Berliner Gesundheitswesen: Vivantes-Aufsichtsratschef zieht sich zurück
Die Führung des landeseigenen Klinikkonzerns wird nun vollständig ausgetauscht - gleichzeitig wächst die Kette. Wer sie demnächst leiten soll, ist unklar. Die drei aktuellen Geschäftsführer geben einen Ausblick für 2013.
Die Berliner Vivantes-Kliniken kommen nicht zur Ruhe. Nach ohnehin schon turbulenten Monaten wird die Neubesetzung der Konzernspitze nun vollendet. Nachdem Vorstandschef Joachim Bovelet vor wenigen Monaten überraschend seinen Rücktritt angekündigt hatte, verlässt auch der Aufsichtsratsvorsitzende Hartmann Kleiner seinen Posten. Dem Vernehmen nach war sein Ausscheiden aus Altersgründen mit dem Senat schon im vorigen Jahr abgestimmt worden, Rechtsanwalt Kleiner ist über 70 Jahre alt.
Wer bestimmt den Kurs bei Vivantes?
Dennoch stellt sich vielen in Politik, Verwaltung und den Kliniken selbst die Frage: Wer bestimmt künftig den Kurs des größten kommunalen Klinikkonzerns Deutschlands? Weder für Bovelet noch für Kleiner werden – von vagen Gerüchten abgesehen – Nachfolger genannt. Bovelet, der klinikintern als erfolgreicher Geschäftsführer galt, ist seit Wochen nicht mehr in der Vivantes-Zentrale aktiv. Die Stimmung zwischen ihm und dem Senat hatte sich seit Jahren verschlechtert. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) soll immer wieder auf einen Sparkurs gedrängt haben. Das hatte schon andere Krankenhausleitungen in der Hauptstadt verärgert.
Wie in Aufsichtsräten üblich, ist ein Teil der Sitze den Vertretern der Beschäftigten vorbehalten. Die Vize-Chefin des Gremiums bei Vivantes ist seit Jahren die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Susanne Stumpenhusen. Sie leitet den Aufsichtsrat, bis es einen Nachfolger gibt, den der Senat berufen wird. Wolfgang Albers (Linke), Chef des Gesundheitsausschusses im Abgeordnetenhaus, sagte am Mittwoch, solche Posten gebe es nicht auf Lebenszeit, Aufsichtsräte seien "kein Erbhöfe". Wer auf Kleiner und Bovelet folgen soll, wisse man aber noch nicht.
Der Senat erwartet von Vivantes eine enge Kooperation mit der Charité
Der Senat erwartet von Vivantes eine engere Kooperation mit der Universitätsklinik Charité, die ebenfalls dem Land gehört. In beiden Häusern wird schon seit Jahren auch am Personal gespart. Zuletzt hatte es Proteste der Betriebs- und Personalräte wegen fehlender Pflegekräfte gegeben. Die Krankenkassen fordern vom Senat ebenfalls, mehr Geld in die – oft maroden – Kliniken des Landes zu stecken.
Vivantes wird derzeit von drei Geschäftsführern geleitet, die selbst relativ neu in der Konzernspitze sind. Nachdem Finanzvorstand Bernd Kahnes sein Amt vor einem Jahr angetreten hatte, folgte vergangenen Herbst der Personalverantwortliche Christian Friese und vor zwei Monaten die Medizinerin Andrea Grebe, zuständig für das Klinikmanagement. „Das Triumvirat“, so die vorläufige Einschätzung von leitenden Ärzte und Gesundheitsexperten, mache seine Arbeit gut – womöglich qualifizieren sich die drei "auch geschlossen als Dauerlösung".
Die Geschäftsführung kündigt mehr Investitionen und mehr Personal an
Immerhin kündigten die drei Geschäftsführer am Mittwoch bei der Vorstellung der Konzernbilanz für 2012 an: mehr Investitionen in die Klinikgebäude und mehr Personal für die Pflege. Das dürfte dringend geboten sein. Jeder dritte Berliner Klinikpatient wird in einem Vivantes-Bett behandelt. Während die Charité im Jahr rund 139.000 Fälle stationär behandelt, sind es in den neun Vivantes-Häusern im vergangenen Jahr fast 215.000 gewesen. Mit 14.400 Beschäftigten ist Vivantes nach der Bahn außerdem der größte Arbeitgeber der Hauptstadt.
Hannes Heine