Nach dem Krawall: Vier Mai-Randalierer wegen Mordversuchs in Haft
Die Staatsanwaltschaft wirft den inhaftierten Männern gezielte Angriffe auf Polizisten vor. Insgesamt 46 mutmaßliche Täter erhielten Haftbefehle nach den Maikrawallen. Nun gibt es eine Debatte über ein künftiges Verbot der Autonomen-Demo.
Gegen vier Mai-Randalierer ist Haftbefehl wegen versuchten Mordes erlassen worden. Die vier jungen Männer sollen jeweils zu zweit Brandsätze auf Polizisten geworfen haben. Dieser schwerstmögliche Tatvorwurf soll erstmals bei einer Demo in Berlin erhoben worden sein, hieß es. Insgesamt erhielten 46 Personen einen Haftbefehl. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) begrüßte das energische Vorgehen der Justiz. Bereits am Sonnabend hatte er gesagt, er hoffe auf zahlreiche Verurteilungen. Wie berichtet, hatte es in diesem Jahr die schwersten Krawalle seit Jahren gegeben. Polizeipräsident Glietsch sagte, dass die Angriffe auf Polizisten deutlich härter als in den vergangenen Jahren gewesen seien. Neben den beiden Angriffen mit Brandsätzen hatte es viele weitere Beispiele erschreckender Gewalt gegeben: So waren Polizisten aus einem Hochhaus mit brennbarer Flüssigkeit begossen, mit Schreckschusswaffen beschossen und mit Gehwegplatten beworfen worden.
Wie berichtet, waren am Abend des 1. Mai in Kreuzberg 289 Menschen festgenommen worden. Bei der großen Mehrheit reichten die Tatvorwürfe nicht für einen Haftbefehl. Erstmals hatte es in diesem Jahr heftige Auseinandersetzungen bis hin zum Steinhagel auf Polizisten bereits während der „Revolutionären 1.-Mai-Demo“ gegeben. Dadurch gab es auch Verletzte außerhalb der Polizeireihen. So wurde am Abend des 1. Mai ein 23-Jähriger mit schweren Kopfverletzungen ins Krankenhaus gebracht. Passanten hatten ihn bewußtlos am Mariannenplatz gefunden, wohin er wohl noch getorkelt war.
Festnahmen gab es dem Vernehmen nach im Verlauf des Protestmarschs so gut wie keine, da die eingesetzten Hundertschaften der Bundespolizei nicht Herr der Lage waren, sondern von den Randalierern regelrecht getrieben wurden. Unter den 5000 Teilnehmern waren etwa 2500 gewaltbereite, davon 700 der höchsten Kategorie „Rot“ – wesentlich mehr, als erwartet worden waren.
Die Mehrzahl der Festnahmen gab es erst nach Ende der Demonstration. Dem Vernehmen nach sind unter den Festgenommenen viele Mitläufer, die „mal eben eine Flasche geworfen“ haben und weniger Angehörige des schwarzen Blocks, aus dessen Reihen zuvor Steine flogen.
Unterdessen ist um ein mögliches Verbot dieser Autonomen-Demo politischer Streit entbrannt. Innensenator Körting hatte angekündigt, ein Verbot im kommenden Jahr zu prüfen. Der zuständige Justiziar der Polizei, Oliver Tölle, sagte, dass ein Verbot möglich sei. Der deutlich unfriedliche Verlauf in diesem Jahr sei „nicht unwesentlich“ bei dieser Entscheidung. Sollten sich 2010 die Organisatoren der Autonomen-Demo jedoch glaubhaft von Gewalt distanzieren, wäre ein Verbot nicht durchsetzbar.
Die Grünen halten nichts von einem Verbot. „Zum Konzept der Deeskalation gehört, eine Demo zuzulassen.“ Die Polizei müsse sich noch besser vorbereiten. Die CDU begrüßte dagegen die Ankündigung Körtings. Bei einem Verbot habe die Polizei weitaus größere rechtliche Befugnisse zum Einschreiten. Zudem würde ein Demoverbot Mitläufer abschrecken. Marion Seelig von der Linkspartei sagte, dass eine Demo verboten werde könne, wenn sie „auf Krawall angelegt“ sei. Wie berichtet, hatte die Demo in diesem Jahr ihr Parteigenosse Kirill Jermak angemeldet.
Zuletzt hatte 2001 der damalige CDU-Innensenator Eckart Werthebach die Mai-Demo verboten – Krawall hatte es damals dennoch reichlich gegeben.