Umstieg auf Elektroantrieb: Viele Dienstwagen von Berliner Unternehmen werden nachhaltiger
Die Dienstwagen von großen Arbeitgebern in Berlin haben oft noch einen Verbrennungsmotor. Doch einige Unternehmen gehen mit gutem Beispiel voran.
Der Dienstwagen – immer wieder gibt er Anlass zu Debatten und für Kritik. Kürzlich forderte etwa die Deutsche Umwelthilfe den Bund dazu auf, die steuerliche Förderung klimaschädlicher Dienstwagen einzustellen.
Die Unternehmen stehen schon aus Imagegründen unter einem entsprechend hohen Druck, ihre Flotten zu elektrifizieren und Beschäftigten Alternativen zum eigenen Dienstfahrzeug zu bieten.
Außerdem bereitet der Berliner Senat ein Verbot von Verbrennungsmotoren in der Innenstadt ab 2030 vor. Wie stellen sich Berlins große Unternehmen auf die neue Situation ein?
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Fragt man die wichtigsten Arbeitgeber der Stadt nach Plänen für die Umgestaltung ihrer Flotten, mangelt es nirgends an Bekenntnissen zur nachhaltigen Mobilität. Ein wesentliches Ziel ist es, den CO2-Ausstoß der Fahrzeugflotte weiter zu reduzieren“, sagt etwa eine Sprecherin des Berliner Energieunternehmens Gasag. „Dabei werden wir uns an der Einhaltung der Europäischen CO2-Grenzwerte für Fahrzeugflotten von 95 Gramm pro Kilometer orientieren.“ Allerdings ist nicht nur die Gasag von diesem Ziel noch ein gutes Stück entfernt.
Nur wenige Neuzulassungen von Elektroautos und Hybridfahrzeugen
Obwohl die Zulassungszahlen bei Elektroautos und Plug-in-Hybriden zuletzt auch aufgrund der geänderten Dienstwagenbesteuerung gestiegen sind, machten diese 2019 nur etwas mehr als zwei Prozent der Gesamtzulassungen in Berlin aus. Auch die gewerblichen Flotten bestehen oft noch mehrheitlich aus Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.
So verfügt etwa die Deutsche Bahn in ganz Berlin über vier reine E-Autos und 27 Plug-in-Hybride – bei 500 Fahrzeugen insgesamt. Auch bei der Berliner Sparkasse sind derzeit nur vier der 100 Flottenfahrzeuge elektrisch oder mit Hybridantrieb unterwegs.
Das liege jedoch nicht am fehlenden Willen zum Wandel, erklärt ein Sprecher der Sparkasse: „Wir machen gute Erfahrungen und sind aufgeschlossen für mehr alternative Antriebe, sehen aber noch Potenzial bei den Anschaffungskosten sowie insbesondere bei Reichweite und Ladeinfrastruktur.“
Unternehmen wollen umsteigen - können aber oftmals nicht
Hohe Anschaffungskosten und ausbaufähige Infrastruktur werden auch von anderen Unternehmen bemängelt. Die Berliner Unternehmensgruppe Gegenbauer, die im Bereich Liegenschaftsverwaltung aktiv ist, hat sich nach eigenen Angaben schon vor Jahren zum Ziel gesetzt, sowohl die gewerbliche als auch ihre Dienstwagenflotte auf alternative Antriebe umzustellen.
Doch so weit wie erhofft, ist man damit nicht gekommen. Kleintransporter und günstige Kleinwagen seien nicht in ausreichender Zahl erhältlich, E-Autos nach wie vor eher im Luxussegment angesiedelt, teilte das Unternehmen mit.
Gleichzeitig gebe es bei privat genutzten Dienstwagen eine erhöhte Nachfrage nach Plug-in-Hybriden von Mitarbeitern, vor allem aufgrund der günstigen Besteuerung. Das Klimapaket der Bundesregierung sieht einen Steuersatz von nur noch 0,5 Prozent für Autos mit einer elektrischen Mindestreichweite von 40 Kilometern und 0,25 Prozent für reine E-Autos vor.
Allerdings sind sich viele Beschäftigte immer noch nicht sicher, ob sie ihr Fahrzeug auch problemlos aufladen können. Aus diesem Grund gibt Gegenbauer seinen Mitarbeitern die Möglichkeit, an unternehmenseigenen Ladesäulen kostenlos Strom zu tanken.
Vattenfall zahlt Geld für Ladesäulen zu Hause
Einen anderen Weg geht der Energiekonzern Vattenfall, der Dienstwagenberechtigten einen Teil der Kosten für die Einrichtung einer sogenannten Wallbox vor der eigenen Haustür abnimmt. Der Konzern hat im Gegenzug beschlossen, neue Dienstwagen nur noch als Hybrid oder Elektrofahrzeug zu genehmigen. Inzwischen fahren 25 Prozent der Gesamtflotte mit alternativen Antrieben.
Auch die Deutsche Bahn und die Telekom versuchen durch die Finanzierung heimischer Ladesäulen, ihre Beschäftigten von der Umstellung auf Elektroautos zu überzeugen. Geradezu vorbildlich sind im Vergleich die staatlichen Infrastrukturunternehmen der Stadt – BVG, BSR und auch die Berliner Wasserbetriebe.
Die BVG etwa hat bereits 106 E-Autos in ihrem Fuhrpark, der Großteil davon Pkw. Damit sind nahezu alle nicht-personengebundenen Dienstwagen auf Elektromobilität umgestellt. Auch ein Großteil der Nutzfahrzeugflotte soll bis 2025 elektrifiziert werden, obwohl es hier noch an passenden Angeboten mit entsprechender Reichweite mangelt. Ähnlich ist die Situation bei den Berliner Wasserbetrieben, die nach eigenen Angaben rund 80 Prozent ihrer Flotte auf Elektroantrieb umgestellt haben. Die Wasserbetriebe wollen ihren Mitarbeitern zudem das Laden ihrer E-Fahrzeuge am Arbeitsplatz ermöglichen, weswegen mehr als 20 Standorte jüngst mit entsprechender Ladeinfrastruktur versehen wurden.
Insgesamt sind bei BVG, BSR und Wasserbetrieben schon heute mehr als 300 elektrische Fahrzeuge im Dienst.
Kooperation von BVG, BSR und Berliner Wasserbetrieben bei Dienstwagen
Die drei Unternehmen versuchen darüber hinaus, mit dem gemeinsamen Projekt „Smart eFleets“ Synergien bei ihren Fahrzeugflotten zu nutzen und die Zahl der Fahrzeuge insgesamt zu reduzieren. So soll es in Zukunft beispielsweise möglich sein, als BVG-Mitarbeiter auf ein Pool-Fahrzeug der BSR in der Nähe zuzugreifen und die Fahrt zum nächsten Termin problemlos abrechnen zu lassen.
Bis dahin müssen bei der Zusammenführung der unterschiedlichen IT-Systeme allerdings noch einige Hürden überwunden werden. In der Testphase stellt jedes der teilnehmenden Unternehmen zunächst zehn elektrische Dienstwagen bereit. Auch eine gemeinsame Nutzung von Ladesäulen ist geplant.
Viele Arbeitgeber, ob privat oder staatlich, wollen neben ihren Pool-Fahrzeugen ohnehin keinen großen Fuhrpark privat genutzter Dienstwagen mehr unterhalten. Deshalb bieten etliche Unternehmen ihren Mitarbeitern verschiedene Formen von Mobilitätspauschalen als Alternative an.
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Bei der Deutschen Bahn kann ab einer bestimmten Leitungsebene die DB Card 100 steuerfrei in Kombination mit DB Carsharing beantragt werden. Nach Schätzungen des Unternehmens entscheiden sich rund zehn Prozent der Führungskräfte für ein solches Mobilitätspaket. Allen Mitarbeitern werden darüber hinaus jährlich 16 Freifahrten mit der Bahn gewährt.
Auch aus Sicht von Stephan Natz, Sprecher der Berliner Wasserbetriebe, ist es „besser, wenn unsere Mitarbeiter mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren“. Dies unterstütze man beispielsweise mit einem Zuschuss zum VBB-Firmenticket.
Ziel ist es, weniger Autos auf der Straße zu haben
Wer ein solches Ticket besitzt, erhält beispielsweise bei einem Arbeitgeberzuschuss von 15 Euro im Monat zusätzlich acht Euro Rabatt von der BVG auf die Umweltkarte. „Unser Ziel ist es, weniger Autos auf der Straße zu haben“, sagt Natz. Insgesamt haben sich zum Jahresbeginn 2020 mehr als 1050 Berliner Firmen an dem Modell beteiligt.
Bei der BVG kann sich jeder Beschäftigte für einen Mitarbeiterfahrausweis entscheiden und somit bei der Benutzung von U- und S-Bahn viel Geld sparen. Weitere Alternativen zum klassischen Dienstwagen, etwa die Nutzung von Fahrrädern und E-Bikes, werden auch immer beliebter. Einige Unternehmen bieten diese ihren Beschäftigten je nach Situation zum Leihen an. Die Deutsche Bahn hingegen gibt Firmenfahrräder zum dreijährigen Leasing an ihre Mitarbeiter weiter. Bei der Deutschen Telekom kann man mit Hilfe einer Gehaltsumwandlung zum Besitzer eines E-Bikes werden. In ganz Deutschland haben sich bereits 10 000 Telekom-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Angebot entschieden und legen ihren Arbeitsweg emissionsfrei auf zwei Rädern zurück.
Kai Gies