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Nach den dunklen Monaten der Pandemie und der Einschränkungen durch strenge Infektionsschutzregeln zieht es die Menschen nach draußen.
© imago images/Emmanuele Contini

Es liegt was in der Luft: Volle Parks und Straßen in Berlin – trotz bleibender Sorge vor Corona

Menschen dicht an dicht vor Kneipen und Cafés oder gedrängt auf Gehwegen. Sommerlich mediterran geht es zu in der Stadt. Doch Unsicherheit schwingt mit.

Von Anja Neu

Ein warmer Wind weht durch die Straßen Berlins. Es ist noch hell an diesem Freitagabend. Die Leute zieht es nach draußen. Dicht an dicht sitzen sie beisammen. Da könnte man die Pandemie fast vergessen.

Aber nur fast: Immer wieder erinnern Polizeistreifen und die Kontrollen des Allgemeinen Ordnungsdienstes daran: Die Coronakrise ist noch nicht vorbei. Das weiß auch Amanda Groschke. Die 43-jährige Sozialwissenschaftlerin verbringt den Abend gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten und dessen Tochter auf einem Spielplatz im Park am Gleisdreieck.

Danach gefragt, wie sie es nun nach den Lockerungen der Infektionsschutzregeln mit privaten Treffen handhabe, betont sie: „Ich mach’s im Grunde genommen wie vorher.“ Groschke sagt, sie treffe sich nach wie vor nur mit wenigen Freunden. Vorher testen sich beide Seiten. „Dieses Testen hat mich selber entspannt, aber auch mein Gegenüber“, sagt die 43-Jährige.

Vor allem im privaten Bereich werde sie generell „wohl achtsamer bleiben“. Ihr sei es wichtig geworden, automatisierte Gesten zu hinterfragen und „bewusster hinzuschauen: Wen umarmst du da eigentlich?“

Bewusst wählen, wen man umarmt

Elisabeth Peters dagegen fände „bei manchen Leuten so ein bisschen mehr Nähe wieder gut“. Die 32-Jährige sitzt gemeinsam mit drei anderen auf einer Picknickdecke im Park. „Aber ich glaube, das kommt mit der Zeit.“

Insgesamt wähle auch sie bewusster aus, wen sie umarmt und wen nicht. Auch an privaten Festen habe sie schon teilgenommen. In Clubs mit vielen Fremden würde sie sich aber noch nicht trauen.

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Einige hundert Meter weiter im Park sitzt Alexander Schulze mit einem Freund. So wie Peters schreckt Schulze ebenfalls noch vor Partys in Clubs zurück. Der 30-Jährige empfindet vor allem die Impfung als „Ticket zur Freiheit“. Dank der Lockerungen führe er mittlerweile „eigentlich ein normales Leben“.

Auch Karin Hänsel (Nachname geändert) ist nach ihrer Impfung erleichtert, „dass man nicht mehr so super vorsichtig sein muss.“ Mit ihrer Freundin Hedwig spaziert sie durch den Park am Gleisdreieck. Die 65-Jährige ist aus Bonn zu Besuch gekommen. Beim Blick auf die Menschen im Park freut sie sich, „dass dieses normale Leben wieder so aufblüht“.

Das genießt auch Mustafa Kaynak. Der 24-Jährige spielt mit drei Freunden im Park am Karlsbad Tischtennis. Er treffe sich nach wie vor „meistens mit denselben Leuten“. Vor allem wegen seiner Eltern sei er nach wie vor vorsichtig. Ansonsten sehe er die Lage aber entspannt.

Urlaub in Berlin - trotz Vorsicht

Auf dem nahen Potsdamer Platz ist Guido Hartmann unterwegs. Der 41-Jährige ist für einen Kurzurlaub in die Stadt gekommen. Es freue ihn, dass nun Urlaube wieder möglich sind, sagt er. „Dass ich nach Berlin kommen konnte, das ist für die Psyche schon wichtig für mich“, sagt er. Trotzdem: Das Coronavirus dürfe man weiterhin nicht unterschätzen.

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In der Friedrichstraße ist Matthias aus München mit seinem Onkel, der in Berlin wohnt, unterwegs. Vor vielen Lokalen stehen Tische, viele Menschen sitzen draußen, die Straße ist belebt. Der 42-Jährige ist ebenfalls froh, bereits geimpft zu sein.

Nun müsse „man sich nicht mehr so viele Sorgen machen“. Seinen Onkel Manfred freut es vor allem, dass „mehr möglich ist von der Freiheit im Leben“. Trotzdem bleibe auch er vorsichtig.

"Wir glauben, dass die Maßnahmen unberechtigt sind."

Ganz anders sehen es Meinrad und Susanne. Der 52-jährige Elektroingenieur und die 53-jährige Kunsttherapeutin sind nach Berlin gekommen, um vor dem Reichstagsgebäude zu demonstrieren. Sie stehen vor einer Eisdiele an.

Meinrad betont: „Wir glauben, dass die Maßnahmen unberechtigt sind und dass die Bevölkerung gegen die Regierung aufbegehren müsste“, sagt Meinrad. Seine 53-jährige Begleiterin bezeichnet sich selbst als Verschwörungstheoretikerin. Die Lockerungen sehen beide nur als Zwischenphase zu einer erneuten Verschärfung der Maßnahmen. Und letztendlich hin zu einer „Diktatur“, sagt Meinrad.

Esther Pappenberger und Paul Reichenbecher können solchen Ansichten nichts abgewinnen. Dem 25-Jährigen zufolge seien beide während der letzten Monate sehr vorsichtig gewesen, hätten nur zueinander engen Kontakt gehabt.

"Laxe" Regeln in Berlin

Er lebt in Bayern und ist nur zu Besuch bei seiner Freundin, die in Berlin studiert. Gerade ist das Paar in Mitte unterwegs. Beide seien mit den Lockerungen in Berlin zunächst überfordert gewesen, erinnert sich Paul. In seiner bayerischen Heimat seien die Regeln „nicht so lax“ wie in Berlin.

Mittlerweile genieße das Paar aber die neuen Freiheiten. Dennoch bleiben sie vorsichtig, vor allem „da, wo man andere noch gefährden kann“, sagt Esther.

Kurz vor 23 Uhr ist der Mauerpark voll von jungen Menschen, die in kleinen Gruppen zusammensitzen und stehen. Viele haben eine Flasche in der Hand. Margarita ist allein unterwegs. Sie stammt aus der Ukraine und arbeitet seit dreieinhalb Jahren in Berlin.

Die 29-Jährige empfindet es als ungerecht, dass ältere Menschen wieder ohne Risiko reisen und Freiheiten genießen können, während sie noch nicht geimpft ist. Sie frage sich angesichts der Lockerungen ständig: „Ist das, was ich tue, okay?“

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