Ausgezeichnet durch die Krise: Virologe Christian Drosten hat das Bundesverdienstkreuz bekommen
Mit Abstand verliehen: Auch Autor Ingo Schulze, Pianist Igor Levit und Poetry-Slammerin Leila Younes El-Amaire wurden geehrt.
Zwei Tage vor dem 30. Jahrestag der Deutschen Einheit hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag in Berlin 15 Bürgerinnen und Bürger aus zehn Bundesländern mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Unter ihnen sind der Virologe Christian Drosten, der Heinsberger Landrat Stephan Pusch (CDU) und der Pianist Igor Levit.
Ordensverleihungen zum Tag der Deutschen Einheit haben schon eine gute Tradition. Diesmal hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Motto „Vereint und füreinander da“ gewählt, um sieben Frauen und acht Männer auszuzeichnen mit dem Bundesverdienstkreuz, wie es im Volksmund genannt wird. Sie alle haben dabei geholfen, die Corona-Pandemie zu bewältigen, das Zusammenwachsen von Ost und West zu fördern und dazu beizutragen, Vorurteile in der Gesellschaft abzubauen.
Dass Christian Drosten dabei ist, sollte niemanden wundern. Vor einem Jahr war er noch vorwiegend Fachleuten bekannt. Inzwischen ist sein wöchentlicher Podcast „Coronavirus-Update“ mehr als 60 Millionen mal abgerufen worden. Das zeige schon, dass gerade zu Beginn der Pandemie das Bedürfnis nach fundierter und verständlicher Aufklärung groß gewesen sei.
Auch international gehöre der Direktor des Instituts für Virologie der Charité Berlin „zu den führenden Wissenschaftlern, denen eine führende Rolle in der Bekämpfung der Pandemie zukommt“, heißt es in der Begründung. „Er lieferte wichtige und weltweit anerkannte Erkenntnisse zum Infektionsgeschehen und hat diese auch mit innovativen Formaten der Öffentlichkeit vermittelt“.
Den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland, wie die Auszeichnung ganz offiziell genannt wird, gibt es in acht Stufen. Die häufigste ist das Bundesverdienstkreuz am Bande, das besitzt Drosten allerdings bereits seit 2005. Wenn sich der Empfänger über längere Zeit immer weiter engagiert, stehe eine Höherstufung an, erläuterte ein Sprecher des Bundespräsidialamts. Diesmal bekommt Christian Drosten das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse.
Und es wird ihm gefallen, wie es überreicht wird. Da hat sich das Protokoll etwas einfallen lassen, damit die Abstandregeln eingehalten werden können. Die Schatulle mit dem Orden wird auf einen Tisch gelegt, von dem der Ausgezeichnete sie sich selber nehmen kann. In früheren Jahren hat der Bundespräsident sie persönlich überreicht. Da wurden auch doppelt so viele Menschen mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. Die Orden gibt es schon am Donnerstag im Rahmen einer kleinen Zeremonie im Schloss Bellevue.
Auch der langjährige Präsident des Technischen Hilfswerks, Albrecht Broemme, wird geehrt. Obwohl sein Ruhestand wohlverdient gewesen wäre, habe er im Frühjahr im Kampf gegen die Pandemie ein Behandlungszentrum für 500 Covid-19-Patienten aufgebaut, heißt es in der vorab veröffentlichten Lobrede. Dort wird auch darauf hingewiesen, dass Broemme seit seinem 17. Lebensjahr im Katastrophenschutz aktiv ist und einst jüngster Leiter der Berliner Feuerwehr war.
Der „Bürger, Europäer, Pianist“, wie Igor Levit sich selbst bezeichnet, hat sich ebenfalls während der Corona-Krise besondere Verdienste erworben, die noch über seine Erfolge auf den Konzertpodien der Welt hinausreichen. Zu Beginn der Krise habe Igor Levit „mit täglichen, aus seinem Wohnzimmer selbst übertragenen „Corona-Hauskonzerten“ aus der Isolation heraus ein Miteinander über Grenzen hinweg entstehen lassen“, heißt es vom Bundespräsidenten.
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Von seinem Engagement gegen Antisemitismus, die Ausgrenzung von Minderheiten und für die Demokratie lasse er sich weder durch Morddrohungen einschüchtern noch durch Hetze im Netz abbringen.
Der Schriftsteller Ingo Schulze hat sich vor allem als engagierter Demokrat verdient gemacht. In seinem Werk setze er sich damit auseinander, dass für die einen der Osten und für die anderen der Westen noch fremd geblieben seien. Seine Protagonisten seien so vielfältig wie die Schicksale im vereinten Deutschland, so die Begründung für die Ehrung.
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Wie Schulze kommt auch Poetry-Slammerin Leila Younes El-Amaire aus Berlin. Sie hat den Verein „i'Slam“ gegründet, der Jugendliche ermutigt, sich auf der Bühne dazu zu äußern, was sie bewegt. Auch ihr Engagement bei „JUMA jung, muslimisch, aktiv“ verfolge ein demokratisches Ziel. Junge Menschen sollten sich weder abgrenzen, noch sich ausgrenzen lassen.
Zu den Ausgezeichneten gehören auch die Gründerin der Zerbster Tafel in Sachsen-Anhalt, Birgit Brandtscheit, und die Schauspielerin Sandra Hüller.