Berlin: Victoria Bar
Im Spätsommer können die Besitzer und Keeper der Cocktailbars wieder aufatmen. Bald ist die Zeit vorbei, in der die drinking crowd selbst ihre heiligsten Tempel nur sporadisch anlief, weil Hitze und reichlich später Sonnenuntergang eher zum Abhängen in „Strandbars“ oder Biergärten animieren.
Im Spätsommer können die Besitzer und Keeper der Cocktailbars wieder aufatmen. Bald ist die Zeit vorbei, in der die drinking crowd selbst ihre heiligsten Tempel nur sporadisch anlief, weil Hitze und reichlich später Sonnenuntergang eher zum Abhängen in „Strandbars“ oder Biergärten animieren. Bei 30 Grad im Schatten weckt schon der Verdacht, ein typischer Berliner Bar-Schlauch könnte halb voll sein, klaustrophobische Saunafantasien. Über die man sich nur hinwegsetzt, wenn ein Lokal dringend wieder einer peniblen Prüfung bedarf. Die Victoria Bar ist so ein Kandidat, denn sie gilt seit längerem als erste Adresse des elegant drinking in dieser Stadt. Da sollte man ab und an nachschauen, ob die Meriten noch zu rechtfertigen sind.
Ein Anlass ergab sich kürzlich, als die Victoria Bar eine Art Abschlussfeier ihrer „Schule der Trunkenheit“ veranstaltete. In dieser „Schule“ brachten Chefkeeper Stefan Weber und Crew den braven Eleven Basisspirituosen wie Gin, Rum, Wodka, Whisk(e)y und Champagner nahe. Mit Erfolg: Selten dürften Schüler derart wissbegierig den Lernstoff aufgesogen haben. So war es auch beim „Abschlusstest“. Der natürlich eine günstige Gelegenheit war, Weber und sein Team und vor allem ihre Cocktails in einer Phase größten Andrangs durch hochgradig beschlagene Gäste zu studieren.
Drinking man und compañera analysierten fünf Cocktails. Das Testresultat lautet im Detail: Der Mai Tai war klassisch-perfekt, der Gimlet beinahe auch, doch fehlte die obligate grüne Cocktailkirsche und der Anteil Gin war großzügiger, als er hätte sein müssen. Beim Gin Fizz gab es nichts zu bemängeln, der Gin Tai verdiente das Prädikat „superb“. In der alkoholfreien Wertung erteilte die compañera für ihre zwei Mosquitos (Mojito ohne) die Bestnote.
Besser geht’s kaum. In Berlin schon gar nicht. Die Victoria Bar ist eine Institution geworden. Abseits des Tresenrummels von Mitte bis Wilmersdorf. Der Gang in die ziemlich unerotische Potsdamer Straße erschien zunächst riskant, da die Victoria Bar hier kaum Flaneure erwarten konnte. Doch die Fans fanden den Weg und kamen wieder, selbst in der sommerlichen Cocktailbarflaute. Auch ein Vorbild für Existenzgründer, nicht wahr? Übrigens: In der „Schule der Trunkenheit“ wird von November an wieder gedrillt. Diesmal steht auch Brandy auf dem Unterrichtsplan. Da ist höchste Konzentration gefragt: Rektor Weber will den „Zusammenhang zwischen Gattenmorden und gebranntem Wein“ lehren. Wie wird das enden?
Victoria Bar, Potsdamer Str. 102, Tiergarten, Tel.: 25 75 99 77, tägl. ab 18 Uhr.
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