Ein Jahr in der Berliner Koalition: Viel Selbstlob beim Grünen-Parteitag
Die Grünen feiern sich und ihr erstes Jahr in der Regierung – in ungewohnter Harmonie.
Ein solcher Parteitag wäre den Berliner Grünen in ihren frühen wilden Jahren wohl peinlich gewesen. Jetzt aber regieren sie seit einem Jahr mit, sind guten Mutes und feiern sich selbst. Leuchtende Sonnenblumen am Podium und entspannte Delegierte, die den Rednern freundlichen Beifall spenden – so präsentiert sich die Ökopartei am Sonnabend im Tagungswerk der Kreuzberger Jerusalemkirche. Vegane Suppe ist im Angebot und fair gehandelter Kaffee. Den Grünen geht’s prima in diesen Tagen.
Selbst die Wirtschaftssenatorin Ramona Pop, die bekannt ist für ihren skeptischen Realismus, kann sich der Stimmung nicht entziehen und schwärmt: „Wir haben unglaublich viel auf den Weg gebracht, das haben uns viele nicht zugetraut.“ Und der Landeschef Werner Graf lobt in seiner Eröffnungsrede die Fraktionsführung der Grünen im Abgeordnetenhaus, die den neuen Berliner Haushalt für die nächsten zwei Jahre in ein „grünes Scheckbuch“ verwandelt habe. In vier Jahren, wenn wieder gewählt wird, wolle er die Schlagzeile lesen: „Berlin so sozial, ökologisch und weltoffen wie noch nie. Danke Rot-Rot-Grün!“
Lisa Paus drückt auf die Spaßbremse
Auf einem solchen Landesparteitag gehört es sich auch, dass zwei Leitanträge des Vorstands nach harmonischer Aussprache einstimmig beschlossen werden. Nur mit den Grünen komme frischer Wind in die Berliner Regierung, heißt es im Antrag 01 mit dem schönen Titel: „Wir haben gerade erst begonnen“. Neben dem breitgefächerten Lob für das, was diese Koalition in kurzer Zeit schon alles auf den Weg gebracht habe, werden dann doch ein paar kritische Worte eingestreut: Nur mit funktionierenden Bezirken, einer gut ausgestatteten Verwaltung und klaren Zuständigkeiten seien die vielen großen Baustellen zu meistern. Vor allem beim Neubau und der Sanierung von Schulen müsse es vorangehen.
In der Debatte übernimmt die Grünen-Bundestagsabgeordnete Lisa Paus die Rolle der Spaßbremse. Sie warnt davor, voreilige und unrealistische Versprechungen zu machen, und rät der eigenen Partei, mit den Bürgern ehrlich zu kommunizieren. Und die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek ahnt, dass es Rot-Rot-Grün auch im zweiten Regierungsjahr nicht einfach haben wird: „Der Gegenwind wird stärker, wir dürfen den Mut nicht verlieren.“ Die große Harmonie können solche Hinweise aber nicht mal im Ansatz gefährden.
Vor allem beim Thema Integration soll sich etwas tun
Der Leitantrag 02, der vom Parteitag nach kurzer Beratung ebenfalls durchgewinkt wird, heißt „Herzlich willkommen“ und befasst sich mit der Flüchtlingspolitik. Die fällt im Senat in die Ressortzuständigkeit der Linken-Politikerin Elke Breitenbach, was die Grünen nicht hindert, einen umfänglichen Forderungskatalog zu beschließen. Dazu gehören bessere Integrationskurse, viel mehr Sprach-, Bildungs- und Sportangebote, ausreichende Kita- und Schulplätze und mehr staatliche Unterstützung für die ehrenamtlichen Helfer. Das sei kein koalitionsinterner Angriff, beschwichtigt Parteichef Graf. „Das machen wir mit der Elke zusammen.“
Auf dem Wunschzettel der Grünen stehen auch mehr temporäre Wohnplätze und eine breite Beteiligung von Vereinen und Verbänden, Schulen und Hochschulen an einem „neuen Gesamtkonzept für Integration“. Nicht nur bei diesem Thema wird auf dem Parteitag deutlich, dass die Grünen dem Koalitionspartner SPD die Rolle des Vorkämpfers nicht zutrauen. Auch die internen Konflikte in der SPD kommen nicht gut an. „Wir brauchen keine Paartherapie oder Grabenkämpfe“, sagte der Grünenchef Graf.
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