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Horst Krause spielt in der bekannten ARD-Reihe „Polizeiruf 110“ einen gut genährten Dorfpolizisten. Im wahren Leben dürfte der 71-Jährige beim Einstellungstest der Polizei scheitern.
© promo/RBB/Arnim Thomass

Polizei und Feuerwehr: Völlig außer Form

Nachwuchsprobleme bei Polizei und Feuerwehr: Viele Bewerber sind untauglich und das Interesse am Beruf sinkt. Vor allem bei der Feuerwehr schreckt die schlechte Bezahlung ab, denn von 850 Euro brutto können die wenigsten Azubis leben.

Polizei und Feuerwehr fällt es immer schwerer, Nachwuchs zu finden. Von den Bewerbern scheitert zudem ein sehr großer Teil an den Anforderungen, vor allem bei der Feuerwehr. „Wir konnten gerade noch so unsere Stellen besetzen“, sagt ein Sprecher. An diesem Wochenende sind noch Bewerbungen per Internet als Brandmeisteranwärter für den Start im September möglich, warb die Feuerwehr am Freitag. Die Polizei teilte mit, dass die Bewerbungsfrist für Einstellungen auf den 31. Januar verlängert worden ist – in der Hoffnung auf mehr Bewerbungen.

Dramatisch ist die Situation bei der Feuerwehr: Für die 60 freien Stellen, die im März besetzt werden sollen, hatten sich genau 666 Menschen gemeldet – doch fast alle waren untauglich. Bis vor zwei Jahren hatte es noch doppelt so viele Interessenten gegeben, nämlich etwa 1300 für die 60 Stellen pro Halbjahr, sagte Stephan Fleischer von der Feuerwehr. Doch das Interesse am Beruf sank schlagartig, nachdem das Land Berlin 2010 die Bezüge für Feuerwehranwärter halbiert hatte.

Seitdem bekommen die Brand-„Azubis“ nicht mehr 1700 sondern 850 Euro monatlich brutto. Dem Vernehmen nach haben mehrere Anwärter Unterstützung vom Sozialamt beantragt – und das als künftige Beamte.  GdP-Chef Michael Purper fordert, den Anwärtern deutlich mehr zu zahlen, damit der Beruf wieder attraktiver wird.

Die Zahl von 666 Bewerbern klingt nur gut: Doch 292 hatten nur das Bewerberformular im Internet ausgefüllt, aber nicht die benötigten Unterlagen eingereicht. So blieben 374 Bewerber, darunter acht Frauen. 129 schieden beim Sporttest aus, die meisten (113) davon wegen fehlender Ausdauer. Dreien fehlte die Kraft, einer traute sich nicht auf die Drehleiter. Da weitere ohne Begründung absprangen, blieben 199 Bewerber übrig.

„Viele junge Leute gehen uns an die freie Wirtschaft verloren“

Die Reihen lichteten sich dann im „Strukturierten Interview“, der „Potentialanalyse“ und dem „Teamtest“ dramatisch weiter. Besonders hoch sind die Anforderungen nicht, beim Interview liegt die Mindestquote bei 40 Prozent, dennoch scheiterten an dieser Hürde 62 Bewerber. Letztlich blieben knapp 90 übrig, um die 60 Stellen zu besetzen, darunter eine einzige Frau. „Nicht das Ergebnis, was ein Personalchef sich wünscht“, hieß es.

Seit einigen Jahren sind bei Polizei und Feuerwehr ausschließlich Bewerbungen über das Internet möglich – man möchte modern wirken. Die Polizei hat sogar einen Film ins Internet gestellt, wie der Hindernisparcours in der Sporthalle absolviert werden muss. Bei der Ausdauer sind lediglich „200 Meter Schwimmen ohne Unterbrechung“ gefordert.

Beide Behörden betonten, dass diese Anforderungen nicht gesenkt werden können. „Viele junge Leute gehen uns an die freie Wirtschaft verloren“, sagte Feuerwehrsprecher Fleischer – und die ist im Zweifel finanziell attraktiver. In sozialen Netzwerken versucht vor allem die Feuerwehr in das Blickfeld junger Leute zu geraten und sich als guter Arbeitgeber zu präsentieren.

Seit Jahren versuchen beide Behörden, junge Leute mit Migrationshintergrund zu gewinnen. Dem Vernehmen nach gelingt das der Polizei deutlich besser. Der neue Polizeipräsident Klaus Kandt hatte nach seinem Amtsantritt gesagt, dass von den Neueinstellungen knapp 20 Prozent aus Einwandererfamilien kommen, darunter viele aus türkischen, polnischen und vietnamesischen Familien.

Insgesamt liegt die Migrantenquote bei der Polizei bei nur zwei Prozent, so die Schätzung. Statistisch erfasst wird die Herkunft nicht, gefordert wird in den Einstellungsvoraussetzungen eine deutsche Staatsbürgerschaft oder die eines EU-Landes. Frauen mit Migrationshintergrund sollen künftig noch stärker umworben werden, damit die Polizei ein „Spiegelbild der Gesellschaft“ werde.

„So bunt wie Berlin sollte die Feuerwehr sein“, hatte auch Landesbranddirektor Wilfried Gräfling kürzlich formuliert. Doch davon ist seine Behörde weit entfernt. Erschwert wird die Suche nach Migranten durch den schlechten Ruf der Feuerwehr in arabischen Ländern und der Türkei – dort ist der Beruf unbeliebt.

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