Wahlen in Pakistan: Vom Kricketstar zum Premierminister
Imran Khan setzte bei der Wahl in Pakistan ganz auf seine Volksnähe. Unklar ist, wie er seine populistischen Versprechen erfüllen will.
„Wir haben unser neues Pakistan“, jubelte der junge Shahid Ali, während er mit anderen in der Hauptstadt Islamabad tanzte. Bereits in der Nacht feierten die Anhänger von Imran Khan auf den Straßen des Landes, nachdem der 65-Jährige mit seiner populistischen Antikorrruptionspartei PTI schon früh bei der Auszählung vorn lag. Der ehemalige Kapitän der pakistanischen Kricket-Nationalmannschaft ist nach mehr als 20 Jahren am Ziel: Von einer unbedeutenden Splitterpartei mit ein paar Sitzen im Parlament in Islamabad schafft er nun den großen Sprung ins Premierministeramt.
"Regieren wie zu Zeiten des Propehten"
Erfolgreich hat er an Millionen von Armen, aber auch an die ambitionierte Mittelklasse appelliert, und ihnen radikale Veränderungen versprochen. „Ich werde nicht wie ein König leben“, versicherte Khan am Donnerstag. In die fürstliche Premierministerresidenz will er gar nicht erst einziehen. Khan nannte auch sein großes Vorbild in der Armutsbekämpfung: „Ich möchte nach dem Vorbild Chinas arbeiten.“ Pakistan will er in einen „islamischen Wohlfahrtsstaat“ verwandeln und regiert werden solle wie zu den „Zeiten des Propheten“. Gleichzeitig solle die Wirtschaft angekurbelt werden, versprach er.
Abgeschlagen ist vor allem die bisher regierende Partei PML-N, deren Spitzenmann, Nawaz Sharif, wegen Korruption in Haft ist. Die PML-N und andere Parteien sprechen von massiver Wahlfälschung und Manipulation und weigern sich, das Resultat anzuerkennen. Khan versichert, es seien „die saubersten Wahlen in der Geschichte Pakistans“. Shabaz Sharif, der Bruder des inhaftierten Nawaz Sharif und Chef der PML-N wetterte: „Das Mandat von Millionen Wählern wurde mit den Füßen getreten. Der demokratische Prozess ist um Jahrzehnte zurückgeschraubt worden“.
Gerüchte über Wahlmanipulationen
Besonders das schleppende Tempo der Auszählung erregte den Verdacht, dass es nicht mit rechten Dingen zuging. Sharif behauptete zudem, dass in Dutzenden Fällen Angehörige seiner Partei von Sicherheitskräften angewiesen wurden, die Wahllokale noch vor Ende der Auszählung zu verlassen, und daher nicht die Stimmauswertung überwachen konnten. Die Wahlkommission bestreitet alle Manipulationsvorwürfe.
Grund der langsamen Bekanntgabe sei eine technische Panne bei der Übermittlung der Resultate. Bereits vor der Wahl hatte Sharifs Partei über Repressalien geklagt. Pakistans unabhängige Menschenrechtskommission hatte von einer massiven Manipulation gesprochen. Auch die EU-Wahlbeobachtermission hatte kritisiert, dass ihrer Arbeit behindert werde.
Sollten die unterlegenen Parteien Khans Sieg tatsächlich nicht akzeptieren, droht dem Atomstaat ein großes politisches Chaos mit Streiks, Demonstrationen und Aufständen. Die Frage wäre, wie sich dann die Militärspitze verhält, für die Khan der Wunschkandidat ist. Gerade die wenig die Art und Weise der Armeeführung, die Abstimmung zu Gunsten von Khan zu beeinflussen, hatte Entsetzen ausgelöst. „War das wirklich nötig“, fragte Ahmed Bilal Mehboob, Leiter von Pildat, eines Instituts in Islamabad, das sich für Demokratie und Transparenz in Pakistan einsetzt. Es sei das erste Mal seit 1970, dass das Militär so direkt und deutlich Einfluss auf die Wahl nehme, twitterte er.
Für Erzfeind Indien ist Khan die schlechteste Wahl
In der Geschichte Pakistans wird mit Khans Wahl erst zum zweiten Mal eine zivile Regierung in einer demokratischen Wahl abgelöst. Die Hälfte seines 70-jährigen Bestehens stand Pakistan unter Militärherrschaft. Khans Aufstieg besorgt auch den Nachbarn und Erzfeind Indien, das Khan für die schlechteste Wahl in der Reihe schlechter Kandidaten hält. Nicht nur Khans Nähe zur traditionell anti-indischen Armeeführung, auch Khans Techtelmechtel mit dem radikalen Islam lassen in Indien die Alarmglocken läuten.
Ein Land in dem kaum jemand Steuern zahlt
Khan lebt von seinem rhetorischen Talent sowie seiner Beliebtheit als politischer Außenseiter und Sport-Legende, aber er ist kein guter politischer Stratege. Unklar lässt der Ex-Jet-Setter, der mit britischem Akzent spricht, in Oxford studierte und mit der britischen Upper Class Partys feierte, wie seine Wohltaten finanziert werden sollen in einem Land, in dem kaum jemand Steuern zahlt. Pakistan befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise, dazu kommt extreme Trockenheit, die die Ernten zerstört.
Die Menschen leiden zudem unter fehlender Stromversorgung. Das Land hat eine der höchsten Säuglingssterblichkeitsraten weltweit, mehr als die Hälfte der Bevölkerung kann weder lesen noch schreiben. In der Nordwest-Provinz Khyber Pakhtunkhwa, wo Khans Partei seit 2013 regiert, hat er wenig erreicht. Statt der versprochenen Vorbild-Provinz ist die Region weiterhin arm, schlecht verwaltet und unsicher.
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