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Ein Vorbild für die S-Bahn? Ein Hinweisschild der BVG weist auf die Videoüberwachung in einem Bahnhof hin.
© dpa

Nach Gewaltverbrechen am S-Bahnhof Grünbergallee: Videoüberwachung: Die S-Bahn sollte von der BVG lernen

Der mutmaßliche Schläger vom Bahnhof Grünbergallee hätte noch schneller gefasst werden können, wenn der Bahnsteig videoüberwacht gewesen wäre. Doch im Vergleich zur BVG ist die S-Bahn auf der Stufe eines Entwicklungslandes. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jörn Hasselmann

Zehn Tage und vier Stunden. So lange dauerte es, bis die Berliner Polizei den Tatverdächtigen zu einer üblen Gewalttat auf einem Bahnhof ermittelt hat. Das ist keine Kritik, sondern ein Lob. Die Tat geschah auf dem meist menschenleeren Bahnhof Grünbergallee am Stadtrand, den die meisten Berliner nur von der Durchfahrt zum Flughafen Schönefeld kennen. Eine einzelne Zeugin beschrieb einen dunkel gekleideten Mann mit Fahrrad und Tasche. Den muss man einer in einer Dreieinhalbmillionenstadt erst einmal finden. Bilder der Tat gab es nicht, denn sie geschah in einem S-Bahnhof. Leider ist die Berliner S-Bahn im Vergleich zur BVG auf der Stufe eines Entwicklungslandes. In S-Bahn-Waggons gibt es gar keine Kameras und auf den Bahnsteigen, wenn überhaupt, nur zu internen Zwecken.

Dass nicht einmal diese Bilder bislang gespeichert werden, verdanken wir dem Betriebsrat des Unternehmens. Die Gewerkschafter fürchteten eine „Überwachung“ ihrer Fahrer; man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll. Im vergangenen Jahr knickte der Betriebsrat endlich auf öffentlichen Druck (Gewalttaten in Bahnhöfen!) ein. Bis 2015 soll es angeblich auf der Hälfte der Bahnhöfe eine Speicherung der Bilder geben. Die Kameras überwachen aber nur einen kleinen Teil des Bahnsteigs, sonst nichts. Mehr Kameras lehnt die Bahn ab. Treppen, Unterführungen, Zwischengeschosse werden gar nicht überwacht. Kürzlich ist übrigens ein S-Bahn-Abfertiger auf dem Bahnsteig zusammengetreten worden. Der Täter wurde durch Fotos schnell geschnappt. Sie stammten nicht aus dem S-Bahn-System, sondern aus dem Handy eines mutigen Zeugen.

Die BVG macht es besser. In Waggons und Bussen gibt es Kameras, zahlreiche Straftaten wurden mithilfe der Bilder aufgeklärt. Auf vielen Bahnhöfen gibt es Hightech-Kameras, die sich aus der Leitstelle schwenken und zoomen lassen. Wäre die Tat in einem U-Bahnhof passiert, hätte es die Polizei leichter gehabt. So musste die Polizei zeigen, was sie kann. Dass es diesen Ermittlungsaufwand nur bei schweren Verbrechen und nicht nach jedem Fahrraddiebstahl gibt, ist irgendwie verständlich.

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