Neubau der Zentralen Landesbibliothek Berlin: Von der Zukunft erschlagen
Am Flughafen Tempelhof werden seit Mittwoch die Entwürfe für den Bau der Zentralen Landesbibliothek präsentiert. Die Besucher favorisieren nicht unbedingt den Siegerentwurf des vorangegangenen Wettbewerbs. Aber das ist nicht der einzige Streitpunkt. Ein Ausstellungsbesuch.
Der Kontrast könnte größer nicht sein: Hinter den Fenstern lockt die Weite des Tempelhofer Feldes, die Sonne strahlt vom wolkenlosen Himmel, die bunten Segel der Kitesurfer tanzen über die freie Fläche.
Die Räumlichkeiten diesseits der Fenster, in denen seit Mittwoch die Entwürfe für den Neubau der Zentralen Landesbibliothek (ZLB) präsentieren werden, haben dagegen den Charme eines Stadtarchivs: Die Pläne werden dicht an dicht auf Stellwänden aus braunem Pappkarton präsentiert, die dazugehörigen Modelle sind auf Kniehöhe platziert, und die Erläuterungen der Architekturbüros sind im Din-A-4-Format an die Wand geheftet. Eine Übersichtstafel zur Orientierung in der umfangreichen Ausstellung sucht man vergebens. Immerhin werden alle 40 Entwürfe gezeigt. Zu jedem gehören Ansichten, Grundrisse, Auskünfte über „Tragwerk“ und Energiebedarf.
Lieber verspielt statt harter Beton
Doris Schwenke, Rentnerin aus Wilmersdorf, fühlt sich nach ihrem Rundgang dann auch „ganz erschlagen“, wie sie sagt. Sie vertritt wie andere Besucher die Meinung, dass die Ausstellung für Laien „grenzwertig“ ist.
Aber die ausgestellten Entwürfe können manche Besucher dennoch begeistern. Jutta Bartl, Psychotherapeutin aus Tiergarten Süd, und ihr fünfzehnjähriger Sohn Maximilian sind gekommen, weil hier an der ZLB endlich einmal innovativ gebaut werde. „Ansonsten schöpft Berlin ja in der Regel lieber aus seiner Geschichte, so zum Beispiel am Schloss“, meint Jutta Bartl.
Die Siegerentwürfe des vorangegangenen Wettbewerbes, angefertigt von den Büros Miebach-Oberholzer aus Zürich und Kohlmayer-Oberst aus Stuttgart (oberes Bild), sind aber nicht unbedingt die Favoriten der Besucher. Rolf Sanden, Pensionär aus Charlottenburg, meint: „Den Entwurf von Miebach-Oberholzer finde ich langweilig, der wirkt wie eine Sparkasse auf mich.“ Auch mit dem Modell des Büros Kohlmayer-Oberst kann er sich nicht so recht anfreunden: „Die Wirkung des Betons ist mir zu hart.“ Insgesamt favorisieren die meisten Besucher eher verspieltere und grazilere Entwürfe. So steht zum Beispiel das Modell des dänischen Büros 3XN, der Jutta Bartl und ihren Sohn an einen verdrehten Zauberwürfel erinnert, hoch im Kurs.
Braucht Berlin überhaupt eine neue ZLB?
Alle Besucher eint das Interesse an der städtebaulichen Zukunft Berlins. Die Frage, ob Berlin einen 51.000 Quadratmeter großen Neubau für die ZLB brauche, stößt dagegen auch bei den Besuchern der Ausstellung auf ein geteiltes Echo. Ingrid und Peter Huth, Rentner aus Rudow, meinen, dass es bereits genug Bibliotheken in Berlin gebe. Andere finden, dass Berlin lieber den jetzigen Standort der Zentralen Landesbibliothek am Kreuzberger Blücherplatz ausbauen sollte. Bis zum Baubeginn ist nun allerdings noch der Ausgang des Volksentscheids abzuwarten.