notwendig ist, wenn man Polizist werden will. Vier haben einen Ausbildungsvertrag bei der Polizei bekommen. Einer ist auf der Warteliste. Fünf fangen bei Verwaltungen als Azubis an. Ebenso wie viele der Teilnehmer, die sich nur auf die Bewerbungsverfahren der Verwaltungen vorbereitet haben. Sie mussten keinen Einstellungstest machen.
Orcun Pamuk, 21, hat beim Test besonders gut abgeschnitten. Dabei hat er den mittleren Schulabschluss nur mit der Note 3,5 bestanden, war danach zwei Mal durch den Test der Polizei gefallen. Sein Vater wollte unbedingt, dass er zur Polizei geht: „Mir gefällt der Beruf. Er ist so vielfältig.“ Selbst auf das Vorstellungsgespräch war er gut vorbereitet: „Die wollten wissen, wie ich mich angepasst habe in Deutschland. Und ich hab’ gesagt, dass ich hier geboren und Berliner bin.“ Genau das hat der Hauptkommissar dem Kurs immer wieder gesagt: „Es gibt hier keine Ausländer, nur Berliner.“ Auch für das nötige Selbstvertrauen hat er gesorgt: „Ihr seid die Vorbilder und Pioniere für eine neue Gesellschaft, die sich auch bei der Polizei abbilden soll. Ihr sollt partizipieren und den Skeptikern zeigen, was ihr auf dem Kasten habt.“
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